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Meine Kuehe sind huebsch, weil sie Blumen fressen

Meine Kuehe sind huebsch, weil sie Blumen fressen

Titel: Meine Kuehe sind huebsch, weil sie Blumen fressen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Bedel
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hätten sie meine Schwester mal sehen sollen! Aber sie hatte ja recht, auch wenn ich damals schon seit fünfzehn Jahren aufgehört
     hatte. Eine Schachtel am Tag, zwanzig Jahre lang, das hinterlässt schon Spuren!
    Die jungen Leute machen ihre Zigaretten aus.
    »Lasst die Kippen nicht hier, sonst fressen sie die Enten! Und dann rauchen sie vielleicht aus allen Löchern!«
    Doch die Besichtigung ist noch nicht vorüber, und so erzähle ich weiter:
    »Ich war nicht auf der Intellektuellen-Schule, ich bin bei meinen Vorfahren in die Lehre gegangen. Sie haben wenig geredet,
     aber ich habe viel zugesehen. Wenn ich etwas fragte, hieß es: ›Schau erst und frag dann!‹ Ein bisschen wie eine Stute, wenn
     sie sich mit ihrem Fohlen einer gefährlichen Bucht nähert. Dann drängt sie es mit dem Kopf ab.
    Ich habe durchs Zuschauen gelernt. Durch Nachdenken und Zuhören, wenn mein Vater, mein Großvater oder meine Onkel mir die
     Ehre erwiesen und mir etwas erklärten. Ich hätte mich nie getraut, so zu reden wie ihr heute. Man sprach seinen Vater nicht
     an. Das war einfach nicht üblich. Aber damals hatten wir auch noch Zeit, anders als heute. Die Antwort auf deine Fragen fand
     sich schon irgendwann. Dabei wurde man nicht so alt wie die Leute heute. Mit fünfzig warst du fertig, alt. Jetzt bist du erst
     mit achtzig alt. Und es gibt sogar Leute, die hundert werden.«
    Entendaunen schweben durch die Luft und lassen sichauf den Steinen nieder. Die drei Mädchen sammeln sie auf. Ich erzähle weiter:
    »Heute sind die Kopfkissen aus Watte, aus Molton. Damals hat man das, was ihr jetzt in Händen haltet, in die Kissen gestopft.
     Man hatte große, leuchtend rote Kopfkissen und Federbetten. Die waren so leicht, dass man sie gerne über die Füße legte, um
     es warm zu haben. Wir haben nichts gekauft.«
    Eine probiert’s:
    »Aber dann mussten Sie wahrscheinlich ständig niesen. Bestimmt hat das Allergien ausgelöst.«
    Ich schüttle den Kopf:
    »Aber gar nicht. Wenn man auf dem Land aufwächst, ist man gegen nichts allergisch. Man ist sozusagen geimpft.«
    Wir gehen auf den Schuppen zu, in dem der Traktor steht. Ihre Beine sind schon schwer, die Turnschuhe sind nicht zugebunden,
     die Schnürsenkel ziehen sie auf dem Boden nach. Ich steige auf eines der Bänder drauf, damit der Junge es merkt, aber er reagiert
     nicht:
    »Aufgepasst, du wirst gleich hinfallen.«
    »Aber nein, Paul, das ist jetzt so Mode. Wir binden uns die Schnürsenkel nicht mehr.«
    »Das soll wohl Zeit sparen?«
    »Wenn man so will   …«
    »Wenn du früher in Holzpantinen herumgelaufen wärst, dann wüsstest du, wie toll es ist, richtige Schuhe zu haben. Um die Pantinen
     musste man eine Schnur wickeln, damit sie am Fuß hielten. Turnschuhe würde ich auch anziehen, aber nicht so. Das erinnert
     mich ein wenig an die Holzschuhe, die man ständig verlor. Wenn ich mal Geld übrig habe, kaufe ich mir, glaube ich, auch ein
     Paar Turnschuhe.«
    Als die jungen Leute das hören, brechen sie in helles Gelächter aus. Sie meinen, damit würde ich aussehen wie ein Bauer im
     Vorgarten. Einer der Jungs hatte mal einen noch witzigeren Vergleich: Paul Bedel in Turnschuhen, das sähe aus wie ein Pariser,
     der sich ans Fußfischen macht, einer von denen, die aus der Stadt aufs Land »fliehen«. Ein armer Irrer eben! Was haben wir
     gelacht!
    Aber weiter mit dem Rundgang.
    Wenn ich sie in den Schuppen mitnehme, in dem mein Traktor steht, halten alle die Luft an. Man möchte meinen, die jungen Leute
     betreten eine Kirche.
    Um ihnen eine Freude zu machen, lasse ich ihn an und fahre damit auf den Hof. Die Jungs fotografieren und sehen sich den einfachen
     Motor genauer an. Sie streichen mit der Hand über den Traktor, tätscheln seine Flanken. Ja, das ist echte Mechanik. Natürlich
     steigen sie auch auf.
    »Was kostet so ein Traktor?«
    »Der hat mal fünfhunderttausend Francs gekostet, aber in alter Währung.«
    »Und wie schnell fährt er?«
    »Fünfzehn Stundenkilometer im Vorwärts- und Rückwärtsgang! Im zweiten neun Stundenkilometer, im ersten einen.«
    »War er schon mal kaputt?«
    »Zum ersten Mal im Juli 2006, auf dem Magdalenenfest, als man mich gebeten hatte, ›Pauls Streitwagen‹ zu bringen. Auf der
     Rückfahrt gab die Kupplung den Geist auf. Der Mechaniker hat Monate gebraucht, um ihn wieder in Ordnung zu bringen. Das war
     das einzige Mal, dass ich ihn nicht selbst repariert habe.«
    Ich stelle den jungen Leuten immer gern eine Frage, vorzugsweise

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