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Meine Mutter, die Gräfin

Meine Mutter, die Gräfin

Titel: Meine Mutter, die Gräfin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yvonne Hirdman
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Weihnachtsbaum, jedoch mit einer Flasche Whiskey und Geschichten, die sie und Heini sich gegenseitig in ihrem kleinen Zimmer erzählten.

    Eineinhalb Jahre lebten sie ihr kommunistisches Emigrantenleben in Zürich, wie so viele Flüchtlinge vor ihnen – zum Beispiel Lenin. Das Leben gewann trotz allem eine gewisse Normalität, mit Theaterbesuchen, einer Reise nach Paris, um Tania zu sehen, die dorthin gezogen war – ah! Großstadtluft! – Der neue Freundeskreis setzte sich vor allem aus Mitarbeitern der RUNA und der Rundschau zusammen, von den meisten kenne ich die Namen, weil sie sorgfältig in der Kaderakte über Kurella und in der Akte über Charlotte Stenbock-Fermor verzeichnet sind, die mein Bruder Sven erhielt, als er noch Botschafter in Moskau war. Sie waren auch bei der Schweizer Polizei aktenkundig. Zu den Freunden zählte natürlich die Familie Kirschbaum samt ihrer ganzen Töchterschar, darunter vor allem Sophie, die später auch nach Moskau kommen und für Heini arbeiten wird. Dann der Schriftsteller und Redakteur Theo Pinkus mit seiner Amalie, einer waschechten Kommunistin mit schnurgeraden Haaren und ungeschminktem Gesicht, einem glasklaren Blick, einer natürlichen Schlichtheit, die Lederjacken trug, ferner der Philosoph Ernst Bloch und seine junge Frau Karola Piotrkowska – die kannten sie schon seit ihrer Zeit in Berlin –,
ja, und dann waren da Fritz und Lissy Eichenwald, Aladár und Irén Komját, ebenfalls Freunde aus Berlin, Els und Erni Acher (der Arzt), Maud (Ethel) Parlow Hutgingsson und Marka Parlow – Mutter und Tochter, die sich um die englische Abteilung der RUNA kümmerten, sowie Jenny Humbert-Droz, Peter Winz u.a.
    Vielen dieser Freunde sollte das Schicksal nicht wohlgesonnen sein; ihre Namen sollten später in der Kaderakte über Kurella mehrfach unterstrichen werden: Humbert-Droz, Pinkus, Eichenwald, der Autor Bernard von Brentano. Trotzkisten nannte man sie, »Versöhnler« wurden sie gescholten. Verräter und Naziagenten … das galt vor allem für das Paar, das zu ihren neuen Freunden werden sollte: die Neumanns.
    Heinz und Grete
    Zürich ist der Ort, an dem aus den ehemaligen Antagonisten Heinrich Kurella und Heinz Neumann enge Freunde werden sollten – richtig enge Freunde. Mit tödlichem Ausgang.
    Grete hatte Heinz Neumann 1929 kennengelernt – Schöner Geschmack! –, als er an der KPD -Spitze stand. Er hatte, seit er Anfang zwanzig war, dem linken Flügel der Partei angehört, musste schon 1923 fliehen und kam 1925 in die Sowjetunion; er kannte sie alle und sprach wie Kurella fließend Russisch. Neumann wurde der KPD -Vertreter der Komintern und war als solcher verantwortlich für die Bolschewisierung der nationalen kommunistischen Parteien, was bedeutete, dass sie sich in erster Linie als Teil der Komintern bzw. der Sowjetunion verstanden und erst in zweiter Linie als nationale Parteien.
    1927 setzte er sich gemeinsam mit Besso Lominadse für die Linie der Komintern in China ein und organisierte mit ihm im Dezember 1927 einen Aufstand in Guangzhou, bei dem mindestens 25 000 chinesische Kommunisten umkamen.
    Es war demnach ein gerissener Kominternagent, der 1928 in seine Geburtsstadt Berlin zurückkehrte und dort an der Seite von Ernst Thälmann und Hermann Remmele der wichtigste Politiker der KPD wurde. Neumann wurde Chefideologe der Partei und Chefredakteur der Roten Fahne . Und man beachte: Er war erst sechsundzwanzig, als er zurückkam. Ein Jüngling, der im Alter von achtundzwanzig Jahren in den Reichstag gewählt wurde. Neumann, Thälmann und Remmele bildeten also die Troika, die die ultralinke Linie der Komintern durchsetzen sollte: einen entschiedenen Kampf gegen die Sozialfaschisten (= Sozialdemokraten) zu führen, während die Nationalsozialisten in Ruhe gelassen wurden und sich mehr und mehr ausbreiten konnten.
    Als Heinrich Kurella von Gretes neuer Liebe erfuhr und verachtungsvoll ausspuckte – Schöner Geschmack! – äußerte er sich nicht nur als ihr guter Freund, sondern vielmehr auch – wie wir gesehen haben – als Opponent der Kominternlinie von 1928 – war er doch ein »Versöhnler«. Mit anderen Worten handelte es sich bei ihnen ideologisch gesehen um erbitterte Feinde.
    Aber Neumann zweifelte allmählich an der neuen Taktik – was ihm damals noch nicht zum Verhängnis wurde. Und er kannte Stalin, kannte die Parteispitzen drüben in Moskau. Neumann begann, auf eigene Faust zu agieren. Mit Schlagt die Faschisten, wo ihr sie trefft! glaubte er bei

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