Meine Kuehe sind huebsch, weil sie Blumen fressen
Einsamkeit. Die Jungen zogen alle weg, und ich dachte schon, ich müsse ganz alleine alt werden,
ohne irgendjemandem noch etwas beibringen zu können. Ich hatte das Gefühl, mein Leben sei zu gar nichts nütze. Aber heute
besuchen mich junge Leute aus den Landwirtschaftsschulen. Sobald der Bus ankommt, höre ich ihre Stimmen, und das macht mir
wirklich einen Heidenspaß. Mit den Jungen muss man sich richtig auseinandersetzen:
»Sag mal, Paul, ihr habt euren Kühen Mais gegeben?«
»Um Gottes willen, Kühe fressen Gras. Ihr Magen ist darauf eingerichtet. So wie der Kälbermagen auf Kälbermilch eingestellt
ist.«
»Ja, aber ohne Mais bekommt man doch weniger Milch.«
»Vielleicht haben wir weniger Milch, aber meine Butter, mein Kleiner, schmeckt erstklassig. Und man muss die Milch nicht vorher
›reinigen‹, damit der Geschmack nach Silo und Jauche weggeht! Denn wenn du deiner Kuh Mais gibst, stinkt ihr Dung. Und da
alles miteinander zusammenhängt, nimmt auch ihre Milch einen schlechten Geschmack an. Außerdem sterben Kühe heute sehr früh,
weil sie an Zirrhose eingehen.«
»Ja, aber wir lernen, dass man ihnen Gegenmittel geben kann.«
Da rege ich mich dann richtig auf:
»Aber das ist doch nur ein Geschäft für die Labore und die Industrie. Das ist wie mit der Kuhmilch, die man den Kleinkindern
gibt. Die Muttermilch ist auf jeden Fall besser für sie. Bei den Kälbern erzählt man euch, dass sie ›Korken‹ brauchen (Sojagranulat
in Korkenform). Da weiß man nie genau, was drin ist. Für einen Anbau wie diesen hier braucht man viel Wasser und Erde. Die
Wiesen grünen von selbst.«
Eine Kuh zu ernähren sollte nichts kosten.
Die jungen Leute bewundern in meinen Ställen meine »Lebensklugheit«: Alteisen, Eimer, Batterien, die an jedem Eingang hängen,
denn der Strom kann ja schließlich mal ausfallen. Das ist durchaus möglich, auch wenn man neben einem Kernkraftwerk wohnt.
Kaninchenställe voller wohlgenährter Tiere stehen heute dort, wo früher der Platz der Kälber war. Die Enten patrouillieren
über den Hof und picken das ein oder andere auf, baden in alten Töpfen und Schüsseln voller Wasser. Die Tigerkatzen, die so
groß sind wie ein kastrierter Kater, weil sie von den Schwestern zu viel zu fressen bekommen, stillen ihren Durst an einer
Pfütze. Marie-Jeanne, meine jüngste Schwester, geht mit einem Arm voller Blumen über den Hof, die sie in die kleine Kirche
bringt.
Ein junges Mädchen fragt:
»Wie alt wurde Ihre älteste Kuh, Paul?«
Ich drehe mich um und sehe sie belustigt an:
»Wie viel gibst du denn einer guten Milchkuh, um anständige Milch zu produzieren?«
»Nun, acht Jahre höchstens.«
»Dann ist das eine Kuh, die Mais frisst, und die schlechte Verdauung ist schuld, dass sie frühzeitig altert. Meine Kühe werden
mitunter so alt wie ihr mit euren achtzehn Jahren, dann sind sie sozusagen volljährig, und ich bin sicher, dass sie sogar
noch Kälber bekommen könnten. Ich habe mal gehört, dass Kühe bis zu dreißig Jahre alt werden können.«
Die Jungen feixen in ihrer Ecke. Sie schreiben in ihr Heft: »Pauls Kühe werden achtzehn Jahre alt und sind somit volljährig.«
Ich versuche, ihnen das zu erklären:
»Wenn ihr sie achtet und ihnen kein Sojafutter gebt, dann werden auch eure Kühe so alt werden. Und ihr müsst euch nicht verschulden,
um Futter für sie zu kaufen. Ihr seid nicht mehr von den Amerikanern abhängig. Das ist doch schon was, auf die nicht mehr
angewiesen zu sein.«
»Paul, haben Sie je geraucht?«
»Bestimmte Fragen sind nicht zulässig. Muss ich darauf antworten?«
Ihr Lehrer scherzt:
»Sie sind nicht verpflichtet, das ist ja schließlich kein Verhör.«
»Ja, ich habe geraucht.« Dabei lege ich eine Hand aufs Herz, die andere auf meine Hosentasche, wo ich mein Kreuz, die Medaille
der heiligen Therese und meine Tabletten aufbewahre. »Zwanzig Jahre lang habe ich heimlich geraucht, ich war ein Dummkopf.
Während der Militärzeit gehörten Zigaretten zum Marschgepäck. Da seht ihr mal, wie die Zeiten sich ändern, heute gibt es das
nicht mehr. Ich habe nur draußen auf dem Feld geraucht, heimlich, weder meine Eltern noch meine Schwestern haben es je mitbekommen.
Als ich dann jedoch den Herzanfallhatte, musste ich dem Arzt auf seine Fragen antworten und meine Schwester hat mitgehört. Da habe ich es zugegeben: ›Ja, ich
habe mehr als zwanzig Jahre lang geraucht, und noch dazu Gauloises ohne Filter.‹«
Da
Weitere Kostenlose Bücher