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Meine Schwester und andere Katastrophen

Titel: Meine Schwester und andere Katastrophen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Maxted
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ahnten. Bei Hubert war das allerdings anders. Er wollte einen schnellen, brutalen Schnitt - den allein er vornahm.
    Nie sind Menschen weniger attraktiv, als wenn sie sich scheiden lassen. Vielleicht würde George mich überraschen und wäre die zivilisierte Ausnahme.
    Seufzend rührte ich mit dem rosa Strohhalm in meinem Glas Badoit und starrte aus dem Caféfenster auf die Fleet Street. Ich hätte heimfahren sollen, war aber zu müde, um
mich vom Fleck zu rühren. Ich wollte George nicht gegenübertreten, und ich wollte mich nicht anbrüllen lassen. Als ich das letzte Mal den angesagtesten Spezialisten gesehen hatte, hatte ich ihn gefragt, wie ungeborene Babys auf Stress reagierten. Er hatte mir lächelnd geantwortet: »Das Baby wird nicht in eine Seifenblase geboren, sondern in die wirkliche Welt.«
    Ich musste an Huberts perverse Denkweise denken. Sein Zorn hatte seine ganze Menschlichkeit aufgefressen - Hubert nahm sogar seine Kinder als Munition, um seine Frau zu ärgern. Er schlug allen Ernstes vor, sie von der Privatschule zu nehmen und in die nächste öffentliche Schule zu stecken, da er ganz offensichtlich eine riesige zweite Hypothek würde aufnehmen müssen, um Alissa aus ihrem Haus herauszukaufen - ein geschickter Vorwand, mit dem er sie als gierig hinstellte und ihr die Schuld in die Schuhe schob. Währenddessen hatte Barnaby mehrere Überweisungen meines Mandanten auf ein Geheimkonto aufgedeckt.
    Ich fragte mich, ob die Richterin Alissa das gemeinsame Haus zusprechen würde. Was sie während der zweiten Anhörung hatte durchklingen lassen, deutete darauf hin. Ihr gemeinsames Heim. Wenn eine Frau unter einem frisch angenommenen Namen in ihr erstes Haus zieht, ist es leicht, es als »unser Heim« zu bezeichnen. Man stellt es sich als finanziellen und emotionalen Heimathafen vor, aber nur wenige Menschen machen sich klar, was das in Pfund bedeutet. Im Verlauf einer Scheidung wird aus dem »unser« ein »mein« - und die Vorstellung, dass dein einstiger Geliebter und neu gewonnener Feind einen guten Grund hat, einen mächtigen Happen aus deinem Heim herauszubeißen und dich in eine fremde und weit weniger angenehme Behausung zu zwingen, wirkt barbarisch.

    Ich glaubte nicht, dass George sich zu einem Hubert entwickeln würde. Schließlich war es nicht so, als hätte George das Geld verdient. Bestimmt gebot es ihm sein Stolz, selbst Geld zu verdienen … eines Tages. Und er wusste, dass ich verflucht gut in meinem Job war - das wäre, als würde sich David mit Goliath anlegen! Nein. Kein gutes Beispiel.
    »Ich nehme einen Cappu, danke, und berechnen Sie ruhig extra viel Zimt!«
    Barnabys Stimme ließ meinen Hals herumzucken. Die Bedienung - ein winziges Wesen mit Himmelfahrtsnase und langen, blonden Korkenzieherlocken - kicherte so, dass ich mich fragte, ob sie ihm überhaupt etwas berechnen würde.
    »Montgomery!«, sagte er gleich darauf, und ich drehte mich scheinbar überrascht um. »Wie geht es dir? Und dem kleinen Boris?« Er nickte zu meinem Bauch hin.
    » Boris? Er wird auf gar keinen Fall Boris heißen! Ich weiß nicht mal, ob es ein Junge wird!«
    Barnaby grinste. »Entschuldige. Eine alte Familientradition. Wir geben jedem ungeborenen Baby einen albernen Namen - Dunstan, Errol, Ermentrude, Clyde. Auf diese Weise hat es eine Identität, aber noch nicht die richtige Identität, womit man, wie ich gehört habe, Unglück über das Kind bringen würde. Bis es rausploppt, bleibt das Baby ein Undercover-Agent, verstehst du? Erst dann nimmt es seine wahre Identität an!«
    Ich gab mir Mühe, nicht zu grinsen. »Und deine wahre Identität war … Barnaby? Was war dann dein Arbeitstitel, um Gottes willen?«
    Er lachte. »Barnaby.«
    Jetzt grinste ich.
    »Sie wollten mich Philip nennen - König der Pferde oder so. Aber anscheinend habe ich mich so mit meinem vorläufigen
Namen identifiziert, dass ich wirklich aussah wie ein Barnaby, als ich rausgeploppt kam! Genau wie er! Mutter meinte, es sei gespenstisch gewesen! Außerdem wollte sie nicht, dass ich Jockey werde. Sie mag keine kleinen Männer.«
    Es fiel mir schwer, ihn zu hassen. Immer wieder spuckten wir Gift und Galle, wenn wir uns trennten, und bei unserer nächsten Begegnung war ich seine beste Freundin. Entweder hatte er das Erinnerungsvermögen eines Goldfisches - bestimmt nicht, da er es exzellent verstand, längst vergessene Argumente seines Gegners herauszupicken und sie gegen ihn zu verwenden -, oder er war nur ein Windbeutel, ein Kater mit

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