Meine Schwester lebt auf dem Kaminsims: Roman (German Edition)
Urne und verschüttete dabei Tritop auf dem Teppich. Mum stiegen Tränen in die Augen, während sie Jas anstarrte. Ich stopfte mir schnell zwei Partywürstchen in den Mund und versteckte ein Brötchen unter meinem T-Shirt.
Tolle Familie , knurrte Dad und schaute von Jas zu Mum. Ich verstand nicht, warum er so traurig aussah. Jas hatte nur eine andere Frisur, und Mum hatte doch gar nichts falsch gemacht. Roger leckte Torte vom Teppich und fauchte wütend, als Dad ihn am Nacken packte und in den Flur rausschmiss. Jas rannte in ihr Zimmer und knallte die Tür hinter sich zu. Während Dad mit zitternden Händen Rose’ Geburtstagsessen vom Teppich klaubte, schlang ich schnell ein Sandwich und drei Brötchen runter. Mum starrte auf die Tortenflecken auf dem Teppich. Das ist alles meine Schuld , murmelte sie. Ich schüttelte den Kopf. Er hat es doch fallen lassen, nicht du , flüsterte ich und deutete auf den Tritop-Fleck.
Dad feuerte die Reste mit einem Riesenkrach in den Mülleimer und fing wieder an herumzuschreien. Mir taten die Ohren weh, und ich lief zu Jas in ihr Zimmer. Sie saß vor dem Spiegel und zupfte an ihren grellrosa Haaren herum. Ich gab ihr das Brötchen, das ich unter dem T-Shirt hatte. Du siehst echt hübsch aus , sagte ich, aber sie fing an zu weinen. Mädchen sind echt komisch.
Später gab Mum alles zu. Jas und ich hockten auf dem Bett und lauschten, was nicht schwer war. Mum schluchzte laut, und Dad brüllte. Jas heulte sich die Augen aus, aber meine blieben trocken. AFFÄRE , schrie Dad immer wieder, als müsse er das Wort so oft wiederholen, um es zu kapieren. Mum sagte Du verstehst mich nicht, und Dad antwortete Aber Nigel, wie? Dann sagte Mum Jedenfalls besser als du. Wir reden miteinander . Er hört mir zu. Er macht mich … Sie sprach nicht mehr weiter, weil Dad laut fluchte.
So ging es ewig weiter. Mein linker Fuß schlief ein. Dad stellte zig Fragen. Mum schluchzte immer lauter. Dad sagte, sie habe ihn belogen und betrogen, und das sei nun der Gipfel. Mum versuchte, sich zu verteidigen, aber Dad schrie noch lauter. Hast du dieser Familie nicht schon genug angetan , brüllte er. Da hörte Mum plötzlich mit dem Weinen auf und sagte etwas, das wir nicht hören konnten. Was , sagte Dad erschrocken. Was hast du gesagt .
Schritte im Flur. Mums Stimme, leise, direkt vor der Tür zu Jas’ Zimmer. Ich halte das nicht mehr aus , sagte sie, und ihre Stimme hörte sich an, als sei sie tausend Jahre alt. Jas packte meine Hand. Es ist besser, wenn ich gehe, sagte Mum jetzt. Mir taten die Finger weh, weil Jas sie zusammenquetschte. Besser für wen , fragte Dad. Besser für alle , antwortete Mum.
Jetzt fing Dad an zu weinen. Er bat Mum hierzubleiben. Er entschuldigte sich für alles. Stellte sich in die Wohnungstür, aber Mum sagte Geh mir aus dem Weg . Dad flehte sie an, ihm noch eine Chance zu geben. Er versprach, sich mehr Mühe zu geben, die Fotos wegzupacken und sich Arbeit zu suchen. Als Mum rausging, schrie er Ich hab schon Rose verloren, ich kann nicht auch noch dich verlieren. Wir brauchen dich. Und Mum antwortete aber nicht so sehr, wie ich Nigel brauche . Als sie weg war, schlug Dad so heftig an die Wand, dass er sich einen Finger brach und vier Wochen und drei Tage einen Verband tragen musste.
3
Die Post ist noch nicht da. Es ist dreizehn nach zehn, und seit hundertsiebenundneunzig Minuten bin ich zweistellig. Vor einer Sekunde habe ich was an der Tür gehört, aber es war nur der Milchmann. In London mussten wir unsere Milch selbst kaufen. Und sie war immer alle, weil man zum Supermarkt eine Viertelstunde fahren musste und Dad sich weigerte, in dem Laden bei uns in der Straße einzukaufen, weil der Muslimen gehörte. Ich hatte mich irgendwann an trockene Cereals gewöhnt, aber Mum jammerte immer, weil sie Milch für ihren Tee brauchte.
Bis jetzt sind meine Geschenke nicht so toll. Von Dad habe ich Fußballschuhe bekommen, die mir anderthalb Größen zu klein sind. Ich trage sie jetzt, und meine Zehen fühlen sich an wie in einer Mausefalle. Dad hat zum ersten Mal seit Ewigkeiten gelächelt, als ich die Schuhe angezogen habe. Ich wollte ihm nicht sagen, dass sie zu klein sind, weil er den Kassenzettel bestimmt schon weggeworfen hat. Deshalb habe ich so getan, als würden sie passen. Ich werde sie ohnehin kaum anziehen, weil mich keine Mannschaft aufnimmt. In meiner Schule in London habe ich es jedes Jahr wieder probiert, aber es hat nie geklappt – bis auf das eine Mal, als Mr. Jackson
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