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Meine Schwester und andere Katastrophen

Titel: Meine Schwester und andere Katastrophen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Maxted
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George. »Babykram?« Er klappte einen Deckel auf. »Das ist meine Lederjacke! Und meine Baseballkappe! Warum hast du meine Sachen eingepackt?«
    »Du würdest keinen großen Detektiv abgeben.«
    »Ich dachte, das Baby würde das kleine Hinterzimmer bekommen. Babys sind winzig! Glaubst du wirklich, es braucht unser großes Schlafzimmer und die Ankleide dazu?«
    Ich sah ihn an, um festzustellen, ob er Witze machte. Aber er war noch gar nicht auf die Idee gekommen, dass ich ihn satthaben könnte. Er dachte tatsächlich, sein Kram läge in den Kartons, weil unser Zimmer mit Häschentapeten verschönert werden sollte. Ich bezweifelte, dass sein Ego irgendwie kleiner geworden war. Es schien an Gigantismus zu leiden.
    »George«, sagte ich. »Wie findest du es, Vater zu werden?«
    Er zuckte mit den Achseln. »Toll.«
    »Und wie siehst du deine Rolle dabei?«
    Er seufzte. »Wie du weißt« - was ich nicht tat, obwohl er es möglicherweise irgendwann erzählt hatte - »habe ich gerade angefangen, an einem Stück zu arbeiten, das ich anonym einreichen will. Das wird zeitaufwändig. Versteh mich nicht falsch - natürlich helfe ich dir. Ich bin schon so gespannt, wie mein Kind aussieht! Angeblich sehen sie direkt nach der Geburt genau aus wie ihr Vater, wusstest du das? Um zu beweisen, dass er der Vater ist, und um ihm Anlass zu geben, bei der Mutter zu bleiben.« Er grinste, und eine Sekunde war ich schwer versucht, ihm eine runterzuhauen. »Aber«, ergänzte er, »allzu viel Arbeit werde ich dir nicht abnehmen können. Die Brüste hast schließlich du.«

    »Richtig. Und wie willst du mich unterstützen?«
    »Wieso? Du bekommst doch Mutterschaftsgeld. Und wenn das Skript erst angenommen ist, bedeutet das bares Geld.«
    »Ich meine nicht finanziell.«
    »Du fängst doch nicht wieder damit an, dass ich dir Kaffee ans Bett bringen soll, oder?«
    George war ein einfühlsamer, nachsichtiger, emotional aufmerksamer Mensch, solange es um ihn selbst ging. Die Gefühle anderer Menschen waren nichts als heiße Luft.
    »Vergiss den Kaffee«, sagte ich. »Ich will die Scheidung.«

KAPITEL 31
    Es war kein guter Zeitpunkt. Aber es war Zeit. Trotz der Hershlags und - vielleicht - ihretwegen. Um genau zu sein, wegen aller glücklichen Paare in meiner Umgebung.
    Ich musste daran denken, wie stolz Lizbet auf Tim war, auch wenn sie so tat, als würde sie sich über ihn beklagen. Manchmal hörte Tim ihr einfach nicht zu, wenn sie etwas Wichtiges erzählte. Also verlangte Lizbet: »Was habe ich gerade gesagt?« Und dann sah Tim auf und wiederholte wie ein Papagei ihren letzten Satz. »Wie ein Roboter! Er kennt die Worte, aber sie könnten genauso gut Lateinisch sein - das macht mich wahnsinnig !«
    Ganz eindeutig Stolz. Wohingegen George die gleiche Gabe besaß und ich sie nur nervtötend fand.
    Ich musste daran denken, wie wir einmal samstags Sophie Hazel Hamilton in ihrem Haus in Chelsea besucht hatten. Verglichen mit der unbändigen Kraft, die Sophie ausstrahlte, war ihr Mann Mark ein Hänfling. (Für mich war Sophie immer eine Riesin gewesen, obwohl sie in Wahrheit winzig war - einen Meter neunundfünfzig. Ich vermischte ihre Physis und ihre Psyche.) Ihre drei älteren Kinder rannten im Garten herum, während Sophie den kleinen Justin stillte.
    »Ma-ark!«, rief Sophie, während Justin nuckelte. »Stell doch das Trampolin auf!«
    Mark war Künstler - ein richtiger Künstler, der richtige
Bilder von erkennbaren Gegenständen malte und sie an Galerien, Banken und Sammler verkaufte - anders als George, der die Kunst nur als Vorwand nahm, um an sich rumzufummeln. Es war nicht zu übersehen, dass George Ehrfurcht vor Mark empfand und gern mit ihm befreundet gewesen wäre. Mark allerdings interessierte sich praktisch ausschließlich für seine Frau. Ich hörte, wie er zu George sagte: »Es sollte eine Obergrenze für Zwei-Silben-›Ma-arks‹ pro Tag geben. Vielleicht bei zehn?«
    Mark hatte den Kommentar grinsend gemacht, und ich sah ihm an, dass es ihn nicht im Mindesten störte.
    George wich einem vorbeiflitzenden Kind aus und erwiderte: »Ganz genau. Du weißt doch, dass es einen eigenen Knopf für die Radiojingles gibt? Du solltest dir so einen zulegen. Sie ruft: ›Ma-ark!‹, und du drückst auf den Knopf: ›Le-le-le-leck mich!‹«
    Mark lachte, aber er bedachte George mit einem eigenartigen Blick. Dann sah er zu mir her. Ich drehte mich weg. Wie peinlich.
    Ich bin nicht beschränkt. Natürlich weiß ich, dass auch glückliche Paare ihre

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