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Mein wirst du bleiben /

Mein wirst du bleiben /

Titel: Mein wirst du bleiben / Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Busch
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Männer miteinander tauschten und der eine ihr unbekannte Botschaft transportierte, entging ihr nicht.
    »Spielst du ein bisschen Silje Nergaard für mich?«, sagte Ehrlinspiel zu dem Syrer.
    »Sie bringt dich durch die Wüste, Hauptkommissar.« Idris verbeugte sich, und wenige Minuten später verfingen sich die feine Stimme der Sängerin und der jazzige Rhythmus von
Two sleepy people
leise zwischen den Mauern des Hinterhofs.
    »Die anheimelnde Musik passt so gar nicht zu Ihrem Fall«, sagte Hanna. »Der hört sich wirklich desillusionierend an.«
    »Ja.« Ehrlinspiel starrte vor sich hin.
    »Weshalb nennen Sie Ihren Kollegen eigentlich ›Freitag‹? Sie sind doch per du, oder?«
    »Robinson Crusoe. Paul hat seinen Dienst bei uns an einem Freitag begonnen. Und er steht uns jederzeit und treu zur Seite.«
    »Wie Daniel Defoes literarischer Freitag dem Robinson.«
    »Genau. Freitag ist der Einzige, der sich Paul nennt. Er mag seinen Vornamen.«
    Sie schwiegen, tranken, und der Wein verschaffte Hanna ein angenehmes Schwindelgefühl. Idris räumte Geschirr von einem Nebentisch ab, und das Klappern schien ihr dumpfer als noch vor zwei Stunden. »Und wie geht es Ihnen sonst?«, fragte sie, und ihr Blick glitt von Ehrlinspiels vernarbtem Ellbogen zu seinem Gesicht.
    »Es wird«, sagte er.
    »Ah. Gut.« Der Kommissar war schuld am Tod eines Freundes, der Arm die Quittung dafür, wie er damals gesagt hatte. Er konnte ihn nicht mehr ganz gerade machen. Die Geschichte dazu kannte sie nicht genau, vermutete aber einen Verkehrsunfall. Als er die Kurzfassung davon erzählt hatte, hatte sie keine Fragen gestellt, ihn nicht verurteilt. Einfach zugehört und versucht zu verstehen. Das war ihre Art, ein wenig auch Taktik, an Informationen zu kommen.
    Jetzt war sie versucht, Ehrlinspiel nach seiner Geschichte zu fragen. Doch sie hatte mit jeder Minute mehr Mühe, sich zu konzentrieren, und fast ärgerte sie sich über das letzte Glas Wein. Sie mochte es nicht, wenn ihr die Kontrolle entglitt.
    Ehrlinspiel beugte sich vor und fixierte sie. »Ich bringe Sie nach Hause. Sie sehen … nun ja, ein klein wenig beschwipst aus.«
    »Oh, danke schön. Wie sieht man denn aus, beschwipst?«
    »Man bekommt glitzernde Augen, stützt den Kopf schwer auf, zupft sich Haarsträhnen aus dem Zopf und kleckert Wein auf die Bluse.«
    »Verdammter Mist.« Sie blickte an sich hinunter. Ein Fleck prangte zwischen ihren Brüsten. Sie wischte mit einer Serviette darüber, doch die Bescherung wurde nur schlimmer. »Na toll. Und vermutlich bin ich jetzt auch noch puterrot im Gesicht.«
    »Nur ein bisschen.«
    Sein Lächeln schien Hanna verzerrt. Sie wollte in ihre Wohnung, eine Flasche Wasser trinken, die Bluse ausziehen, in ihr riesiges pinkfarbenes T-Shirt schlüpfen und bis in den Vormittag schlafen.
    »Also, darf ich Sie nach Hause bringen, Mylady?«
    »Ich nehme ein Taxi, danke.« Hanna fühlte sich plötzlich unwohl. Ganz zu schweigen von der Situation, in die sie unweigerlich vor der Haustür kämen: die Frage nach dem dämlichen Kaffee, den man dann sowieso nicht trinken, vermutlich nicht einmal kochen würde. Natürlich würde sie die Frage nicht einmal denken, sondern schlicht »Bis bald« sagen, aussteigen und die Holztreppe zu ihrem Reich hinaufstolpern. Aber vielleicht der Kommissar? Sie hatte keine Lust darauf.
No men – just job.
Ihr Motto für mindestens ein weiteres Jahr. »Sie haben auch drei Gläser getrunken«, fügte sie hinzu.
    »Ich wäre im Taxi mitgefahren.«
    »Ich bin ein großes Mädchen.« Sie versuchte zu lachen, wusste aber nicht, ob es ihr gelang.
    »Und ich bin ein anständiger Junge.«
    »Dann können Sie ja allein nach Hause gehen. Genauso, wie ich allein Taxi fahren kann.« Hanna wusste, dass ihr aus dem Wust ihrer kreiselnden Gedanken ein nicht besonders freundlicher Satz entschlüpft war. »Nicht böse gemeint.«
    »Das war mein Angebot auch nicht.« Er klappte sein Handy auf und bestellte ein Taxi. »Zu zweit essen gehen – allein nach Hause fahren«, sagte er, als er es wieder verstaute.
    Sie nickte.

[home]
15
    Samstag, 7. August, Mittag
    D er Milchschaum war cremig wie Sahne.
    Ehrlinspiel lehnte neben Freitag am Tresen. Das Mahlwerk der riesigen Lavazza ratterte, und munteres Stimmengewirr vermischte sich mit dem Duft nach frischem Kaffee. Über die Bistrotische hinweg sah der Hauptkommissar in den Hinterhof hinaus, wo er gestern Abend mit Hanna gesessen hatte. Ihr Abschied war alles andere als cremig wie Sahne

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