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Meine Philosophie lebendiger Gaerten

Meine Philosophie lebendiger Gaerten

Titel: Meine Philosophie lebendiger Gaerten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriella Pape
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nämlich mit der Frage, warum die Engländer eigentlich einen deutschen Garten haben wollen oder sich zumindest so offen dafür zeigen - ganz gleichgültig, was nun im Detail daran eigentlich deutsch ist. Sie waren begierig auf etwas Neues. Andere fragten sich eher irritiert bis ablehnend: Was macht Frau Pape mit einem deutschen Garten auf der Insel, in dem Land, in dem sie seit über zwanzig Jahren lebt und erfolgreich in ihrem Beruf arbeitet - sie hätte sich doch auch etwas ganz anderes einfallen lassen können. Nicht wenige Kollegen waren der Meinung, ich hätte nicht alle Tassen im Schrank, ruinierte mir mit einer solchen Unternehmung meine Karriere, weil ein deutscher Garten nicht unbedingt der Hit sei und in England ohnehin kaum ankommen könne. So mancher fürchtete also, oder hoffte vielleicht im Geheimen, es könnte leicht danebengehen. Wenn die Pape einen deutschen Garten zur Chelsea Flower Show bringt, könne sie danach ihre Bude
zumachen - gemeint war mein englisches Gartendesignstudio LANDART.
    Doch dann war da etwas ganz Liebliches, etwas geradezu Verwunschenes entstanden, ein Garten, der nicht nur bei prominenten britischen Gartendesignern ganz oben auf der Liste der sehenswerten Gärten stand und schließlich mit einem Preis bedacht wurde, einer Silver Gilt - für mich persönlich ein berufliches Highlight, eine große Ehre und ein Beleg dafür, dass die deutsche Gartenkultur lebt, im Ausland gehört und geachtet wird und in jedem Fall etwas zu sagen hat. Von Deutschtümelei war und bin ich weit entfernt. Globaler Weitblick geht für mich schon immer vor kleinteiliger Beschränktheit, meine Bewunderung gilt länger als ein halbes Leben lang der englischen Mentalität und dabei auch der Art der Menschen hier, mit dem Herzen zu gärtnern. Doch erstmals bot sich die Gelegenheit, den Engländern zu zeigen, was sich in ihrem Gartenuniversum ereignen kann, wenn sie diese deutsche Kopflastigkeit des Gärtnerns hereinlassen. Denn Sachlichkeit scheint dem englischen Gärtnern zunächst zu widersprechen. Der Engländer pflanzt seine Pflanzen dort, wo er damit glücklich ist. Er will sich daran erfreuen und bestimmt dafür auch den Ort. Sein Herz gibt ihm die Richtung vor und ist ihm Antriebsfeder. Des Deutschen Sachlichkeit und Nüchternheit lässt Pflanzen hingegen dort wachsen und gedeihen, wo die Pflanzen auf ihre Kosten kommen, wo die Pflanzen gedeihen, wo die Pflanzen glücklich sind. Nicht der Gärtner bestimmt nach seinem Glücksgefühl die Lage, er richtet sich vielmehr nach der Pflanze, die ihm sagt, wo sie
hin will, wo sie gut anwächst und wo sie die schönsten Blüten hervorbringt. In Deutschland bestimmt die Pflanze den Ort. Dieser ökologische Hintergedanke findet in England ganz allmählich seine Anhänger. So hätte mein Garten in Chelsea auch das Motto tragen können: Wo Kopf und Herz sich treffen. Das war mein Programm, das sollte meine Botschaft sein. Karl Foerster war es, der alle möglichen Pflanzen irgendwo hingesetzt hat, auch wenn sie da gar nicht sein wollten - denn er hat so lange gezüchtet und experimentiert, versucht und ausprobiert, bis die Pflanzen schließlich an diesem Standort auch glücklich wurden. Auf diese Weise befähigte er seine Schützlinge, sogar im Sandboden zu leben. In der »Streusandbüchse des Heiligen Römischen Reiches«, der Mark Brandenburg, suchte er zudem aus der Natur die Pflanzen heraus, die da auch sein wollen, die solche Böden und klimatischen Bedingungen mögen. Dieser Ansatz, diese Art des Umgangs mit Pflanzen galt immer als sehr deutsch, und was sich daraus entwickelt hat, sind bezaubernde, romantische Gärten. Wir freuen uns über alles, was an den verschiedensten Orten wachsen will. Dass es in der Sandwüste um die Botanik nicht gut bestellt ist, muss man akzeptieren. Die einen leben damit, die anderen kümmern sich nicht weiter darum, wiederum andere versuchen das zu ändern. In Karl Foersters Gärten und folglich auch bei den an ihm orientierten Pflanzungen, die in zwei Bereichen unseres Chelsea-Gartens entdeckt werden konnten, waren die Pflanzen sehr wohl aufeinander und ökologisch abgestimmt: Wir zeigten diese neue deutsche Bewegung im Garten und wir versuchten, einen Eindruck davon
zu vermitteln, wie die Natur selbst die Pflanzen und ihren Standort sehen würde. Hilft man dem Boden ein bisschen nach, dann entsteht eine Symbiose aus deutscher Sachlichkeit und Präriepflanzung, angereichert durch das große Angebot von Pflanzen aus der ganzen

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