Meine Schwester und andere Katastrophen
Zwillinge bekommen. George glaubte, dass er Eltern verstehen würde, die sich über schlaflose Nächte beschwerten, nur weil er ein paar Nächte in irgendwelchen Clubs durchgefeiert hatte. Er ging davon aus, dass Babys mit ihrem Gegurre eine Beziehung kitten konnten. Er begriff nicht, dass Babys ein Paar, das nur noch lose verbunden war, mühelos auseinanderreißen konnten. Leichter als Mike Tyson ein Papiertaschentuch zerreißt.
Ich wollte nicht tatenlos abwarten, bis es so weit war. Ich wollte, dass das Baby in eine friedliche Umgebung hineingeboren wurde. Ich wollte schon jetzt den ganzen Müll beiseiteräumen. Ich will nicht allzu poetisch klingen, aber meine Liebe zu George war erkaltet, und er konnte nichts unternehmen, um sie neu zu entfachen. Ich hatte, stets hoffnungsvoll, oft genug alten Kartoffelbrei in die Mikrowelle gestellt, aber er schmeckt immer alt und abgestanden. Bei meinen Beziehungen war ich weniger naiv. Im Gegensatz zu George.
»Alles, was du gerade gesagt hast, ist bedeutungslos«, belehrte ich ihn. »Du wirst Vater. Daran ändert sich nichts. Und wir werden uns scheiden lassen.«
George sagte kein Wort. Ich fragte mich, ob er gleich anfangen würde zu schreien.
»Du musstest doch damit rechnen«, drängte ich ihn.
Er sah mich an wie eine Prinzessin, die sich gerade in einen Frosch verwandelt hat. »Damit rechnen?«, wiederholte er. »Wieso sollte ich damit rechnen ? Das ist so, als würde meine Mutter anrufen und mir erklären, dass sie eine Lesbe ist.«
»Was? Was redest du da?«
»Was redest du da? Du redest doch nur Scheiße! Wir sind verheiratet! Was willst du von mir? Dass ich Rosenblätter streue, wenn du morgens aufstehst?«
»George«, sagte ich. »Ich will nur eines von dir - die Scheidung.«
George drehte sich um und schlug mit der Faust gegen die Wand. Dann krümmte er sich keuchend zusammen. »Ruf den Notarzt! Ich habe mir die Hand gebrochen!«
»Ich sage es dir jetzt zum letzten Mal: Ich will die Scheidung! Beim nächsten Mal schicke ich dir die eidesstattliche Erklärung.«
George schüttelte den Kopf, immer noch zusammengekrümmt und mit zusammengekniffenen Augen, durch und durch der tapfere Soldat. »Hör zu, du verrückte Kuh, du weißt nicht, was du da redest. Wir kommen super miteinander aus.« Dann meinte er: »Trotzdem penne ich heute lieber bei Mum. Du machst mir echt Angst.«
Er stürmte vorbei und knallte mir die Tür vor der Nase zu. Ich spürte ein leises, ärgerliches Flattern, aber vielleicht war es auch das Baby, das seine ersten schmetterlingshaften Bewegungen machte. George war der einzige Mensch in meiner Umgebung, gegen den ich völlig machtlos war.
Hubert Fitzgerald stand ihm allerdings nur wenig nach. Die Richterin hatte bei der zweiten Anhörung ihre Einstellung durchblicken lassen, indem sie Huberts Angebot als »unrealistisch und unvernünftig« abgelehnt und ihm erklärt hatte: »Sie werden Mrs Fitzgerald eine bessere Wohnung zukommen lassen, als Sie gegenwärtig zu stellen bereit sind.« Daraufhin folgte eine ganze Reihe ähnlicher Drohungen, die etwa so deutlich waren, als hätte sie Hubert mit beiden Fäusten
am Schlafittchen gepackt und in die Luft gehoben. Trotzdem nahm Hubert sie nicht ernst!
Er hatte mich angewiesen, Alissas Mutter zu schreiben, »die ist sechsundachtzig und tatterig wie sonst was«, um sie zu fragen, ob sie irgendwelche Gelder für ihre Tochter verwaltete. Obwohl ich Barnaby geschworen hatte, dass ich irgendwas über seine Mandantin herausfinden würde, wollte ich nicht, dass es das wäre. Alissa tat mir leid. Ehrlich gesagt wünschte ich mir insgeheim, dass sie jubelnd aus dem Gerichtssaal lief. Ich war sicher, dass sie das ebenfalls erhoffte, aber für die meisten Frauen kann keine Geldsumme die emotionale Enttäuschung aufwiegen, die eine gescheiterte Ehe bedeutet.
Man hatte Alissa die Zukunft und ihre Hoffnungen genommen, und Hubert begnügte sich nicht damit, ihr das zu rauben - er wollte ihr auch noch die Würde nehmen und sie in einen Supermarkt zum Arbeiten schicken! Hubert ähnelte vielen anderen Männern darin, dass er diesen Prozess als geschäftliche Transaktion betrachtete. Bei manchen Männern war das Bedürfnis, mit so viel Geld wie möglich aus der Verhandlung hervorzugehen, ein Schutzmechanismus - »wenn ich reich bin, fühle ich mich besser«. Ich hatte den Verdacht, dass viele von ihnen genauso emotional am Boden zerstört waren wie ihre Frauen, aber nichts von ihren eigenen Gefühlen
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