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Mein wirst du bleiben /

Mein wirst du bleiben /

Titel: Mein wirst du bleiben / Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Busch
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Sommerfest sowie im Spätherbst und Frühjahr, wenn er die zwei elektrischen Heizkörper, die im Winter den Besuchern Wärme spendeten, herausholte und wieder verstaute. »Aufschreiben hilft, an alles zu denken.«
    Er setzte sich an das Instrument und betrachtete ihr blasses Gesicht. Schon schämte er sich für seine Gedanken. Aber er war auch nur ein Mensch. Behende glitten seine Finger über das Manual, und die Stimmen der Kantatenbearbeitung
Himmelskönigin, sei willkommen
zogen sich durch das Gotteshaus, spielten miteinander, jagten sich virtuos und trugen ihn ein Stückchen näher zu Gott und dem Vertrauen, dass alles gut würde. Er lächelte Miriam an, wartete darauf, dass auch sie lächelte und die Musik zu ihr sprach, aber ihre Lippen blieben reglos, und sie umschlang ihren schmalen Oberkörper, als ließe Bach sie plötzlich frieren. Er spielte weiter, lächelte weiter, hoffte weiter, und da zerstörte ihre scharfe Bemerkung »Ich kann doch nicht die Polizei anrufen!« die Harmonie der himmlischen Klänge. Als habe Gott einen Blitz auf ihn niederfahren lassen, zog er die Hände zurück. Schluckte. Sah, wie Miriam sich in die Haare griff. Er erreichte sie nicht. Die Musik erreichte sie nicht. Jetzt konnte er nur noch beten. »Lassen Sie uns zuerst in Ruhe überlegen.«
    »Die würden doch sagen, Mama soll in die Klinik zurück.«
    »Niemand würde das sagen, Miriam. In dieser Situation ist es normal, dass jemand, nun ja, durcheinander ist.« Er dachte an den Kommissar, der ihn besucht hatte. An Martin Gärtner und die kleine Charlotte Schweiger. Er hatte lange gebetet, nachdem der Polizist gegangen war. Für die Toten. Für die, deren Seele haltlos durch das Leben dämmerte. Und für die, die das Sterben erst noch hinter sich bringen mussten. Vielleicht, dachte er, würde dieser Polizist, der
Ver
mittler, ihn verstehen. Seine Zweifel und das, was er tat – und nicht tat.
    »Aber Mama ist verschwunden! Begreifen Sie das denn nicht? Ich habe Angst um sie. Ich habe Angst um mich. Mama wird mir von Tag zu Tag fremder. Sie ist nervös, vergisst, was ich ihr erzähle und zeige. Sie macht Dinge, die sie früher nie getan hat. Sie liest Biographien von Schauspielerinnen, sieht Filme über berühmte Frauen, schläft kaum noch und irrt im Haus umher, und plötzlich tauchen wildfremde Leute vor unserer Tür auf und ich –«
    »Scht, scht.« Er hob die Hand. »Was für Leute?« Miriam war offenbar kaum weniger wirr als ihre Mutter und eine zutiefst gequälte Seele. Ein Vers aus Psalm 34 fiel ihm ein.
Doch der Herr erlöst die Seele seiner Knechte; und alle, die auf ihn trauen, werden keine Schuld haben.
Warum sie so litt … Er hatte eine Vorstellung davon. Doch die war fest in seinem Herzen verschlossen. Zu ihrem Schutz – und zu seinem eigenen.
    »Die Polizei. Sie umzingeln das Haus. Schon am frühen Morgen sind Polizisten da herumgelaufen. Und gestern diese Frau. Die stand im Garten, als ich nach Hause kam nach dem Gottesdienst, und sie hat mit Mama geredet.«
    »Aber das ist doch nichts Schlechtes.«
    »Sie hat behauptet, sie sei von der Polizei.«
    »War sie das nicht?«
    »Sie war schlampig gekleidet und verschwitzt und trug einen Rucksack.«
    »Aha.« Keine Polizistenkleidung, dennoch, nach Gefahr klang das nicht. Und als Thea später am Nachmittag bei ihm gewesen war, hatte sie gefasst gewirkt. In Ruhe hatten sie über das Sommerfest gesprochen, festgelegt, dass ihr Waffelstand am Übergang von der großen Wiese zu dem kreisrunden, blumenbepflanzten Park stehen sollte, nahe bei dem Spielplatz. Von dort waren es nur wenige Schritte bis zur Kirche und dem angrenzenden Pfarrhaus, wo der Teig kühl gehalten werden konnte. Er hatte Thea den Schlüssel dafür gegeben und sie angewiesen, Kindern die Waffeln zu schenken. Als er ihr vorgeschlagen hatte, hier an der Orgel die Musik neu zu entdecken, in Gottes Haus und mit seinem Schutz, hatte sie sogar gelacht. »Miriam ist wirklich unglaublich. Ein strenger Engel.« Es war ihr einziges Lachen an diesem Tag gewesen.
    »Sie müssen mir helfen!« Miriam klang jetzt zutiefst besorgt, keine Spur mehr von Hysterie.
    »Haben Sie denn keinen … Freund? Einen, der Sie liebt und Ihnen zur Seite steht?« Es war längst Zeit, dass er sie das fragte. Er hatte es nie gewagt.
    »Freund?« Sie lachte auf. »Ich hatte nie viele Freunde. Mama wollte immer, dass ich aus der Schule jemanden mitbringe. Zum Spielen oder Hausaufgaben machen. Aber ich hatte keinen Spaß daran. Wir haben

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