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Meine Freundin, der Guru und ich

Meine Freundin, der Guru und ich

Titel: Meine Freundin, der Guru und ich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Sutcliffe
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Abfahrt alles zugetragen hatte. Aber nichts davon schien irgendwie von Belang zu sein. Soweit ich es beurteilen konnte, war alles noch genau wie vorher, und trotzdem brauchte sie für ihre Version der letzten drei Monate beinahe genau so lang wie ich für meine. Als ich sie so vor sich hin plappern sah, war ich erstaunt, daß sie so lange reden konnte, ohne daß ihr aufging, wie sehr sie mich langweilte.
    Von dem umwerfend leckeren Steak bekam ich Magenkrämpfe. Ich hatte schon seit Monaten nicht mehr versucht, derart feste Nahrung zu verdauen – mein Hundeburger war vermutlich die einzige Mahlzeit in Indien gewesen, die Kauen erforderte.
    Ich steckte meinen Daumen in den Mund, um schnell zu überprüfen, ob meine Zähne noch alle richtig saßen, und begab mich dann auf einen kleinen Spaziergang, um meine Magenschmerzen loszuwerden. Das Wetter war einfach großartig – ein grauer Himmel mit dahinjagenden Wolken, die die Sonne verdunkelten, und ein herrlich kalter Wind, der mir eine Gänsehaut auf den Armen verursachte. Es war so schön, endlich wieder zu frieren – die frische Luft in meinem Hals und meiner Brust zu spüren, und wie der Wind in meine Wangen stach und meine Nase rot wurde. Ich blieb stehen und nahm die erste richtige Prise englischer Luft in meine Lungen auf. Aahhh!
    Als ich durch das nasse Gras des Parks in unserer Nähe stapfte, fiel mir auf, wie unglaublich grün alles war. Ich hatte mich an farbenfrohes Essen und braune Landschaften gewöhnt, aber plötzlich war alles genau andersherum. Auch hier wirkte das alles nicht ganz überzeugend. Nichts fühlte sich so richtig wirklich an. Ich begann, Dinge zu berühren und an mich zu drücken, um mich ihrer Existenz zu vergewissern – ich riß Grasbüschel heraus, strich über eine feuchte Bank und zupfte Blätter von den Ästen.
    Auf dem Nachhauseweg vom Park schaute ich auf einen Sprung im Laden an der Ecke vorbei, um mir einen Riegel richtiger englischer Milchschokolade zu kaufen. (Man kriegt so was Ähnliches auch in Indien, sogar mit derselben Verpackung, aber es hat ungefähr die Beschaffenheit von Gebäck.) Ich führte das übliche »Na-Junge-wie-geht's-mit-Arsenal-sieht's-ja-gar-nicht-gut-aus«-Gespräch mit dem Typen hinter der Ladentheke, ehe ich mich dabei ertappte, daß ich ihn fragte, wo er her sei.
    Er sah mich komisch an.
    »Ich war gerade in Indien«, erklärte ich. »Deshalb hab ich mich auch 'ne Weile hier nicht blicken lassen.«
    »Ach so«, sagte er, und ein breites Lächeln überzog sein Gesicht. In den fünfzehn Jahren, die ich seinen Laden jetzt schon besuchte, hatte ich ihn, wie mir nun auffiel, noch kein einziges Mal lächeln sehen. »Gujarat«, sagte er. »Meine Familie stammt ursprünglich aus Gujarat.«
    »Cool. Durch Gujarat bin ich nur durchgefahren. Wie ist es da?«
    »Ah – sehr schön. Das ist der schönste Ort der Welt. Aber mich dürfen Sie da nicht fragen, ich bin voreingenommen.«
    »Wann sind Sie denn hierhergekommen?«
    »Ich war vierzehn.«
    »Vierzehn!«
    »Ja. Ich fahre einmal im Jahr dorthin, um meine Familie zu sehen.«
    »Ah ja.«
    »Wo waren Sie denn überall?«
    »Ach, ich bin nach Delhi geflogen, dann rauf nach Himachal Pradesh …«
    »Aah – Himachal Pradesh ist einfach schön.«
    »Ja, echt Wahnsinn, die Ecke. Dann bin ich rüber nach Rajasthan und runter nach Goa …«
    »Geflogen?«
    »Mit dem Zug und Bus hauptsächlich.«
    »Sie sind von Rajasthan nach Goa, ohne zu fliegen? Sie müssen ja verrückt sein!«
    »Ich wußte ehrlich gesagt nicht, daß es so weit war. Ich hab's tatsächlich auch ein bißchen bereut. Danach bin ich noch nach Bangalore und weiter nach Kerala.«
    »Im Süden war ich noch nie. Eines Tages vielleicht mal – aber mit der Arbeit und den Kindern …«
    »Ist schon hart.«
    »Mmm.«
    »Sollten Sie aber echt mal hinfahren. Ist total schön.«
    »Hab ich gehört, ja.«
    »Es ist echt toll da.«
    »Wollen Sie noch mal hin?« fragte er.
    »Ich?«
    »Ja.«
    »Gott – da hab ich noch gar nicht richtig drüber nachgedacht. Wissen Sie – das Unterwegssein dort ist schon ziemlich anstrengend. Es ist nicht gerade die reine Erholung. Aber… wer weiß, vielleicht in ein paar Jahren … wenn ich noch mal die Gelegenheit dazu habe. Ja, ich glaub, ich hätte nichts dagegen, noch mal hinzufahren.«
     
    Unser Gespräch versandete, und ich verließ den Laden merkwürdig verstört darüber, daß ich schon soweit war zu sagen, daß ich noch mal nach Indien fahren wollte. Nach nur wenigen

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