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Meine Frau will einen Garten

Meine Frau will einen Garten

Titel: Meine Frau will einen Garten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhard Matzing
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Delinquenten wurden, an ihrer »Schwarz-Gelb-Signifikanz« schon von weitem zu erkennen gewesen wären. Grau, teurer Freund, denke ich, ist alle Theorie. Aber ich halte den Mund. Das mit dem Schwarz rede ich Pia schon noch aus. Wir können der Lokalbaukommission ja mal Schwarz angeben, und dann rede ich das Pia schon noch aus. Da ist sie wieder, die Stelle mit der Vorblende.
    Im Grunde ist es eine herrliche Zeit: die Monate vor dem Hausbau. Man ignoriert die Fernsehnachrichten über Schrottimmobilien und den einbrechenden amerikanischen Einfamilienhausmarkt, man ignoriert so gut es geht, dass man in einiger Zeit Randstädter, wenn nicht Vorstädter sein wird, man denkt sich dies und jenes aus für das neue Haus, fährt ab und zu bei Billy und Klippan vorbei, man fragt sich, welche Farbe einem gefällt, was für Möbel man will, wie man leben und wer man sein könnte … Und dann hört man wieder ein Kichern im Himmel. Es stammt vom großen Regisseur, vom Mann mit der Vorblende, der mit Pia im Bunde ist. Beide wissen, dass ich schon bald in einem Haus leben werde, das angeblich ebenholzfarben gestrichen ist. Andere würden »schwarz« dazu sagen.
Es ist Januar geworden. Die Zeit der Träume ist vorbei. Am ersten Februar soll der Bagger kommen. Es wird also ernst. Wozu schon wieder dieses leise Kichern zu hören ist.

14. Kapitel, in welchem ein Tieflader eine Zukunft mit Dach und Fenstern sowie viele schlaflose Wochen liefert, die Nachbarn irritiert sind, das Richtfest trotzdem gefeiert und der Obermenzinger Gartenschuppenkrieg nach heftigen Gefechten von der Lokalbaukommission entschieden wird.
    »Mir ist schlecht.« Anton, unser Junge mit dem sensiblen Magen, dem wir auf dem Weg über die Alpen Richtung Italien die Bekanntschaft mit mehreren Nothaltebuchten verdanken, bringt das gerade noch hervor. Was danach aus ihm hervorkommt, ist das Übliche. Das wäre nicht tragisch. Aber ich habe mir den Spatenstich feierlicher vorgestellt.
    Anton erbricht sich auf unser Grundstück, etwa dorthin, wo später mal das große Sofa in der Wohnküche stehen soll, und direkt vor die Füße des Bauleiters. Hans Wumme, den man praktisch nie ohne seine gelben Gummistiefel zu sehen bekommt, was ihn zusammen mit den rötlich blonden Haaren und seinem ewig grünen Janker wie eine Ampel aussehen lässt, beweist Gelassenheit. Er bleibt einfach stehen.
    Das beruhigt mich, weil ich denke, dass Wumme unser wichtigster Mann sein wird. Ein Bauleiter muss starke Nerven haben. Ein Bauleiter, der das schmalste Einfamilienhaus der Welt bauen soll, muss zudem ein Titan sein. Und ein Bauleiter, der jetzt lange Monate mit der Gräulichen zusammenarbeiten soll, muss
außerdem über die Qualitäten eines Stoikers verfügen. Wumme sieht mir ganz nach Idealbesetzung aus. Des bleichen Antons Botschaft an das Bauvorhaben verscharrt er wortlos im Schnee.
    Es ist Ende Februar. Eigentlich sollte noch im Vorjahr der Keller gebaut werden, aber seit Wochen ist es zu kalt, um mit dem Arbeiten zu beginnen. Pia kümmert sich um Anton. Max und Julia bewerfen sich juchzend mit Schneebällen, Wumme bespricht sich mit Baggerfahrer Damaschke, und ich frage mich, wo der Spaten ist, mit dem ich in meiner Eigenschaft als Bauherr gleich den Spatenstich zelebrieren soll. Die Gräuliche ist nicht gekommen. Wie sich denken lässt, mag sie Baustellen nicht so besonders. Die sind ihr zu unaufgeräumt.
    »Welcher Spaten?«, fragt Wumme und gibt stattdessen Damaschke ein Zeichen, woraufhin sich eine Greifkralle aus Eisen durch den Schnee und in das immer noch ziemlich steif gefrorene Erdreich baggert. Hinein in unsere Scholle, hinein in Pias Traum von Haus und Hof.
    Der Bagger hört auf mit seinem Gekreisch. Und das war’s, das war der Spatenstich: Anton kotzt, Wumme ruht in sich, und Damaschke lässt seinen Bagger leerlaufen. Spatenstiche im Fernsehen sehen anders aus.
    »Was willst du?«, will Pia wissen, »Hauptsache, die bauen jetzt schnell den Keller.« Sie sieht das pragmatisch, piamäßig eben. Ich sehe das feierlich. Schließlich wird jetzt das gebaut, was ich nie haben wollte. Die
Kreditbank schreibt mir schon jetzt ständig Briefe, um mich daran zu erinnern, dass ich ihr nun mit Haut und Haaren gehöre; ein Amt zur Vergabe von Adressen will mir keine Adresse geben, solange nicht die Eingangstür von unserem Haus steht; dazu aber brauche ich einen Bescheid der Lokalbaukommission, um die Eingangstür bauen zu lassen, und den Bescheid kriege ich erst, wenn ich die genaue

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