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Meine Mutter, die Gräfin

Meine Mutter, die Gräfin

Titel: Meine Mutter, die Gräfin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yvonne Hirdman
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– unglückliche Liebesgeschichte zu ihr beendet. Im Februar 1933 sei er nach Berlin zurückgekehrt, und während der Razzia sei er in der Wohnung von Kurella gewesen, um die sich gerade eine schöne, große, blonde Schauspielerin gekümmert habe. Sie hätten beide einen Morgen
rock um ihre nackten Körper geworfen und die SA -Männer empfangen, die als Polizisten verkleidet an der Tür Sturm geklingelt und nach Kurella gefragt hätten – Kurella sei verreist, habe die blonde, arisch schöne Schauspielerin geantwortet und die SA -Männer verwirrt – dann hätten sie sich an Stenbock gewandt und ihn gemustert, sie hätten ihn aber nicht verhaftet. Dafür hätten sie Kurellas »schöne Bibliothek« mit marxistischer Literatur mitgenommen, und Stenbock habe verfolgt, wie sie sie mitten in der Künstlerkolonie auf dem Laubenheimer Platz in einem großen Bücherhaufen verbrannten, und er habe auch gesehen, wie Schriftsteller, Schauspieler, Musiker u.a. haufenweise in Lastwagen abtransportiert worden seien und man sie unter Waffenandrohung gezwungen hätte, mit erhobenen Händen das Horst-Wessel-Lied zu singen.
    Flucht – Emigration – Zürich
    Sie waren am 3. März geflohen.

    Ein Telefon läutet. Sie kann nicht verstehen, was er sagt, weil er so leise spricht. Er legt den Hörer auf und kommt zu ihr:
    Charlotte, Liebling. Du musst fahren, sofort. Pack einen Koffer, mehr kannst du nicht mitnehmen. Den Rest können wir bei Tania lassen.
    Muss ich wirklich? Bist du dir sicher? Überreagierst du nicht? Es wird schwer werden, das den Leuten im Büro zu erklären, wo ich doch gerade erst weggewesen bin …
    Lottchen, vertrau mir. Du musst.
    Aber … kann ich denn nicht einfach nach Leipzig fahren? Zu meinen Eltern? Bis wir Gewissheit haben?
    Wir haben schon Gewissheit. In zwei Stunden fährt ein Zug. Zieh dich hübsch an.
    Und du, Heini? Bist du sicher, dass du nicht mit mir zusammen fahren kannst?
    Ganz sicher, Liebling. Ich komme anders rüber – am besten, du weißt nichts davon.

    Sie ging nach Zürich – wie so viele Kommunisten vor ihr. Es geschah von heute auf morgen, sodass die Bücher, Fotos, Briefe und der Kleinkram, den sie nicht mitnehmen konnte, bei Tania blieben: »Im besten Fall lernt man daraus, dass es keinen Sinn macht, mehr zu besitzen, als man tatsächlich braucht.«
    Er dagegen – wenn ich Irén Komját glauben darf, die das in ihrem Buch über die Inprekorr erwähnt – floh auf Skiern über die Grenze. Noch hat die ganze Geschichte etwas von einem Abenteuerbuch für Jungs …
    Von heute auf morgen. Am 5. März schreibt sie ihren ersten Brief aus der Emigration nach Leipzig; wie hätte sie da ahnen können, dass sie ihre Eltern nur noch ein einziges Mal wiedersehen würde (ihre Mutter 1934, ihren Vater 1937) und dass das Deutschland, das sie nach dem Krieg vorfinden wird, in Trümmern liegt?

    »Die letzte Woche war sehr bunt und aufregend, und unser Entschluss kam sehr plötzlich. Vorläufig bin ich hier noch allein, wenn alles gut geht, ist Heini ab Mitte nächster Woche auch da. Bis dahin muss ich mich leider aufs Warten verlegen, was natürlich ausgesprochen unangenehm ist.
     Dass ich so eine Ausflucht gebrauchen musste, war mir ausgesprochen unangenehm, aber ich konnte nicht noch einmal krank werden. Man hätte es mir nicht geglaubt.
     Bis Ende des Monats bleibt wahrscheinlich Alexander in unserer Wohnung. Er hat überhaupt kein Geld mehr und will versuchen, jetzt noch irgendwelche Verbindungen zu knüpfen. Das ist natürlich ausgerechnet zu diesem Zeitpunkt sehr schwer. Heute sind die Wahlen. Was wird
dabei herauskommen, und was geschieht jetzt bei Euch und in Berlin? Ich bin sehr beunruhigt und in Sorge, und es ist scheußlich, so zur Untätigkeit verdammt zu sein.«

    Heinrich war demnach noch nicht eingetroffen, und da sitzt sie nun – Wo? In einem Hotelzimmer? Bei Genossen aus der Schweiz? In einer Pension? – ohne einen Pfennig Geld, ohne Nachrichten, ohne Arbeit – aus dem Büro ist ein erboster Brief gekommen, dass sie noch bis zum Ende ihrer Kündigungszeit arbeiten müsse – und sie bittet Emilie, ihre Arbeitgeber anzulügen, damit sie noch ihren restlichen Lohn erhält (den bekommt sie auch, zusammen mit einem schönen Empfehlungsschreiben) –, ja, da also sitzt sie nun, ohne zu wissen, wie lange sie beide dort bleiben werden oder was um Himmels willen passieren wird. Und falls sie den unbändigen Traum gehegt haben sollte, dass die Wahlen am 5. März ihre Rückkehr

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