Mein wundervolles Genom
nichts verändern wird«, erwidert er zunächst, aber dann macht er eine Kehrtwende. »Haben Sie die Clips von Good Morning America (einer amerikanischen Nachrichtensendung) gesehen, wo zwei Personen von GenePartner getestet wurden? Die beiden wissen eindeutig nicht viel über Genetik, aber sie denken offensichtlich darüber nach, welcher Partner genetisch passt.«
Ich verspreche, darauf zu achten, und Roberts’ Abschiedsworte klingen ähnlich wie die von Wedekind: »Ich bin überzeugt, dass man eines Tages eine genetische Komponente unserer Anziehung auf andere entdecken wird. Wir sind nur noch nicht auf der richtigen Spur.«
Diese Spur suchen sie in Sood-Oberleimbach, einem kleinen Ort in der Nähe von Zürich. Dort hat GenePartner in einem schachtelartigen Bürogebäude seinen Hauptsitz. Wie sich herausstellt, besteht die gesamte Belegschaft der Firma aus zwei Frauen: der Direktorin Joelle Apter und der Forschungsleiterin Tamara Brown. Brown hat sich um die Analyse der HLA-Gene von mir, meinem Freund und meinem eifrigen Kollegen J. hinsichtlich romantischer Kompatibilität gekümmert. Sie entspricht nicht im Geringsten meinen Erwartungen an einen harten Akteur in einer etwas zwielichtigen Ecke der Genindustrie. Ihr blasses, hübsches Gesicht mit zarten Zügen könnte ohne weiteres zu einer Renaissance-Madonna gehören, aber sie trägt weite Jeans und ein viel zu großes graues Sweatshirt. Und sie neigt dazu, ganz freimütig über alles Mögliche zu reden.
»Als ich über zwanzig war und noch keinen Freund hatte, hatte ich einen Plan: Wenn ich bis dreißig noch nicht verheiratet sein sollte, wollte ich ein Baby von einem Samenspender bekommen. Und ich dachte mir, warum sollte es nicht ein Schwarzer sein? Die Mischung ist wunderschön, finden Sie nicht?«
Geworden ist aus dem Plan nichts. Über ihrem Schreibtisch hängen Fotos eines blonden – und sehr attraktiven – Mannes. Nachdem Tamara Brown ihn über ein Kontaktportal im Internet kennengelernt hatte, sprach sie mit Joelle Apter darüber, ob es wohl eine Möglichkeit gebe, Wedekinds Laborergebnisse in der bösen, schmutzigen Welt anzuwenden. »Wir wussten nicht, ob es funktionieren würde, weil es mit Gerüchen zu tun hatte. Aber wir wollten herausfinden, ob es für reale Paare eine Bedeutung hatte.«
2003 gründeten sie eine Firma, das Schweizer Institut für Verhaltensgenetik, und suchten nach Paaren, die zwischen fünf und dreißig Jahren zusammen waren und an einem Forschungsprojekt teilnehmen wollten. Es habe lange gedauert, genügend Interessierte zu finden, räumt Brown ein; sie verrät nicht, wie viele sie tatsächlich gefunden haben. »Genügend, um statistisch aussagefähiges Material zu bekommen«, sagt sie nur.
Alle wurden auf ihre HLA-Gene getestet und füllten einen unendlich langen Fragebogen zur Qualität ihrer Beziehung aus und wie befriedigend sie für beide Seiten war. War es Liebe auf den ersten Blick gewesen oder hatte sich aus einer Freundschaft allmählich mehr entwickelt? Wie beschrieben sie ihr Sexualleben, wie viele Kinder hatten sie, welche Abstände lagen zwischen den Geburten?
»Wir fanden heraus, dass die Präferenz für andersartige HLA-Gene sich bestätigte, und zugleich gab es ein charakteristisches Muster in den Kombinationen. Offenbar spielte es eine Rolle, um was für Unterschiede bei den Genen es sich handelte. Bestimmte Kombinationen von HLA-Varianten waren bei unseren Paaren sehr viel häufiger, als man es nach der Verteilung in der Bevölkerung erwartet hätte.«
Auf meinen Einwand, dass es in der Literatur widersprüchliche Aussagen gebe, inwieweit im realen Leben HLA-Präferenzen tatsächlich bestünden, wirft Brown den Kopf zurück und meint »Hm«. Und meine Frage, ob ihre Untersuchung veröffentlicht worden sei, verneint sie.
»Nicht, weil wir es nicht könnten, wenn wir wollten«, schiebt sie nach, »aber wenn wir der ganzen Welt erzählen, was wir gemacht und herausgefunden haben, hätten wir keinen Schutz mehr für unser Geschäftsmodell.«
Das Geschäftsmodell ist ein Algorithmus. Nach ihren Erkenntnissen an Freiwilligen, so Brown, seien sie in der Lage zu errechnen, wie gut eine bestimmte Kombination von HLA-Varianten zusammenpasst – das heißt, wie sehr die Partner voneinander angezogen sind und wie die Chancen stehen, dass die Beziehung langfristig hält.
»Als studierte Biologin und ehemalige Wissenschaftlerin interessiert mich natürlich, warum manche Kombinationen besser sind als andere. Aber
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