Mein wirst du sein
hoffte, dass Andreas nicht da sein würde.
Anschließend ging ich zum Einkaufen. Der erste heimische Spargel der Saison war sündhaft teuer, aber für ein Festessen genau richtig. Ich würde ein Risotto machen. Und zum Nachtisch eine Amarena-Maccadamia-Creme. Ein Rezept, das zu meinen persönlichen Highlights gehörte.
Als ich mit den Vorbereitungen fertig war, ließ ich mir ein Bad ein und planschte wenig später im Schaum herum. Nach dem Stress der vergangenen Tage ein herrliches Gefühl!
Als ich fertig war, versuchte ich, meiner Wohnung eine heimelige Atmosphäre zu verleihen. Schließlich hatten wir etwas zu feiern.
In einem halbherzigen Versuch kramte ich nach einer Tischdecke, die so verknittert war, dass sie mehr dem faltigen Gesicht der alten Frau Beierlein glich als einer festlichen Auflage für den Tisch.
Seufzend packte ich sie wieder weg. Das war nicht ich. Jens musste sich mit guten Weingläsern und einer Kerze auf dem zerschrammten Holztisch zufriedengeben.
Gegen sechs schälte und kochte ich den Spargel und briet anschließend Frühlingszwiebeln, Knoblauch und Risottoreis an. Ich löschte alles mit Weißwein ab, und gerade als ich die Brühe aufgießen wollte, klingelte es an der Tür.
Jens war zu früh. Ich öffnete die Tür und ließ ihn herein. Er begrüßte mich mit einem Kuss auf die Wange und einer herzlichen Umarmung.
»Glückwunsch zum gelösten Fall!« Er drückte mir eine Flasche Weißwein mit edlem Etikett in die Hände.
»Der passt hervorragend zum Essen. Komm herein und fühl dich wie zu Hause.« Ich ging zurück in die Küche. »Du musst entschuldigen, aber ich bin gerade beim Kochen.«
»Kein Problem. Was gibt es Leckeres? Ich habe richtig Hunger.«
»Spargelrisotto.« Ich griff nach dem Kochlöffel, der auf einem kleinen Teller neben dem Topf lag.
»Das klingt verlockend!«
Vielleicht wusste er im Gegensatz zu Mark gutes Essen aus meiner Hand zu schätzen.
»Ich mache dir einen Vorschlag: Ich koche und du machst den Wein auf und schenkst ein. Dann erzähle ich dir alles in Ruhe. Setz dich.«
Er nahm Platz, öffnete den Wein und schenkte ein, während ich das Risotto umrührte.
»So, und nun erzähl, was du herausgefunden hast.«
Ich goss ein wenig Brühe auf und begann zu erzählen, was der heutige Tag für Erkenntnisse gebracht hatte.
Jens unterbrach mich nicht, hob nur ab und zu eine Augenbraue.
Als ich geendet hatte, war das Risotto beinahe fertig.
»Tja, so wie es aussieht, hast du den Fall gelöst«, sagte er in meinem Rücken, während ich weiter umrührte. »Herzlichen Glückwunsch!«
»Danke!«
Er ahnte nicht, wie gut mir das Lob tat.
Ich gab den gekochten, in Stücke geschnittenen Spargel in den Topf, dazu ein Stück Butter und stellte die Herdplatte ab.
»Wir können gleich essen, und dann wird gefeiert!«
Dem Spargel folgte eine Schale frisch geriebener Parmesan, den ich vorsichtig unterzog. Ein verführerischer Duft zog durch die Küche. Und das sollte erst der Anfang der kulinarischen Feier sein. Im Kühlschrank wartete die Amarena-Maccadamia-Creme, mein ganzer Stolz.
»Ist das das Jahrbuch, das der Lehrer dir mitgegeben hat?«
Ich drehte mich kurz zu Jens um.
»Ja, das ist es. Du musst nur aufpassen, ich habe versprochen, es unversehrt zurückzubringen.« Ich schnitt eine Grimasse, und Jens grinste. Dann stand er auf.
»Würdest du mich kurz entschuldigen?«, fragte er.
»Klar, draußen im Flur, die Tür links.«
Jens verschwand, und ich füllte das Risotto in eine Schüssel um, die ich zum Tisch trug und dort auf einem Korkuntersetzer abstellte. Dann holte ich mein Weinglas und trank einen Schluck.
Das Jahrbuch, in dem Jens zuvor geblättert hatte, lag aufgeschlagen auf dem Tisch. Die Doppelseite zeigte die Klassenlisten des Jahrgangs in alphabetischer Reihenfolge. Ich fand Heike Milders Name sofort, ebenso den Namen von Tobias Goldmann.
Dann stockte mir der Atem, ich verharrte mit dem Weinglas an den Lippen, ohne einen Schluck zu nehmen. Mein Blut schien sich zu verdicken und in meinen Adern zu gelieren. Und als ich den Namen las, wusste ich schlagartig, was ich die ganze Zeit übersehen hatte. Das nagende Gefühl, das mich in den letzten Tagen und Nächten hartnäckig begleitet hatte, es hatte seinen Ursprung an jenem Abend im ›Peppers‹ gefunden, als ich mit Jens über den Artikel diskutiert hatte, der ohne mein Wissen erschienen war. Es war kein Hirngespinst gewesen. Er hatte gesagt, dass die Frauen ein Recht hatten zu erfahren,
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