Mein wundervolles Genom
Licht in die Unterschiede zwischen den großen geografischen Gruppen bringen, die wir traditionell Rassen nennen. Um herauszufinden, ob diese Gruppen genetische Unterschiede aufweisen, kartierte HapMap die Genome von Menschen aus fünf ethnischen Gruppen. Dieses Unterfangen führte zu der ersten Übersicht, wo Punktmutationen – der Austausch einer Base durch eine andere – auftreten. Solche Mutationen werden so zahlreich untersucht, dass man sie mit einer Abkürzung bezeichnet, »Snips« von SNP (single nucleotid polymorphisms oder Einzelnukleotid-Polymorphismen). Schätzungen zufolge gibt es im menschlichen Genom um die fünfzehn Millionen SNPs; erst knapp über drei Millionen wurden bisher identifiziert und gewissenhaft in die internationale SNP-Datenbank eingegeben.
Der nächste Schritt wird darin bestehen, noch kleinere Abweichungen zu katalogisieren, dafür werden die Wissenschaftler so viele vollständige Genome sequenzieren wie möglich. Ende 2010 gab es zwei Dutzend veröffentlichte, allgemein zugängliche Genome, darunter so berühmte wie das von Bischof Desmond Tutu und der Schauspielerin Glenn Close. In Forschungsinstituten liegen noch etwa zweihundert weitere unveröffentlichte Genome. Und das ist erst der Anfang. Das 1000-Genome-Projekt sequenziert die Genome von mehr als tausend Freiwilligen, die dann veröffentlicht werden sollen, und das noch ambitioniertere Personal Genome Project möchte die Zahl von hunderttausend Genomen erreichen. Diese Genomsammler spüren allen möglichen Arten von Variationen nach.
Wir Menschen tragen nicht nur kleine, diskrete SNPs – ein A an einer Stelle und ein G an einer anderen – mit uns herum, die man identifizieren und in einer Datenbank speichern kann. Wir haben auch noch viel drastischere Mutationen: Große Stücke von DNA können fehlen oder kommen doppelt oder dreifach vor oder sind herumgewandert und befinden sich nun an einer anderen Stelle im Genom. Für die Mutationenjäger unter den Wissenschaftlern ist das bevorzugte Analysetool der letzten Jahre die sogenannte Genome Wide Association Study (GWA). Man erwartet, dass Assoziationsstudien zeigen werden, welcheGene bei bestimmen Krankheiten und menschlichen Merkmalen im Spiel sind. Das Design solcher Studien ist ganz einfach: Eine Gruppe Freiwilliger, die an einer bestimmten Krankheit leiden oder ein bestimmtes Merkmal besitzen, wird mit einer Kontrollgruppe verglichen, die diese Krankheit oder dieses Merkmal nicht hat. Beide Gruppen werden mithilfe eines sogenannten Genchips auf eine Reihe bekannter SNPs getestet. Der Genchip ist eine raffinierte Vorrichtung etwa von der Größe einer Briefmarke. Dort hinein werden kleine DNA-Stücke gegeben, die darin dann wie Seegras am Meeresgrund schweben. Heutige Genchips können zwischen einer halben und einer Million SNPs testen, die von beliebigen Stellen auf den Chromosomen stammen können. Die riesigen Datenmengen werden direkt in einen Computer eingegeben, und eine Software sucht nach Mustern.
Die Bioinformatiker stellen eine ganz einfache Frage: Gibt es einen SNP (oder mehrere), der bei den erkrankten Personen öfter auftritt als bei den nicht erkrankten? Wenn das der Fall ist, gilt die Mutation als ein Marker für die betreffende Krankheit. Sobald die Wissenschaftler wissen, wo im Genom sie nach dem Marker suchen müssen, können sie anhand seiner Platzierung erschließen, welches Gen beteiligt ist. Sie können auch abschätzen, wie stark das Vorhandensein des Markers das Risiko für die Entwicklung der betreffenden Krankheit erhöht. Diese Methode macht es möglich, die Ursachen einer Krankheit zu erforschen, ohne vorher eine Hypothese aufstellen zu müssen, wo das Problem liegt. Das Verfahren ist etwa so, als würde man ein großes, feinmaschiges Netz über das Genom werfen und dann schauen, was darin hängen bleibt. Sobald die Computer der Bioinformatiker einen Zusammenhang gefunden haben, stürmen die Biologen ins Labor und untersuchen das betreffende Gen. Die Forscher hoffen, wenn sie aufklären, welche Aufgabe das Gen im Organismus hat, Einsichten in die biologischen Mechanismen der Krankheit gewinnen und dadurch neue Behandlungsmethoden und Medikamente entwickeln zu können.
Eine frühe, sehr bekannte Assoziationsstudie weckte den Appetit auf diesem Gebiet. 2005 konnte ein Forscherteam unter der Leitung vonRobert J. Klein von der Rockefeller University zeigen, dass eine schwerwiegende Augenerkrankung, die altersabhängige Makuladegeneration,
Weitere Kostenlose Bücher