Mein wunderbarer Brautsalon
gönnt niemandem das Schwarze unterm Fingernagel!
»Kann ich denn nicht«, setzt Paul wieder an, »kann ich denn nicht … irgendetwas anderes …« »Wenn dir eine gute Alternative einfällt, darfst du sie selbstverständlich gern vorschlagen«, teilt Beatrice ihm gnädig mit. »Das mach ich«, versichert Paul eilig, »da fällt mir bestimmt was ein!«
»Gut.« Beatrice guckt auffordernd in die Runde. »Hat sonst noch jemand gute Vorschläge?«
»Ich wollte noch einmal auf das Numerologie-Thema zurückkommen«, wirft unsere Volontärin Silvia ein. Alle Anwesenden stöhnen auf. Silvia hat nämlich einen mittelschweren Esoterik-Tick und versucht permanent, etwas mehr »Magie«, wie sie es nennt, ins Blatt zu bekommen. »Ich hab da noch einmal neue …«
»Silvia«, wird sie von Susanne abgewürgt, »wir haben doch schon letzte Woche beschlossen, dass wir die Geschichte ›Leben nach Numerologie‹ nicht wollen.«
»Lässt du deine Kollegin bitte ausreden?«, wird Susanne von Beatrice zurechtgewiesen. Man kann sagen, was man will: Beatrice ist zwar als Chefin manchmal sehr hart – aber sie ist auch gerecht. Susanne presst die Lippen zusammen. »Also, Silvia?« Beatrice wirft ihr einen aufmunternden Blick zu.
»Ich hab über das Thema nachgedacht und würde es jetzt ›Lieben nach Zahlen‹ nennen.« Vor lauter Aufregung wird sie ganz rot, denn bisher hat Silvia als Volontärin nicht viel mehr als die Leserbriefe und den monatlichen Veranstaltungskalender abtippen dürfen.
»Hm«, überlegt Beatrice, »klingt nicht schlecht, schließlich ist Liebe das Lieblingsthema unserer Leserinnen.« Ich verdrehe innerlich die Augen – als hätten Frauen nicht anderes im Kopf! Aber wahrscheinlich hat Beatrice da sogar recht, sonst würde die »Isabelle« wohl nicht so gut laufen.
»Genau«, redet Silvia weiter, durch das Lob offenbar beflügelt, »ich könnte erklären, wie man mit Hilfe der Numerologie liebt. Sowohl für Paare als auch für Singles. Wann ist zum Beispiel der beste Tag für ein Date? Das kann man nämlich genau ausrechnen, indem man das Datum, die Uhrzeit und seinen eigenen sowie den Namen des Dates nimmt und dann …«
»Silvia«, wird sie von Beatrice unterbrochen, »wie das genau funktioniert, müssen wir jetzt nicht wissen. Es geht nur um die Idee.«
»Ja, natürlich«, beeilt Silvia sich zu versichern. Dann erklärt sie weiter: »Man könnte errechnen, wann der beste Zeitpunkt für Sex ist. Wann geht man dem Partner besser aus dem Weg und wann ist es günstig für ein romantisches Kuschelwochenende?« Sie sieht abwartend in die Runde, einerseits ängstlich, andererseits erwartungsvoll.
»Gekauft!« Beatrice nickt zufrieden, Silvia sieht mittlerweile aus wie ein Feuermelder und seufzt erleichtert. Ich freue mich für sie, immer nur den undankbaren Kleinkram schreiben macht einen auf Dauer ja auch nicht glücklich, und immerhin ist Silvia schon im zweiten Ausbildungsjahr. Obwohl ich persönlich diese Numerologie-Nummer für absoluten Schwachsinn halte. Aber ich bin ja auch nicht die Zielgruppe der »Isabelle«.
»Gefällt mir immer noch nicht«, startet Susanne einen weiteren Boykott-Versuch. »›Isabelle‹ steht doch für die moderne, junge Frau – wollen wir unseren Leserinnen da allen Ernstes empfehlen, sich nach irgendwelchen Zahlen zu richten?« Susanne verschränkt die Arme und blitzt Silvia böse an, deren Gesichtsfarbe sofort von Rot zu Leichenblass umschlägt.
»Aber«, fängt sie stotternd an, wird aber von Beatrice unterbrochen. »Susanne«, sagt sie langsam und gedehnt, »was ist denn eigentlich mit dir?« »Was soll denn mit mir sein?«
»Du hast heute noch gar nichts gesagt, außer zu den Geschichten der anderen.« Susanne guckt sie entsetzt an. Ha! Dafür liebe ich Beatrice! »Ich bin bisher noch nicht …«, fängt Susanne an, stockt dann aber mitten im Satz.
»Susanne«, Beatrice lächelt scheinbar freundlich, »vielleicht solltest du deine Zeit lieber dazu nutzen, dir eigene Themen zu überlegen, statt die der anderen schlecht zu machen.« »Natürlich«, erwidert Susanne kleinlaut.
»Dann war’s das wohl für heute«, stellt Beatrice fest. »Wir konferieren morgen wieder um die gleiche Zeit.« Schnell sammeln alle ihre Unterlagen zusammen und machen sich auf den Weg zurück ins Großraumbüro. Silvia hüpft nahezu aus dem Zimmer, ganz im Gegensatz zu Paul, der mit hängenden Schultern neben mir herschlurft. »Mach dir nichts draus«, tröste ich ihn. »Dir fällt bestimmt
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