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Meine Schwester und andere Katastrophen

Titel: Meine Schwester und andere Katastrophen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Maxted
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nette Menschen sich zu netten Menschen hingezogen fühlen, aber es stimmt auch, dass die netten sich oft zu ganz grausigen Menschen hingezogen fühlen. Keine Ahnung warum.
    »Schön«, wiederholte ich. »Sind wir so weit?«
    »Nein«, meinte Hubert schmollend. »Ich wollte mir da drin eigentlich einen Kaffee holen. Sonst kocht mir Bernice immer einen, der jeden Morgen dampfend heiß auf meinem Schreibtisch wartet.«
    Bernice hofft wahrscheinlich jeden Morgen darauf, dass du dir das Maul verbrennst, dachte ich.
    »Ach, Sie Ärmster!«, unterband ich alle weiteren Klagen. »Auch egal! Hopp-hopp, wir wollen doch nicht zu spät kommen, oder?«
    Druck ausüben. Manche Männer, vor allem in einem gewissen Alter, reagieren sehr gut darauf. Sie machen, was ihnen gesagt wird, so als wären sie wieder zwölf und ich ihre Schullehrerin.
    Im Gerichtssaal warf ich einen kurzen Blick auf Alissa -
die das glänzende, braune Haar zu einem bescheidenen Pferdeschwanz im Nacken gebündelt hatte (keiner von diesen Ultratussi-Pferdeschwänzen, die hoch und keck auf dem Scheitel thronen). Sie trug schwarze Pumps, ein strenges, graues Kostüm und hellroten Lippenstift, der ihre Haut blasser und die Schatten unter ihren Augen tiefer wirken ließ. Sie fing meinen Blick auf und sah direkt durch mich hindurch, und ich dachte, ach, ich verstehe dich nur zu gut. (Es machte mir nichts aus. Ich hätte es als Beleidigung betrachtet, wenn sie mich gemocht hätte.)
    Der arme Hubert. Und zwar in jeder Hinsicht. Als das Ende kam, kam es schnell und gnadenlos. Die Richterin feuerte ein paar Fragen auf Hubert ab. Dann kam sie direkt zur Urteilsverkündung.
    »In dem hier vorliegenden Fall beschloss Mr Hubert Fitzgerald nach achtundzwanzigjähriger Ehe, sich von seiner Ehefrau Mrs Alissa Fitzgerald scheiden zu lassen. Er möchte mit einer Partnerin zusammenziehen. Er hat angeboten, Mrs Fitzgerald monatliche Unterhaltszahlungen in Höhe von tausend Pfund zukommen zu lassen, da sein Unternehmen seinen Angaben zufolge nur geringen Umsatz mache und er sich nicht mehr leisten könne, außerdem berechtige ihr Beitrag zur gemeinsamen Ehe keine weiteren Ansprüche. Er schlägt vor, Mrs Fitzgerald solle sich eine Aushilfstätigkeit auf Teilzeitbasis suchen, um seine Unterhaltszahlungen aufzubessern. Mrs Fitzgerald bestreitet, dass dieses Budget ausreicht, und gibt an, dass sie mehr zum Lebensunterhalt für sich und ihre beiden halbwüchsigen Kinder brauche. Darunter falle auch eine angemessene Wohnung. Nachdem ich Mr Fitzgeralds Vermögen und Verbindlichkeiten, sein Einkommen und seine Ausgaben geprüft habe, bin ich zu dem Schluss gekommen, dass Mr Fitzgerald den finanziellen Erfolg seines
Unternehmens deutlich herunterspielt. Ich schließe mich der Einschätzung von Mrs Fitzgerald an. Sie wird eine angemessene Wohnung brauchen, und es ist unvernünftig anzunehmen, dass sie wieder zu arbeiten beginnt, solange sie die gemeinsamen Kinder zu betreuen hat. Was die viertausend Pfund betrifft, die sie unter dem Namen ihrer Mutter angelegt hat, Ms Montgomery«, die Richterin warf mir über die Brille hinweg einen tadelnden Blick zu, der Hubert schätzungsweise fünfzig Riesen kostete, »fand ich diesen Teil Ihrer Befragung besonders unangenehm.«
    Ich kniff die Lippen zusammen und senkte den Kopf. Am liebsten wäre ich vor Scham im Boden versunken. Mit Pauken und Trompeten zu verlieren hatte eine äußerst unangenehme Seite: Es sah so aus, als wäre ich eine beschissene Anwältin. Ich mied Barnabys Blick. Ich hätte es nicht ertragen, wenn er mich verächtlich gemustert hätte. Oder schlimmer: mitfühlend. Mitleid - bäh.
    Danach machte die Richterin ein paar unentbehrliche Anmerkungen juristischer Art, wobei Hubert ein Gähnen nicht unterdrücken konnte - noch mal fünfzig Riesen -, ehe sie Alissa das zwei Millionen Pfund teure Vorstadthaus mitsamt dem kompletten Inventar zusprach, außerdem monatliche Unterhaltszahlungen in Höhe von zehntausend Pfund, das Schulgeld für die beiden Kinder nicht eingeschlossen, eine Einmalzahlung von zwei Millionen Pfund und vierzig Prozent von allen Einnahmen, die Hubert in Zukunft erzielen würde. Plus den protzigen Geländewagen, den Hubert sich aus den USA hatte schicken lassen (auch den hatte er mir verschwiegen). Und er musste Barnabys Liquidation begleichen.
    Hubert, der gelangweilt in seinem Stuhl gelümmelt hatte - schon wieder fünfzig Riesen -, schoss hoch und verfiel in solche Panik, dass er wie ein Ertrinkender mit dem

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