Mein wirst du sein
zurückkehrte. Er stellte das Tablett auf den Tisch neben ein dickes Buch. Ein Jahrbuch, wie ich neugierig feststellte.
»Darf ich fragen, wie Sie auf den Fall gekommen sind?« Er beugte sich interessiert nach vorn. »Immerhin ist eine lange Zeit seit damals vergangen. Ich habe nicht gedacht, dass sich überhaupt jemals noch jemand um Heike kümmert.«
Ich überlegte einen Moment, wie viel ich ihm erzählen konnte und beschloss, dass er vertrauenswürdig genug war, um ihm von der Mordserie zu berichten. Pikante Details ließ ich aus.
Herr Berger nickte nachdenklich.
»Dann sieht es also so aus, als habe der Mörder hier sein erstes Opfer gefunden.«
»So ist es, ja. Und das ist der Grund, warum ich heute hier bin. Es war ohnehin nur ein Zufall, dass ich darauf gestoßen bin. Aber wenn dem so ist, dann erhoffe ich mir einige wertvolle Hinweise, die nicht nur einen Serienmörder stoppen können, sondern letztlich auch den Mord an Heike Milder aufklären.«
Er verschränkte die Hände vor der Brust.
»Okay, wie kann ich Ihnen helfen?«
»Erzählen Sie mir bitte einfach, was Sie wissen. Was Ihnen wichtig erscheint, und seien es auch noch so kleine Details.«
Ich wartete, Block und Stift lagen auf dem Tisch bereit.
»Heike war ein beliebtes Mädchen. Sie war groß gewachsen und sehr schlank, jedoch weit davon entfernt, hübsch zu sein. Dazu war sie zu schlaksig. Trotz allem war sie natürlich. Sie war anders hübsch, nicht im klassischen Sinne schön. Verstehen Sie, was ich meine?«
Ich hatte keine Ahnung.
Herr Berger schlug das Jahrbuch auf und zeigte auf ein Foto. Nun verstand ich. Heike Milder hätte sicher nie einen Modelvertrag bekommen, aber sie strahlte von Innen heraus. Sie hatte sanfte, dunkle Augen und einen nachdenklichen Zug um den Mund, der ihr etwas Verträumtes verlieh. Hellbraunes, langes Haar fiel über ihre schmalen Schultern.
»Sie war eine gute Schülerin. Sie musste dafür nicht einmal viel tun. Es war, als würde ihr das Wissen zufliegen. Und sie hat nicht auswendig gelernt, sie hat den Stoff einfach verstanden. Eine Einserschülerin war sie aber auch nicht. Dafür hätte sie mehr tun müssen.«
»Was können Sie mir über den Mord erzählen?«, unterbrach ich ihn.
Herr Berger sah auf.
»Über den Mord? Nicht viel. Sie hatte an diesem Abend wohl eine Verabredung. Es muss der 6. Juli gewesen sein. War ein schöner Abend damals. Sommerlich warm, und wie geschaffen für Verliebte.«
»Hatte sie einen Freund?«
»Ja. Die Polizei hatte ihn zunächst auch im Verdacht, musste ihn dann aber wieder laufen lassen, weil ihm nichts nachzuweisen war. Ich habe keine Ahnung, wo er heute ist und was er macht. Mir fällt noch nicht einmal mehr sein voller Name ein.«
Der alte Lehrer schwieg einen Moment.
»Wie kann es dann sein, dass sie eine Verabredung hatte, wo sie doch einen festen Freund hatte?«
»Das entzieht sich leider meiner Kenntnis.«
»Wussten ihre Freundinnen etwas? Ich meine, jedes Mädchen hat doch eine beste Freundin, der sie alles erzählt. Vielleicht ist neben dem Freund ein weiterer Mann aufgetaucht, mit dem sie eine Liebelei hatte?«
»Wenn es da jemanden gab, wusste auf jeden Fall niemand davon. Und ich versichere Ihnen, die Polizei hat alle Mitschüler von Heike befragt. Es war schrecklich.«
Der Lehrer schüttelte sich bei dem Gedanken.
»Auf jeden Fall muss sie irgendwann im Lauf des Abends ihren Mörder getroffen haben. Die Polizei hat herausgefunden, dass sie gegen 23 Uhr umgebracht worden ist. Gefunden hat sie am nächsten Morgen eine Mitschülerin, die joggen war. Die Arme war völlig fertig. Heikes Füße haben aus dem Gebüsch herausgeschaut.«
»Was war mit dieser Kette?«
»Heike trug eine billige Kette mit einer Rose als Anhänger um den Hals. Kein Mensch konnte sich zunächst erklären, wo die Kette herkam, weil sie nie an ihr gesehen worden war. Aus diesem Grund erschien das damals auch in der Presse, weil sich die Polizei einen Hinweis auf den Mörder erhoffte. Vielleicht hatte er ihr die Kette geschenkt. Dem war aber nicht so. Wie sich herausstellte, hatte Heike die Kette zwei Tage zuvor auf einem Volksfest gekauft, auf das sie verbotenerweise mit einer Mitschülerin gegangen war. Ja, Sie lachen jetzt. Das war damals wirklich noch verboten. Die Zeiten haben sich geändert.«
Herr Berger seufzte.
»Hatte Heike irgendwelche Feinde? Kann es eine Erpressung gewesen sein?«
Er schüttelte energisch den Kopf.
»Das schließe ich aus. Sie war ein beliebtes
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