Meine Schwester und andere Katastrophen
»Fletch meint, Sie wären eine Pedantin und wüssten alles über Katzen, was es überhaupt zu wissen gibt. Okay, was haben Kardinal Richelieu, Charles Dickens und Florence Nightingale gemeinsam?«
»Ähm … alle hatten Katzen?«
»Sehr gut.«
»Was bedeuteten im alten Ägypten die Begriffe ›Maau‹, ›Mau-mai‹, ›Maon‹ und ›Mau‹ gleichermaßen?«
»Äh … Katze?«
»Wunderbar!«
»Taupe ist was?«
»Ein Vogel?«
»Nein, Elizabeth, eine Fellfarbe. Eine Abart der Schildpattzeichnung. Aber Sie haben sich wacker geschlagen. Könnten Sie in den nächsten beiden Wochen den Mittwoch, Donnerstag und Freitag übernehmen, dann können wir feststellen, wie wir miteinander auskommen?«
Wir kamen gut miteinander aus. Die Redaktion wirkte gemütlich und zwanglos - die Feature-Redakteurin brachte jeden Tag ihre weiße Perserkatze mit, und die Jungredakteurin war eine zwanghafte Teekocherin. Eines Tages kam die Chefredakteurin ganz aufgewühlt zu uns, weil Your Cat ein paar Autoren überredet hatte, eine Kurzgeschichte über Katzen zu verfassen, und: »Wir haben niemanden! Elizabeth! Kannst du nicht eine kurze Katzengeschichte schreiben - oder eine Katzgeschichte! Genau, so nennen wir es: ›Katzgeschichten! ‹ - Elizabeth, du kannst das doch bestimmt - ich meine, eine Geschichte, pah! Du brauchst dir nur was auszudenken! Das kann jeder! Wir stellen dich auf dem Cover als ›Bestsellerautorin Elizabeth Montgomery‹ vor - und das
ist nicht mal gelogen: Du schreibst für uns, und wir sind das drittgrößte Katzenmagazin in Großbritannien!«
»Und wie viele Katzenmagazine gibt es in Großbritannien?«
»Drei. Also. Natürlich gibt es eine Bedingung. In deiner Geschichte geht es auf jeden Fall um -«
»Einen Hund?«
»O Gott, nein, das wäre katastrophal! Eine -«
»Katze?«
»Elizabeth, kannst du Gedanken lesen?«
Pussies Galore! konnte man schwerlich als Lifestyle-Magazin bezeichnet, aber die Arbeit machte mir Spaß, und es war ein surrealer Kontrast zu Ford Week . Karrieremäßig hatte ich zwar nicht unbedingt zum Höhenflug angesetzt (eher zum Tief- oder Sinkflug), trotzdem fiel es mir längst nicht mehr so schwer, morgens zur Arbeit zu gehen.
Dafür fiel mir das Heimkommen umso schwerer.
Ich hatte mit Vivica und unserem Vater Frieden geschlossen (ohne dass sie etwas davon mitbekommen hätten) und auch mit Cassie, oder wenigstens fast. Aber das reichte nicht. Seit ich Celestia im Arm gehalten hatte, sprang ein Gedanke in meinem Kopf herum wie ein Pingpong-Ball: Ich will auch eins haben.
Ich war bereit, ein zweites Baby zu empfangen.
Und zwar von Tim.
Womit klar war, dass ich meine Träume und Hoffnungen für alle Zeiten begraben konnte, falls ich es noch mal mit Tim versuchen wollte und er mich abwies. Ich musste an Cassie denken, die von Vivica und unserem Vater eine Kiste mit Dokumenten überreicht bekommen und sie ungeöffnet in einer dunklen Ecke aufbewahrt hatte. Wenn du so große Angst davor
hast, die Wahrheit zu erfahren, solltest du sie lieber ignorieren. Obwohl die Sache möglicherweise anders ausgegangen wäre, wenn sie früher gehandelt hätte. So hatte sie einfach zu lange gewartet und damit ihre Chance verpasst, die Frau kennen zu lernen, die sie zur Welt gebracht hatte. Würde ich aus lauter Angst, zurückgewiesen zu werden, so lange warten, bis es auch für mich zu spät war - würden unsere wunderbaren Babys bis in alle Ewigkeit auf uns warten müssen?
Ich ertrug es nicht, darüber nachzudenken. Ich zog es vor, meine Energien darauf zu verwenden, Cassie zu umsorgen - der Gewissenskater war nicht leicht zu kurieren. Nicht dass sie sich umsorgen ließ . (Ich hatte ein Schwangerschafts-Wellness-Set gefunden, bestehend aus einem Massageöl »mit pflegendem Süßmandelöl, vermischt mit reinen Duftölen von Lavendel, Ingwer und Eukalyptus« sowie einem Balsam gegen Schwangerschaftsstreifen, »eine cremige, gewebeschonende Mischung aus Avocado und Hagebutte … mit Lavendel, Neroli-Öl, Weihrauch und Mandarine«. Ich konnte Cassie nicht sagen , was ich für sie empfand, aber ich hoffte, dass die Inhaltsangaben auf diesen Fläschchen mehr sagten als jeder Liebesbrief.)
Ich überreichte meine Gaben am Freitagabend - unserem Familienabend. Die Freitagabende waren im Vergleich zu früher eine ruhige Angelegenheit, nur mit Cassie, mir und unseren Eltern. Es war nicht einfach, und ich sehnte mich nach einer fröhlichen Cousine, die uns aus Acapulco oder Hawaii besuchen kommen möge,
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