Meine Philosophie lebendiger Gaerten
Beständen färbt sie im Frühling die Böden ganzer britischer Wälder blau.
Bald kommt der Moment, in dem man spürt, wie sich vor das blaue Dach des Himmels das grüne Dach der Bäume schiebt. Ganz allmählich gibt es für die Pflanzen ein völlig anderes Licht und für die Menschen eine veränderte Empfindung, wenn der Wald dunkel wird. Die Zwiebeln und die Blüten, die aus der Wildnis der Wälder in unsere Gärten gezogen sind beziehungsweise von Menschenhand hier kultiviert wurden, können auch dann noch erstrahlen, wenn in den Wäldern die aufbrechenden Blätter der Bäume den Himmel verdunkeln und den Blüten frühzeitig die Leuchtkraft nehmen.
Dann ab Ende April, Anfang Mai konzentriert sich der Frühling auf den sonnigen Garten. »Wie unbegreiflich blumenarm sind die zart ergrünenden Gärten auch noch im April, während eine Welt unermesslicher Blütenschönheiten auf Einlass wartet« 9 , beklagte Karl Foerster. Die Hochzeit der geradezu endlos erscheinenden Sorten von Narzissen und Tulpen, auch Hyazinthen, erleben wir in den Gärten, in den Parkanlagen, sogar auf Balkonen bis hin auf die Mittelstreifen verkehrsreicher Straßen. Aber die Möglichkeiten der »unermesslichen« Vielfalt des Frühlings sind damit lange noch nicht in unseren Gärtnerherzen angekommen: Frühlingsclematis und Akelei, Primeln, Zierquitten, Trillium und Seidelbast, Hornveilchen, Frühlingsalpenveilchen, Magnolien - all diesen Frühlingsboten sollten wir nach und nach die Tore unserer Gärten öffnen. Und auch sie sind nur ein Anfang der unerschöpflichen Pflanzen- und Blütenpracht, die uns im Frühlingslicht und bei Frühlingstemperaturen das Leben erleichtern und Freude bringen. Wer dies beherzigt,
wird feststellen, dass ihn mit jeder Frühlingswoche neue Freudenboten begrüßen.
Der Sommer
Jeder wird sagen: Der Sommer ist der Höhepunkt des Gartenjahres. Aber stimmt das wirklich so uneingeschränkt? Kein Zweifel: Wir können die prächtigste Fülle an Blumen und Pflanzenvielfalt erwarten. Es ist die Zeit der Rosen, dieser vielleicht ältesten Blumen unseres Kulturkreises, immer edlere Züchtungen und neue Farben verlängern und toppen das Blütenfest in unseren Beeten. Kletterrosen, Strauchrosen, feinste Edelrosen konkurrieren miteinander oder wechseln sich ab. Dann die Rittersporne und Lilien, späte Päonien und riesige Kerzen, so viel an Farben, Formen und Sorten, dass es sich kaum aufzählen lässt. Alles ist möglich.
Der Frühlingsmonat Mai, blicken wir noch einmal zurück, ist wohl der schönste und aufregendste Gartenmonat in Farbe und Wachstum. Mai und Anfang Juni sind die buntesten Wochen, in denen man schon sehr aufpassen muss, dass der Garten nicht zum Chaos wird. Doch bereits im weiteren Verlauf des Frühsommermonats Juni mit seiner großen Pracht zieht ein Problem auf, das uns vor allem die zweite Hälfte des Monats leicht überschätzen lässt. Denn im Juni steht die Sonne sehr hoch, sie verändert durch ihre Intensität und ihr grelles Licht die Farbe des Himmels und der Erde. Sie ist eben länger da, vergessen wir nicht: Der einundzwanzigste
Juni ist der längste Tag des Jahres - und das wirkt sich auf die Farben aus. Schon der Himmel verliert sein tiefes Blau, die Grüntöne der Wiesen, Bäume und Pflanzenbeete werden matter im Vergleich zum jungen, frischen Grün im April und Anfang Mai, als die Knospen aufgingen und man überall die unterschiedlichen Grüntöne bestaunen konnte, die kaum ein Maler auf seiner Palette so zahlreich und leuchtend mischen kann. Sommergrün hingegen ist eher ein einheitliches Grün, im Schatten Dunkelgrün und in der Sonne Mattgrün. Je weiter wir in den Sommer kommen, in den Juli und Anfang August, umso mehr verblassen die Farben wie in einem langsam ausbleichenden Tuch.
So kann der Sommer für manchen Garten zu einer Krisenzeit werden. Nicht nur, weil er seine Farbkraft im starken Licht der Jahreszeit verliert, sondern weil die Wärme den Pflanzen und auch den Menschen zusetzen kann. Im grellen Licht der Mittagshitze, so zwischen zwölf und sechzehn Uhr, wo man in anderen Ländern Siesta macht, droht der Rasen zu vertrocknen, wenn man ihn nicht besonders intensiv wässert, Blätter rollen sich auf, weil sie trocken werden, und die Menschen ziehen sich zurück.
Viele verlassen ja wirklich ihr Domizil, denn es ist Urlaubszeit, und so mancher, der vier oder sechs Wochen seinem Garten den Rücken gekehrt hat, kann hinterher wieder von Neuem anfangen. Gießen und wässern kann
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