Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Meine Philosophie lebendiger Gaerten

Meine Philosophie lebendiger Gaerten

Titel: Meine Philosophie lebendiger Gaerten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriella Pape
Vom Netzwerk:
Herbstspaziergänge schmackhaft machen konnte: »Wenn Blätter von den Bäumen stürzen, / die Tage täglich sich verkürzen, / wenn Amsel, Drossel, Fink und Meisen / die Koffer packen und verreisen, / wenn all die Maden, Motten,
Mücken, / die wir versäumten zu zerdrücken, / von selber sterben - so glaubt mir: / Es steht der Winter vor der Tür!« 11 Richtig. Er steht vor der Tür, aber bis es soweit ist, dass er eingelassen wird, passiert so manches. Als Gärtnerin bietet mir der Herbst jedes Jahr erneut die Herausforderung, im eigenen Garten nicht sofort alle Stauden und Gräser zurückzuschneiden, sondern die Phase des Vergehens der verschiedenen Pflanzen gelassen zu erdulden, bis die Zeit gekommen ist und ich die geheimnisvolle Struktur des Gartens entdecke, die nur dann zum Vorschein kommt, wenn das Blattwerk verwelkt und abgefallen ist. Erst dann zeigen Stauden und Gräser ihre Struktur in Gänze, insbesondere am frostigen Morgen.
    Vor allem sind Gräser nicht auszulassen, von denen viele sowieso erst im Herbst ihr wirkliches Gräserleben beginnen. Sie bringen eine voluminöse Fülle in den Garten, und jeder leichte Wind setzt sie in Bewegung. Wenn dann noch eine Spinne ihr Netz von einem Halm zum anderen zieht und das Ganze mit dem ersten Frost oder nur leichtem Raureif überzogen ist, dann ergeben sich Bilder, die nur die Natur kreieren kann. Solche Bilder sind es, die uns im Kopf bleiben, die uns von Sterblichkeit, Sehnsucht und Liebe erzählen und die uns in die Melancholie der Herbstzeit einweihen und darin verweilen lassen.
    Im Verlauf meiner langjährigen und vor allem leidenschaftlichen Tätigkeit als Gärtnerin konnte ich immer wieder feststellen, dass der Herbst besonders für gärtnernde Frauen eine melancholische Saison ist, wo Ernte und Ende sehr dicht beieinanderliegen. Vielleicht, weil wir Frauen uns eher an unsere eigene
Vergänglichkeit erinnert fühlen, der Mann hingegen als Jäger überhaupt erst richtig in Stimmung kommt, denn Herbstzeit ist Jagdzeit. Er braucht sich nach alter Sitte und biologischen Vorsaussetzungen ohnehin weniger Sorgen um seine Vergänglichkeit zu machen. Die Frauen sammelten das Holz und die Beeren und sorgten für die Haltbarkeit der Vorräte, der Mann zog aus und kam nach Tagen oder Wochen mit dem erlegten Wild zurück. Auch ich freue mich nach einem langen Sommer auf den Herbst, und doch ist es nicht meine Saison.
    Was wir auf jeden Fall tun können, und auch daran arbeite ich, für mich und mit meinen Kunden: zu erkennen, dass wir eine große Blumen- und Farbenfülle auch im Herbst zur Verfügung haben, die es für unsere Gärten zu nutzen gilt. Das bringt Hoffnung und positives Denken, vermag den Sommer fortzusetzen und der Vergänglichkeit zu kontern. Das hatte - natürlich - auch Karl Foerster schon entdeckt, als er über den Herbst schrieb: »Die Jahreszeit des Vergehens und Verklingens hat sich in ein unendliches Werden und Neuerklingen verwandelt.« 12 So kann man sich im Herbst neben Anemonen, Astern, Staudensonnenblumen und Dahlien auch an weniger hellen Stellen an bezaubernden Zyklamen erfreuen, da sie auch schattige Plätze mögen. Sie hören auch auf den Namen Alpenveilchen, den ich allerdings nicht so sehr mag, erinnert er doch an die spießige Verwendung dieser hübschen, duftenden Pflanze zwischen Fensterbrett, Küchentisch und Brokatkissen. Wilde Alpenveilchen sind zierlicher, kleiner und eleganter. Wir haben sie, nachdem unsere Kunden im vergangenen Jahr oft einen Bogen um sie gemacht haben, einfach unter unsere
große, über hundertjährige Seidenkiefer (Weymouths-Kiefer) gepflanzt, dort gucken sie nun lila zwischen dem Efeu heraus und verzücken jeden, der an ihnen vorbeikommt. Natürlich will sie jetzt jeder haben. Aber nun bleiben sie dort in der Erde und erfahren eine große Bewunderung.
    Dann natürlich die Astern, fast schon symbolhaft für den Herbst: »Ohne Astern, diesem brausenden Anziehungspunkt für Menschen und Insekten, ist der Herbst in einem der wichtigsten Punkte sang- und klanglos. Sie verklären den Mollklang des Herbstes.« 13 Wieder einmal hat uns Karl Foerster eine Weisheit hinterlassen.
    Über das Frühjahr nachdenken und planen, auch das gehört zu den letzten Herbsttagen, wie schon beim Frühjahr erwähnt. Es sei denn, wir haben noch ein paar Zwiebeln aus dem Vorjahr im Boden versteckt oder hatten jene gewählt, die sich selbst vermehren, die unterirdisch kleine Ableger, also neue Zwiebeln bilden. Sie bringen dann zwar

Weitere Kostenlose Bücher