Meine kurze Geschichte (German Edition)
akademischer Aufmerksamkeit meinerseits.
Unser Haus in Pasadena
Unsere beiden Kinder Robert und Lucy – Tim war noch nicht geboren – fühlten sich sehr wohl in Kalifornien. Weil man in der Schule, die sie dort besuchten, Angst vor Entführungen hatte, konnten wir sie nicht einfach vor der Schule abholen, sondern mussten um den Block herumfahren und einzeln ans Tor kommen. Dann wurden die betreffenden Kinder mit dem Megaphon aufgerufen. So etwas hatte ich noch nie erlebt.
Jane, Lucy, Robert und ich zu Hause in Pasadena
Jane, Lucy, Robert und ich zu Hause in Pasadena
Im Haus gab es einen Farbfernseher. In England hatten wir nur ein Schwarzweißgerät, das meist kaputt war. Deshalb guckten wir viel fern, meistens britische Serien wie «Das Haus am Eaton Place» und «Der Aufstieg des Menschen». Wir hatten gerade die Folge darüber gesehen, wie Galilei vom Vatikan der Prozess gemacht und zu lebenslangem Hausarrest verurteilt wird, als ich erfuhr, dass mir die Päpstliche Akademie der Wissenschaften die Pius-XI.-Medaille verliehen hatte. Zunächst war ich versucht, die Auszeichnung empört abzulehnen, doch dann musste ich zugeben, dass der Vatikan ja am Ende doch seine Auffassung über Galilei geändert hatte. Also flog ich nach England, wo ich mich mit meinen Eltern traf, die mich nach Rom begleiteten. Während der Besichtigung des Vatikans bestand ich darauf, dass man mir in der Bibliothek die Protokolle des Prozesses gegen Galilei zeigte.
Bei der Verleihungszeremonie stieg Papst Paul VI. von seinem Thron herab und kniete an meiner Seite nieder. Nach der Feierstunde traf ich mit Paul Dirac zusammen, einem der Väter der Quantentheorie. Ich hatte nie mit ihm gesprochen, als er Professor in Cambridge war, weil ich mich damals nicht für Quantenprobleme interessiert hatte. Er habe ursprünglich einen anderen Kandidaten für die Medaille vorgeschlagen, erzählte er mir, sei aber schließlich zu dem Schluss gekommen, ich sei besser geeignet, und habe der Akademie geraten, mich auszuzeichnen.
AM Physik-Department des Caltech waren damals die Nobelpreisträger Richard Feynman und Murray Gell-Mann die großen Stars, und es herrschte eine heftige Rivalität zwischen ihnen. In der ersten Sitzung seines wöchentlichen Seminars sagte Gell-Mann: «Ich werde einige Referate wiederholen, die ich im letzten Jahr gehalten habe», woraufhin Feynman aufstand und hinausging. Als sich die Tür hinter ihm geschlossen hatte, sagte Gell-Mann: «Jetzt, wo er weg ist, kann ich Ihnen ja sagen, worüber ich wirklich sprechen möchte.»
Es war eine aufregende Zeit in der Teilchenphysik. Gerade waren in Stanford neue «Charm-Teilchen» entdeckt worden – eine Entdeckung, die zur Bestätigung von Gell-Manns Theorie beitrug, nach der Protonen und Neutronen aus drei noch fundamentaleren Teilchen bestehen, den Quarks.
Während meines Aufenthalts am Caltech wettete ich mit Kip Thorne, dass der Doppelstern Cygnus X-1 kein Schwarzes Loch enthalte. Cygnus X-1 ist eine Röntgenquelle, in der ein normaler Stern seine äußere Hülle an einen unsichtbaren kompakten Begleitstern verliert. Während die Materie auf den Begleitstern zustürzt, gerät sie in eine Spiralbewegung, erhitzt sich extrem und emittiert Röntgenstrahlen. Ich hoffte, diese Wette zu verlieren, weil ich natürlich viel Arbeit in die Erforschung Schwarzer Löcher investiert hatte. Aber falls bewiesen werden sollte, dass es keine gab, hatte ich zumindest den Trost, ein Vier-Jahres-Abonnement der Zeitschrift Private Eye zu gewinnen. Wenn andererseits Kip gewann, sollte er ein Jahresabonnement für das Magazin Penthouse erhalten. In den Jahren nach der Wette wurden die Belege für Schwarze Löcher so überzeugend, dass ich meine Niederlage eingestand und Kip das Penthouse -Abonnement zukommen ließ – sehr zum Missfallen seiner Frau.
WÄHREND meiner Zeit in Kalifornien arbeitete ich mit dem Caltech-Doktoranden Don Page zusammen. Don war in einem Dorf in Alaska geboren und aufgewachsen, in dem seine Eltern Lehrer und alle drei die einzigen Nicht-Eskimos waren. Er war ein evangelikaler Christ und bemühte sich nach Kräften, mich zu bekehren, als er später in Cambridge bei uns wohnte. Beim Frühstück las er mir Geschichten aus der Bibel vor, ich aber sagte ihm, mir sei die Bibel noch aus meiner mallorquinischen Zeit bekannt, außerdem habe mein Vater uns oft aus der Bibel vorgelesen. (Mein Vater war nicht gläubig, hielt die King-James-Bibel aber für ein kulturell
Weitere Kostenlose Bücher