Meine Philosophie lebendiger Gaerten
erscheint sie früher. Sie kam ohne Hut, in Pink - very pink . Farblich ein interessanter Kontrast zu unserem Staudengarten mit viel Blau, Rittersporn und Glockenblumen. Vier Stunden hatten wir auf sie gewartet, und ich hatte schon ziemlich viel Champagner getrunken. Das mache ich nicht täglich, aber dort ist das so üblich. Und wir hatten zweiundfünfzig Stunden nicht geschlafen, weil wir bis zur Eröffnung ohne Unterlass nur gepflanzt hatten.
Plötzlich kam die Queen auf mich zu, und da wusste ich nicht mehr, wie ich sie ansprechen sollte. Auf der Chelsea Flower Show schüttelt man die Hand, die die Queen mit Handschuhen
verhüllt, da macht man keinen Knicks. Zuerst sagt man »Your Majesty«, danach nur noch »Ma’am«.
Also: »Ma’am.«
Mehr habe ich nicht geschafft.
Sie fragte: »Can you tell me something about your garden?« Ob ich ihr etwas über meinen Garten sagen könne? - Ich war sprachlos. »Nein, aber sie kann es«, mehr ging nicht - und ich zeigte auf Isabelle Van Groeningen, die ihr dann alle Details erklärte. Die Queen war begeistert und blieb länger als geplant. Die königlichen Löcher ihres Sohnes waren zu diesem Zeitpunkt bereits beseitigt und vergessen.
Dann war der Moment für die geladene Öffentlichkeit gekommen, für jene zwanzigtausend Royal Gala Tickets, an die niemand rankommt. Die Sponsoren, die ganze Pakete dieser Vierhundert-Euro-Karten ordern und ihre Kunden einladen, pflegen auf diese Weise nicht nur ihr Image und polieren ihren Marketingauftritt, sie bringen auch Menschen zusammen, die wissen, dass sie etwas ganz Besonderes verbindet: ein Event, den ich als etwas ganz Weiches empfinde, schön und harmonisch anzusehen, wie die Gäste, die mit ihrem Champagnerglas durch die Gärten flanieren.
Jetzt kommt die Prominenz aus Politik, Wirtschaft, Fernsehen, Film oder Show, alles läuft hier durch, jeder ist gleich, ob Bob Geldof oder Tina Turner, Madonna oder Beatle Ringo Starr, Helena Bonham Carter oder Victoria und David Beckham oder Rod Stewart, über den es auf seiner Fanseite einmal hieß: »Rod ehrte mit seiner Anwesenheit am Stand des Rosengärtners Peter Beales die Präsentation einer neuen Buschrose
namens Highgrove.« Das würde man in Deutschland wohl noch einem Volksmusiker zutrauen (oder durchgehen lassen), aber gewiss nicht einem Rocker, Punker, Hip-Hopper oder einer Toten Hose. Es ist schon sehr ausgeflippt, was in England seinen Weg in die Gartenwelt findet.
Das Geheimnis des Senkgartens
Nur am Abend der Eröffnung, während der Royal Gala, ist es erlaubt, in die Gärten hineinzugehen, nur an diesem königlichen Abend. Sonst können die Besucher lediglich an den beiden Längsseiten entlangspazieren und von dort in den jeweiligen Garten hineinschauen. 1998 hatte Chanel einmal einen von Meister Karl Lagerfeld »gestalteten« Garten gesponsert. Vielleicht wusste der Modedesigner, der zeit seines Lebens doch mehr mit Textilien als mit Pflanzen gearbeitet hatte, nichts von diesen Ausstellungsbedingungen, jedenfalls war rings um den Chanel-Garten eine riesige hohe Hecke gepflanzt. Es gab gerade mal zwei schmale Einblicke, sodass von den Tausenden Besuchern so gut wie keiner auch nur einen flüchtigen Blick in den Garten werfen konnte. Dem neugierigen Betrachter bot sich eine grüne Hecke als sichtschützende, für Blicke undurchlässige Wand, gleich dem Schallschutz an einer Autobahn, sodass das Lagerfeldsche Werk - wegen Ausschluss der neugierigen Öffentlichkeit - kurz vor der Disqualifikation stand.
Je mehr Übersicht und Einsicht ein Garten in Chelsea bietet, umso mehr kann man ihn auch mit den Besuchern teilen.
Das war uns sehr wichtig, und so erwies sich das Konzept des Senkgartens als ganz besonders vorteilhaft: Er liegt tiefer und kann daher von draußen nur von zwei Seiten, einer langen und einer kurzen, eingesehen werden. An der zweiten Längsseite treffen sich die jeweiligen Nachbargärten, ohne Durchgang.
Zwar beanspruchten wir von Anfang an, einen deutschen Garten anzulegen, aber was war nun wirklich deutsch an unserem Werk? Altmeister Karl Foerster, der Deutsche aus Berlin und Potsdam-Bornim, ist in England fast besser bekannt als in seiner Heimat. Er, der Staudenzüchter, als der er vor allem auf die Neugier der englischen Gärtner stößt, hatte den Senkgarten weiterentwickelt und ein Musterexemplar in Bornim mit einer Größe von gut elfhundert Quadratmetern gebaut. Diese Anlage ist restauriert worden und heute für Besucher geöffnet.
Wer sich
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