Meine geheime Autobiographie - Textedition
Offensichtlich posiert er nicht im Geringsten. Viele Menschen in einer ähnlichen Lage würden posieren. Ihre ganze Haltung würde verraten, wie sehr sie wissen, dass man sie beobachtet, und wie sehr sie versuchen, so imposant wie möglich zu wirken. Zu diesen gehört Mr. Rogers nicht. Seine Haltung sitzt ebenso gut wie die Kleidung, die er trägt, und die sitzt wie angegossen.
Mr. Whipple stellt die üblichen Fragen nach Namen, Wohnsitz usw. Dann nach seinem Beruf, und auf diese Frage gibt Mr. Rogers eine Antwort, die sein rätselhaftes Verhalten als Zeuge bereits vorwegnimmt. Er gibt zu, seit vierzig Jahren im Petroleumgeschäft tätig zu sein, und sagt: »Ich versuche mir einzubilden, dass ich im Gasgeschäft tätig gewesen bin.« Alles lacht. Offensichtlich wird Mr. Rogers zumindest zeitweise ein sehr amüsanter Zeuge sein. Selbst Mr. Whipple, der Spaß versteht, auch wenn dieser auf seine Kosten geht, lächelt.
Und Mr. Rogers’ Lächeln ist sehenswert. Es ist kein kleines, dürftiges, kaltes, selbstgefälliges, berechnendes Lächeln, sondern echte, ehrliche, unverfälschte Ware. Man sollte meinen, dass Mr. Rogers denen, die das Privileg haben, ihn gut zu kennen, ein sehr angenehmer, ja lustiger Gefährte sei. Shakespeare sagt, dass einer lächeln kann und immer lächeln und doch ein Schurke sein, aber wenn er so wie Mr. Rogers lächelt, ist das schwer zu glauben. Allerdings ist es kein Lächeln, das nicht vergeht, denn schon im nächsten Augenblick ist es verschwunden, und an seine Stelle tritt ein scharfer, wacher, abwartender Blick.
Am ersten Tag, als er die Stöße seines Gegners geschickt parierte, lächelte Mr. Rogers recht oft, doch gegen Ende dieses ersten Tages landete Mr. Whipple, der am strengsten lächelt, wenn er das Ärgste vorhat, einen ziemlich guten Schlag, und Mr. Rogers machte ein ernstes und eher verärgertes Gesicht. Mr. Whipple wollte, dass Mr. Rogers ein gewisses privates Korrespondenzbuch vorlegte, und Mr. Rogers weigerte sich. Als die Gemüter sich zu erhitzen begannen, glättete der Richter die Wogen, indem er die Verhandlung beendete.
Am nächsten Morgen legte ein höflicher und freundlicher Mr. Rogers das Buch vor. Das war am Freitag, und die Sitzung wurde auf Montag vertagt, um Mr. Whipple Zeit zu geben, das Buch durchzusehen und dessen Inhalt zu seinem Vorteil zu nutzen.
Am Montagmorgen nahm Mr. Whipple die Belagerung von Mr. Rogers’ Zitadelle des Wissens in Gas-Belangen wieder auf, und ein ganzer Tag verging mit Fragen und Antworten. Ob das Gericht nach den Entwicklungen des Tages sehr viel klüger war, lässt sich nicht eruieren, doch eins steht mit Sicherheit fest: Die Öffentlichkeit war es nicht. Die Art, wie Mr. Rogers Fragen parierte, die er nicht beantworten wollte, war durchaus hörenswert. Hier eine Kostprobe:
Frage: Waren Ihre Beziehungen zu Mr. Addicks im Jahre 1901 feindlich? Antwort: Das kann ich nicht beantworten.
Frage: Nun, und im Jahre 1902? Antwort: Ach, wir hatten unsere Meinungsverschiedenheiten.
Dienstag war ein ungewöhnlich ergiebiger Tag, zumindest was interessante Themen betrifft.
Wenn Mr. Whipple Fragen zu Punkten stellte, bei denen Mr. Rogers’ Erinnerung leicht getrübt war, verwies der Zeuge den Anwalt ein ums andere Mal auf seine Bücher, Dokumente und Aktennotizen und sagte, falls sich sachdienliche Hinweise fänden, wäre er bereit, ja froh, sie vorzulegen.
An diesem Tag wurde mehrfach gelächelt: seitens des Zeugen, des Publikums und sogar des Gerichts. Einmal lächelte Mr. Rogers über eine Erinnerung, die ihm kam, als ein persönlicher Brief von Mr. Winsor verlesen wurde, den Letzterer nach einer Reise auf der Yacht des Millionärs als dessen Gast geschrieben hatte. Dies schien Mr. Whipple zu irritieren. Er baute sich dicht vor dem Zeugen auf und feuerte seine Frage aus kürzester Entfernung und in spitzem Ton ab: »Warum lächeln Sie, Mr. Rogers?« »Ich lächele, weil es meiner Natur entspricht, zu lächeln«, antwortete Mr. Rogers, so freundlich und leutselig er konnte. Mit einer sanften Antwort Zorn beschwichtigen! In kleinen Kunstgriffen dieser Art ist Mr. Rogers ein Experte.
Dienstag war der Tag, an dem Mr. Rogers über das Telefongespräch mit Mr. Lawson sprach, und im Hinblick auf Mr. Lawsons Version des Gesprächs am vergangenen Freitag lohnt es sich, Mr. Rogers’ Aussage zu wiederholen:
»Ich rief Mr. Lawson an und fragte ihn, was er von dem Umbau der New England Gas & Coke Company halte. Er antwortete, nicht sonderlich
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