Meine kurze Geschichte (German Edition)
Schwarze Löcher begann 1970, einige Tage nach der Geburt meiner Tochter Lucy, mit einem Aha-Erlebnis. Während ich zu Bett ging, wurde mir klar, dass ich die Kausalstruktur-Theorie, die ich für Singularitätstheoreme entwickelt hatte, auf Schwarze Löcher anwenden konnte. Vor allem könnte die Fläche des Horizontes, der Grenze des Schwarzen Lochs, nur zunehmen. Wenn zwei Schwarze Löcher zusammenstoßen und miteinander verschmelzen, ist die Fläche des resultierenden Schwarzen Lochs größer als die Summe der Flächen der ursprünglichen Schwarzen Löcher. Diese und andere Eigenschaften, die Jim Bardeen, Brandon Carter und ich entdeckten, ließen darauf schließen, dass die Fläche so etwas wie die Entropie eines Schwarzen Lochs war. Damit wäre sie ein Maß für die Anzahl der Zustände, die ein Schwarzes Loch in seinem Inneren bei gleichem äußeren Erscheinungsbild haben konnte. Doch die Fläche konnte nicht wirklich die Entropie sein, weil ein Schwarzes Loch, wenn es Entropie hätte, auch Temperatur besitzen und wie ein heißer Körper glühen würde. Alle waren davon überzeugt, dass Schwarze Löcher vollkommen schwarz sind und weder Licht noch etwas anderes emittieren.
Es folgte eine aufregende Zeit, die ihren Höhepunkt 1972 in der Summer School von Les Houches fand, bei der wir die meisten wichtigen theoretischen Probleme Schwarzer Löcher lösten. Vor allem bewiesen David Robinson und ich das Keine-Haare-Theorem, nach dem ein Schwarzes Loch seine Entwicklung in einem Zustand beendet, der nur durch zwei Zahlen charakterisiert ist, die Masse und die Rotation. Das legte abermals den Schluss nahe, dass Schwarze Löcher eine Entropie hatten, weil viele verschiedene Sterne zu Schwarzen Löchern von gleicher Masse und gleichem Drehimpuls zusammenstürzen konnten.
Diese ganze Theorie wurde entwickelt, bevor es irgendwelche Beobachtungsdaten von Schwarzen Löchern gab, was zeigt, dass Feynman unrecht hatte, als er behauptete, ein aktives Forschungsfeld müsse durch experimentelle Ergebnisse vorangetrieben werden. Das einzige Problem, das sich nicht lösen ließ, war der Beweis der Hypothese von der kosmischen Zensur, wenn auch eine Anzahl von Versuchen, sie zu widerlegen, fehlschlug. Sie ist von grundlegender Bedeutung für alle Arbeiten über Schwarze Löcher, daher habe ich ein ganz persönliches Interesse daran, dass sie richtig ist. Aus diesem Grund habe ich mit Kip Thorne und John Preskill eine Wette über die Lösung dieses Problems abgeschlossen. Ich kann diese Wette schwerlich gewinnen, aber durchaus verlieren, nämlich in dem Augenblick, da jemand ein Gegenbeispiel mit einer nackten Singularität entdeckt.
Tatsächlich hatte ich eine frühere Version der Wette verloren, weil ich nicht sorgfältig genug auf den Wortlaut geachtet hatte. Allerdings fanden Thorne und Preskill das T-Shirt, das ich ihnen zur Begleichung meiner Wettschuld gab, überhaupt nicht lustig.
UNSERE ARBEIT über die klassische allgemeine Relativitätstheorie war so erfolgreich, dass ich 1973, nach der Veröffentlichung von «The large scale structure of space-time» einen Anflug von Beschäftigungslosigkeit verspürte. Penrose und ich hatten gezeigt, dass die allgemeine Relativitätstheorie an Singularitäten nicht mehr gültig war. Folglich ergab sich der nächste Schritt eigentlich von selbst: Die Verbindung von allgemeiner Relativitätstheorie, der Theorie des sehr Großen, mit der Quantentheorie, der Theorie des sehr Kleinen. Ich war in der Quantentheorie wenig bewandert, und das Singularitätsproblem erschien damals zu schwierig, um es direkt anzugehen. Als Aufwärmübung diente mir deshalb die Frage, wie sich Teilchen und Felder, die Quantengesetzen gehorchen, in der Nähe eines Schwarzen Lochs verhalten. Insbesondere fragte ich mich, ob es Atome geben könnte, deren Kern ein winziges primordiales Schwarzes Loch ist, das sich im frühen Universum bildete?
Kosmologischer Humor, Teil eins: Das ließ ich auf ein T-Shirt drucken, um eine Wette einzulösen. («Die Natur verabscheut eine nackte Singularität»)
Um diese Frage zu beantworten, untersuchte ich die Streuung von Quantenfeldern an einem Schwarzen Loch. Ich erwartete, dass ein Teil der eintreffenden Welle absorbiert und der andere Teil gestreut würde. Doch zu meiner großen Überraschung stellte ich fest, dass es eine Emission vom Schwarzen Loch zu geben schien. Zunächst hielt ich sie für einen Rechenfehler. Allerdings ergab sich dann ein Umstand, der mich doch zu
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