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Meine Frau will einen Garten

Meine Frau will einen Garten

Titel: Meine Frau will einen Garten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhard Matzing
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Adresse angeben kann. Ist in dieser Situation ein wenig Feierlichkeit zu viel verlangt? »Ja«, sagt Pia, während Wumme schweigt und Damaschke eine rauchen geht.
    Drei Wochen später steht der Keller. Ich stehe eines Abends stolz vor dem Grundstück und mache mir gerade Gedanken über die Lage der Weinvorräte, da radelt ein Nachbar herbei, Herr Struntz. Er finde es komisch, sagt Struntz, dass der Pool hier vorne an der Straße sei. »Das wird kein Pool«, erkläre ich.
    »Kein Pool? Was wird das dann?«
    »Das wird unser Haus.«
    »Ein Haus?«, fragt Struntz ungläubig, »für’s Auto?«
    »Nein«, sage ich, »ein Haus für uns, zum Wohnen.«
    »Echt?«
    »Echt.«
    »Und der Pool?«
    »Gibt keinen Pool.«
    »Echt? Na dann.« Struntz schaut mich sorgenvoll an und fragt sich, jedenfalls seinem Gesichtsausdruck nach, ob sein Grundstück weniger wert sein wird, sobald wir uns in seiner Nachbarschaft niederlassen.

    Die Architektin warnt uns. »Die Bauzeit«, sagt die Gräuliche, »ist die Zeit der Maßstabssprünge.«
    »Mal wird Ihnen das Haus ganz klein erscheinen, dann wieder ganz groß.« Pia sagt: »Soso.« Ich sage nichts. Anton überlegt, ob man das Haus wohl aufpumpen und klein machen könne wie eine Luftmatratze. Das würde ihm gefallen. Mir auch, denn dann könnte man es in Obermenzing klein machen und an der Ismaninger Straße wieder aufpumpen.
    Vier Wochen nach dem von Anton, Wumme und Damaschke sabotierten Spatenstich kriegt der Keller einen Deckel. Am Blumenauer Weg grünt es allmählich, und Julia ahnt schon jetzt, dass ihr Heuschnupfen in Obermenzing eine inspirierende Heimat finden wird.
    Der Deckel vom Keller ist das, worauf wir in Zukunft wohnen sollen. Ich stehe davor und frage mich, ob auch nur das Sofa auf den Deckel passt. Zu schweigen vom Klavier, vom Tisch, vom Schrank, von Bildern und Büchern und einer Flasche Wein. Der radelnde Struntz fährt vorbei und kichert. Ich fahre sofort nach Hause, in die Ismaninger Straße, um umzuplanen. Alles muss ganz anders möbliert werden. Pia lässt mich machen. Nun kommen die Wochen, in denen immer alles ganz anders werden muss.

    Mir wird klar, dass alles im Leben mit allem im Leben zusammenhängt. Zum Beispiel das Klavier. Weil wir oben im Haus so wenig Platz haben werden, soll es im Keller stehen. Es zeigt sich aber, dass wir im Keller,
weil wir oben so wenig Platz haben, so viel Platz für Schränke brauchen, dass das Klavier doch nicht im Keller stehen kann. Außerdem findet Pia, dass ich meine Unmusikalität nicht am Klavier auslassen soll. Also plane ich das Klavier für den Spielflur oben vor den Kinderzimmern. Dann passt aber die Truhe, die dort stehen soll, nicht mehr in den Flur, weshalb sie in unser Schlafzimmer zieht. Dort verdrängt sie jedoch den Wäscheschrank, der nun in den Keller kommt, weshalb dort ein anderer Schrank wieder nach oben muss. Aber wohin? Ich schlage den Spielflur vor, Pia nickt, und ich sage ihr, dass jetzt das Klavier in den Keller muss. Pia wirft mit der Serviette am Küchentisch nach mir. So geht das ein paar Tage, dann beschließt Pia, dass wir uns erst an Ort und Stelle und im fertigen Haus entscheiden werden.
    Ich ahne, dass wir vor unserem fertigen Haus und am Tag des Umzugs den größten Trödelmarkt organisieren werden, den Obermenzing je gesehen hat.
    Die Ismaninger Straße macht zu dieser Zeit einen verdüsterten Eindruck. Sie scheint zu ahnen, dass sich Pia mehr und mehr zum Blumenauer Weg als zu ihr hingezogen fühlt, weshalb an diesem Tag wieder einmal ein Zettel im Treppenhaus hängt, demzufolge wieder einmal die Gleise der Linie 18 saniert werden sollen, weshalb uns in einigen Wochen, im Sommer, wieder einmal Gestank und Dreck und fest verschlossene Fenster martern dürfen.
    Das heißt: Max findet diese Wochen, die sich im Jahresrhythmus
wie das Frühlingsfest oder eine andere saisonale Plage ereignen, immer toll, weil ich dann manchmal, wenn die Teermaschine nachts um halb eins Radau macht, mit rohen Eiern aus dem dritten Stock nach der Höllenmaschine werfe. Beides findet der Hool schön: den Radau und meine Wehrhaftigkeit. Morgens muss ich ihm dann immer die Eierschalen auf der Straße zeigen und ihm versprechen, dass ich ihn beim nächsten Mal wecke und mit bombardieren lasse. Mache ich natürlich nicht. Das ist nichts für Kinder.
    Pia ist die Eieraktion immer peinlich, und sie droht jedes Jahr damit, mich bei der Polizei anzuzeigen. Ich dagegen will, dass alle Familienmitglieder bei Einbruch der

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