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Meine geheime Autobiographie - Textedition

Meine geheime Autobiographie - Textedition

Titel: Meine geheime Autobiographie - Textedition Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Twain
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wurde sie mit erstaunlicher Geschwindigkeit. Täglich bescherten diese Konsultationen Mr. Rogers jede Menge Ärger und Verdruss – ich weiß das recht gut –, doch falls sich das je in seiner Miene oder in seinem Verhalten abzeichnete, so höchstens für einen kurzen Moment, denn kaum trat er wieder in sein Privatbüro, waren die Anzeichen verschwunden, und er war wieder ganz der Alte, munter, fröhlich und zu Scherzen und Witzen aufgelegt. Notwendigerweise war sein Gemüt oft beschwert, doch es warf keinen Schatten, und die ihn umgaben, saßen stets im Sonnenlicht.
    Manchmal sank der Wert seiner Papiere tagelang um Millionen, manchmal stieg er ebenso schnell, aber was immer geschah, die Miene und die Haltung, die er zur Schau stellte, passten immer zu einem Markt mit anziehenden Kursen. Jeden Tag musste Miss Harrison mehrere Male als Kapazität für Diplomatie in Erscheinung treten. Es sprachen Männer vor, deren Stellung in der Welt so hoch war, dass man sie nicht mit Mr. Rogers’ Absage und der Formel »unabkömmlich« wegschicken konnte, und Miss Harrison ging zu ihnen hinaus, legte höflich und taktvoll den Sachverhalt dar und entließ sie getröstet. Während seiner sechs Stunden täglich wickelte Mr. Rogers eine ungeheure Menge Transaktionen ab, für die er in diesen sechs Stunden immer genug Zeit zu haben schien.
    Die Klage der Boston Gas erreichte Mr. Rogers zu einem Zeitpunkt, als seine Gesundheit angegriffen war und es mehrere Monate lang blieb. Von Zeit zu Zeit musste er ein, zwei Wochen in seinem Landhaus in Fairhaven, Mass., verbringen, seine Geschäfte Miss Harrison überlassen und sich ein-, zweimal am Tag per Ferngespräch mit ihr beraten. Sich auf den Zeugenstand vorzubereiten war keine Kleinigkeit, doch die entsprechenden Unterlagen waren zur Hand, denn Mr. Rogers vernichtete kein einziges Schriftstück, und da er ein methodischer Mann war, wusste er Schriftstücke aufzufinden, ganz gleich, wie alt sie sein mochten. Die Unterlagen, die für das Gerichtsverfahrenbenötigt wurden, bei dem Mr. Rogers auf mehrere Millionen Dollar verklagt wurde, reichten viele Jahre zurück und zählten nach Hunderten; doch unter den Stößen und Stapeln von Dokumenten in den Gewölben der Standard Oil stöberte sie Miss Harrison alle auf und veranlasste die anderen Sekretärinnen, sie aufzulisten und zu annotieren. Diese Arbeit erforderte Wochen ständiger Anstrengung, setzte Mr. Rogers jedoch instand, sich einen unübertroffenen Ruf als Zeuge zu erwerben.
    An dieser Stelle möchte ich kurz abschweifen und ein Beispiel dafür anführen, was ich über Mr. Rogers’ Gewohnheiten in puncto Ordnung und System gesagt habe. Als junger Mann von fünfundzwanzig Jahren und mit beschränkten Mitteln war er in den Ölregionen von Pennsylvania eine Geschäftsbeziehung mit einem anderen jungen Mann eingegangen; die Zeit verstrich, sie trennten sich und verloren einander aus den Augen. Nach Ablauf von zwanzig Jahren kam eines Tages die Visitenkarte dieses Mannes herein, und Mr. Rogers ließ ihn in sein Privatbüro führen. Dem Mann sah man sein Alter an, seinen Kleidern war anzumerken, dass er nicht begütert war, und seine Redeweise und sein Betragen zeigten, dass das Unglück ihn bitter gemacht hatte gegen die Welt und gegen die Schicksalsgöttinnen. Er brachte einen allerdings nur mündlich auf Mr. Rogers gezogenen Wechsel über fünfzehnhundert Dollar mit – einen dreißig Jahre alten Wechsel. Mr. Rogers reichte ihm den Scheck mit den Worten, er könne nicht zulassen, dass der andere einen Verlust erleide, obwohl es fast verdient wäre, denn er habe den Wechsel gefährdet, indem er ihn dreißig Jahre lang nicht vorgelegt habe. Als der Mann gegangen war, sagte Mr. Rogers:
    »Mein Gedächtnis ist besser als seins; ich habe die Summe schon damals bezahlt; und wenn ich das weiß, weiß ich auch, dass ich mir eine Quittung geben ließ, obwohl ich mich an dieses Detail nicht mehr erinnern kann. Um mich zu vergewissern, dass ich nicht unachtsam gewesen bin, werde ich die Quittung suchen lassen.«
    Es dauerte ein, zwei Tage, dann war sie gefunden, und ich sah sie, dann wurde sie wieder an ihren Platz im Archiv zurückgeschickt.
    Es folgt der Bostoner Artikel.
     
    EIN PORTRÄT DES GROSSEN STANDARD-OIL-MILLIONÄRS H. H. ROGERS BEI SEINEM ERSCHEINEN VOR GERICHT IM GEGENWÄRTIGEN GASFALL

    Boston hat die einzigartige Gelegenheit, einen der wohlhabendsten und intelligentesten Männer dieses Landes im Zeugenstand vor Gericht zu erleben,

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