Meine kurze Geschichte (German Edition)
der Überzeugung brachte, dass die Emission real sei: Sie wies genau die Eigenschaften auf, die erforderlich waren, um die Fläche des Horizonts mit der Entropie eines Schwarzen Lochs gleichzusetzen. Zusammengefasst ist diese Erkenntnis in einer einfachen Formel:
wobei S die Entropie und A die Größe der Horizontfläche ist. Außerdem enthält der Ausdruck drei Fundamentalkonstanten der Natur: c, die Lichtgeschwindigkeit; G, Newtons Gravitationskonstante; und ħ (gesprochen: h-quer), das Planck’sche Wirkungsquantum. Die Formel zeigt, dass es eine tiefe und bis dahin unvermutete Beziehung zwischen der Gravitation und der Thermodynamik, der Wärmelehre, gibt.
Da die Strahlung dem Schwarzen Loch Energie entzieht, wird es an Masse verlieren und schrumpfen. Schließlich, so hatte es den Anschein, wird das Schwarze Loch vollständig verdunsten und verschwinden. Damit ergab sich ein Problem von zentraler physikalischer Bedeutung. Meine Berechnung ließ darauf schließen, dass die Strahlung thermisch und zufällig war – was exakt der Fall sein muss, wenn die Fläche des Horizonts die Entropie des Schwarzen Lochs sein soll. Wie konnte also die zurückbleibende Strahlung die ganze Information über die Beschaffenheit des Schwarzen Lochs enthalten? Der Verlust von Information ist jedoch mit der Quantenmechanik unvereinbar.
Über dieses Paradox stritt man dreißig Jahre lang, ohne große Fortschritte zu erzielen, bis ich, wie ich glaube, die Lösung fand. Die Information geht nicht verloren, sondern wird nur nicht in brauchbarer Weise zurückerstattet. Es ist so, als würden Sie eine Enzyklopädie verbrennen: Streng genommen geht die in ihr enthaltene Information nicht verloren, wenn Sie allen Rauch und alle Asche sorgfältig aufheben, aber sie lässt sich sehr schwer lesen.
Tatsächlich haben Kip Thorne und ich eine Wette mit John Preskill über das Informationsparadox abgeschlossen. Als John die Wette gewann, gab ich ihm eine Baseball-Enzyklopädie, aber vielleicht hätte ich ihm lieber ihre Asche überreichen sollen.
In Anbetracht dessen, dass Stephen Hawking und Kip Thorne der festen Überzeugung sind, dass die Information, die von einem Schwarzen Loch verschlungen wird, dem äußeren Universum ewig verborgen bleibt und nie wieder zum Vorschein kommt, selbst wenn das Schwarze Loch verdunstet und verschwindet,
und in Anbetracht dessen, dass John Preskill der festen Überzeugung ist, dass in der korrekten Theorie der Quantengravitation ein Mechanismus zu finden sein wird, der die Information aus dem verdunstenden Schwarzen Loch freisetzt,
wird von Preskill eine Wette angeboten und von Hawking/Thorne akzeptiert, die besagt:
Wenn ein anfänglicher reiner Quantenzustand infolge eines Gravitationskollapses zu einem Schwarzen Loch zusammenstürzt, wird der Endzustand nach der Verdunstung des Schwarzen Lochs immer ein reiner Quantenzustand sein.
Der (die) Verlierer wird (werden) dem (den) Gewinner(n) eine Enzyklopädie nach Wahl schenken, von der Information nach Bedarf abgerufen werden kann.
Kosmologie-Humor, Teil zwei: eine Wette mit John Preskill
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CALTECH
1974 wurde ich in die Royal Society gewählt. Die Wahl überraschte meine Kollegen im Fachbereich, weil ich jung und ein einfacher wissenschaftlicher Mitarbeiter war. Doch binnen drei Jahren wurde ich zum Professor befördert.
Nach meiner Berufung verfiel Jane in eine Depression, weil sie glaubte, ich hätte alle meine Ziele erreicht, und nun könne es nur noch abwärtsgehen. Ihr Zustand verbesserte sich etwas, als mein Freund Kip Thorne uns und eine Reihe anderer Forscher, die auf dem Gebiet der allgemeinen Relativitätstheorie arbeiteten, an das California Institute of Technology (Caltech) einlud.
In den letzten vier Jahren hatte ich einen manuellen Rollstuhl verwendet und ein blaues elektrisches Dreirad, das die Geschwindigkeit eines langsamen Radfahrers erreichte. Manchmal beförderte ich damit gesetzeswidrig Passagiere. In Kalifornien wohnten wir unweit des Campus in einem Haus, das dem Caltech gehörte und im Kolonialstil erbaut worden war. Dort benutzte ich zum ersten Mal einen elektrischen Rollstuhl, der mir ein hohes Maß an Unabhängigkeit verschaffte, zumal in den Vereinigten Staaten Gebäude und Gehwege weitaus behindertengerechter sind als in Großbritannien. Außerdem wohnte einer meiner Doktoranden bei uns. Er half mir beim Aufstehen, Zu-Bett-Gehen und Essen, dafür konnte er bei uns wohnen und erhielt eine Menge
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