Mein zärtlicher Ritter: Roman (German Edition)
Ärmelbündchen und die hohe Taille. Der Kopfputz war in dem gleichen silbrigen Blau gehalten und ein Silbernetz umhüllte die Flechten rechts und links von ihrem Gesicht.
Nach einem letzten Blick in ihren polierten Metallspiegel eilte sie die Treppe hinunter. Vor der Tür zum Saal blieb sie stehen und lauschte, um den Ton der Unterhaltung abzuschätzen.
»Euer Besuch kommt zu einem äußerst ungelegenen Zeitpunkt.« Williams Stimme klang höflich formell, zugleich jedoch unnachgiebig.
»Stephen hat mir bereits von den erst kürzlich überstandenen Unglücksfällen erzählt.« Die Stimme der Frau war wohlklingend und tief. »Ich bedaure sie zutiefst. Wie geht es deiner Frau?«
Wie aufs Stichwort trat Catherine in den Saal.
»Lady Eleanor«, setzte sie an, kam jedoch ins Stocken, noch bevor sie ihren Willkommensgruß ausgesprochen hatte. Stattdessen fuhr sie sich mit der Hand an die Brust und stotterte: »Aber … aber Ihr seid wunderschön!«
Catherine hatte noch nie eine so atemberaubend schöne Frau gesehen. Lady Eleanors dunkelbraune Augen, ihr kastanienfarbenes Haar und die milchweiße Haut glichen Stephens, doch ihre Züge waren zierlicher und weiblicher. Die Dame musste Mitte Vierzig sein, doch sie sah zehn, nein, fünfzehn Jahre jünger aus. Ihr gut geschnittenes Kleid betonte ihre Figur, die ihr sicherlich immer noch viele bewundernde Blicke einbrachte.
Catherine wurde klar, dass sie die Worte laut ausgesprochen hatte, und errötete heftig, als sie knickste. »Es ist schön, Euch endlich kennenzulernen«, sagte sie und lächelte Lady Eleanor trotz ihrer Verlegenheit freundlich zu. »Ich bin froh, dass Ihr gekommen seid.«
Lady Eleanor lachte und streckte die Hände nach Catherine aus. »Ich danke Euch, meine Liebe«, sagte sie und küsste Catherines Wangen. »Allerdings muss ich mich doch fragen, welches Bild meine Söhne von mir zeichnen.« Sie richtete den Blick auf William und fuhr fort: »Herrisch und abscheulich?«
Catherine drehte sich zu William und Stephen um. Zu ihrem Verdruss stand William mit verschränkten Armen da und schien vor Feindseligkeit zu kochen. Und Stephen würde jeden Moment Feuer fangen, so weit wie er zur Feuerstelle zurückgewichen war.
»Meine Glückwünsche zu Eurer Vermählung«, sagte Lady Eleanor. Und nachdem sie ihren Blick über Catherine hatte schweifen lassen, fügte sie hinzu: »Und zu Eurem bevorstehenden Himmelsgeschenk. Es freut mich, Euch wohlauf zu sehen. Ihr seht reizend aus, meine Liebe.«
»Danke. Es könnte mir nicht besser gehen.«
»Ich habe Lady Eleanor gerade darüber informiert, dass es keine gute Zeit für uns ist, Besuch zu empfangen«, unterbrach William sie.
Seine Unhöflichkeit schockierte sie. »Da muss ich widersprechen«, sagte sie und bedachte ihn mit einem Blick, der deutlich ihre Missbilligung ausdrückte. »Es könnte keinen besseren Zeitpunkt geben – so kurz vor Weihnachten.«
»Es würde dich über Gebühr belasten, wenn du so kurz nach allem, was du mitgemacht hast, bereits wieder Gäste unterhalten solltest.« Den Blick auf ihren Bauch senkend fügte er hinzu: »Du musst auf deine Gesundheit achten.«
»Deine Mutter wird mir keine Last sein«, sagte sie gepresst lächelnd. Sich an Eleanor wendend meinte sie: »Euer Besuch wird mich von den jüngst überstandenen Strapazen ablenken. Ich würde die Gesellschaft einer anderen Frau sehr genießen.«
William war ausmanövriert. Und wenn dem Ausdruck von Resignation auf seinem Gesicht zu trauen war, war es ihm bewusst.
Wenn William seine Frau sehen wollte, konnte er seine Mutter nicht vermeiden. Zu seiner großen Überraschung schienen die beiden Frauen die Gesellschaft der jeweils anderen außerordentlich zu genießen. Er musste zugeben, dass Eleanors Anwesenheit sich beruhigend auf Catherine auswirkte. Er hörte sie oft gemeinsam lachen, wenn er an ihnen vorbeiging.
Catherine war jedoch weiterhin über ihn verärgert. In dem Wissen, dass er die ganze Schärfe ihres Zorns verdiente, nahm er es ohne Murren hin. Und doch konnte er nicht verstehen, warum sie jeden Tag wütender auf ihn zu werden schien. Er tat doch alles, was in seiner Macht stand, damit sie sich sicher und geborgen fühlte.
Er schickte seine Männer aus, damit sie Lord Grey von seinem Land vertrieben. Er hatte die Burg nicht mehr verlassen, seit er Catherine bewusstlos und blutverschmiert auf ihrem Bett gefunden hatte. Er würde diesen Anblick nie vergessen. Er lebte in der Angst, jemand könnte sie ihm wieder
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