Mein wirst du bleiben /
willst.«
»Hey, was ist los?« Sie scherzten doch öfter über ihre Schwächen und Marotten.
»Ich bin nicht nur Kollege, Moritz. Oder meinst du, ich treffe dich aus beruflichen Gründen zum Wochenend-Kaffee?«
Idris servierte Paul Freitag den frischen Kakao. »Für den Freund des Freundes.« Er verbeugte sich leicht und bewegte sich, geschmeidig wie ein Wüstenfuchs, sofort zu den nächsten Gästen.
»Ich würde die Wochenenden auch ohne dich überleben.«
Ehrlinspiel war gekränkt.
Streber.
»Dann könntest du vielleicht ein paar mehr Überstunden machen und würdest endlich deine Beförderung kriegen.«
Noch während er das sagte, bereute er es schon. Zu spät. Die Worte waren wie ein Pfeil von der Bogensehne geschossen und nicht zurückzuholen.
Langsam richtete Freitag sich auf, und seine schwarzen Augen schienen Ehrlinspiel zu durchbohren. »Was ist mit
dir
los, Moritz?«
Ehrlinspiel wusste keine Antwort, und obwohl sein Kollege kleiner, jünger und zwei Dienstgrade unter ihm angesiedelt war, fühlte der Kriminalhauptkommissar sich wie ein Junge, der etwas angestellt hatte. Der vertraute Druck breitete sich zwischen seinen Augen und hinter den Schläfen aus – ein sicheres Zeichen für Übermüdung und dafür, dass er seine Gedanken ordnen musste. Und sich entschuldigen. Die ausstehende Beförderung vom Kriminalkommissar zum Kriminaloberkommissar war Freitags Achillessehne: der Punkt, an dem man ihn seit der letzten Beurteilung zutiefst verletzen konnte. »Nichts ist los.«
Freitag trat dicht an Ehrlinspiel heran. »Glaubst du, ich liege auf der faulen Haut, sobald ich das Büro verlasse? Nein, Moritz, das tue ich nicht! Glaubst du, mir macht es Spaß, vom Dezernatsleiter und Kripochef verdammt seltene vier Punkte von fünf möglichen zu bekommen und trotzdem erneut auf der Warteliste zu stehen? Nur weil mein einziger Konkurrent, der Hirschfeld, mit dem Herrn Kriminaldirektor die Vorliebe für Gourmet-Restaurants teilt, auch privat den Maître de Cuisine für ihn spielt und nach einer durchschlemmten Nacht plötzlich einen winzigen Mückenschiss besser abschneidet in der Beurteilung? Nein, das macht mir keinen Spaß!«
Ehrlinspiel starrte Freitag an, dessen Kiefermuskeln hervortraten. »Das ist doch längst intern geklärt, Paul. Das war ein Gerücht mit dem Hirschfeld!« Dennoch würde Freitag warten müssen: Nur alle zwei Jahre fand die automatische Beurteilung der Beamten statt, jeweils zum ersten Juli. »Beim nächsten Mal stehst du auf Platz eins und –«
»Und glaubst du«, fuhr Freitag mit gepresster Stimme fort, »ich könnte ein A-10-Gehalt nicht mehr als gut gebrauchen? Ich habe eine Frau und zwei Kinder.« Er brachte sein Gesicht direkt vor Ehrlinspiels, und Moritz spürte Freitags Atem auf seinen Wangen. »Und dazu solltest
du
es erst einmal bringen!«
Der Hauptkommissar versteifte sich augenblicklich. »Wenn du denkst, dass ich neidisch bin –«
»Halt einfach die Klappe, Moritz.«
»Freitag, ich –«
»Und ruf deinen Vater an.« Seine Augen funkelten. »
Clannad
-Konzert.«
In dem Moment traten Lilian, Jule und Annekatrin in die Cafébar. Die Mädchen trugen je einen Schuhkarton vor sich und plapperten fröhlich miteinander.
»Na, ihr zwei Hübschen.« Lilian küsste Ehrlinspiel auf die Wangen und ihren Mann auf den Mund. »Männergespräche beendet?« Sie zögerte, als die beiden schwiegen, und sah sie nacheinander an. Mit ihren drallen Hüften, dem rundlichen Gesicht und dem blonden, langen Haar erinnerte sie Ehrlinspiel immer an eine barocke Engelsfigur. Eine mit sprühendem Charme und riesigem Herzen.
Freitag nahm ihr einen Einkaufskorb ab. »Ich denke schon«, sagte er, ohne Ehrlinspiel noch einmal anzusehen, und legte ein paar Geldscheine auf den Tresen. »Alles zusammen. Und bring Moritz bitte zwei Baklavas, Idris«, rief er, nahm seine Mädchen bei der Hand und war zur Tür draußen.
Ehrlinspiel sank auf einen Barhocker und sah auf seine Dockers hinunter. Ich Idiot, dachte er. Ausgerechnet an Freitag lasse ich meine miese Stimmung aus. Und Papa … Blöde Buchpremiere! Beschämt wählte er die Nummer seiner Eltern. Seine Mutter ging ans Telefon. Er erklärte ihr, weshalb er nicht zu dem Konzert gekommen war.
»Daddy ist im Garten. Er hat gestern über eine Stunde gewartet, und als er dich nicht erreicht hat, hat er deinen Freund angerufen. Er hat sich furchtbar gesorgt. Ich auch.«
»Sag ihm Grüße. Und dass es mir leidtut.«
»Das solltest du ihm selbst
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