Meine Schwester und andere Katastrophen
»Ehrlich gesagt bin ich hergekommen, weil ich bereit bin, ein Baby zu bekommen. Also hätte ich mir im Idealfall gewünscht, dass das Zimmer … ein wenig verändert worden wäre, damit das Baby seinen eigenen Stil hat, also vielleicht eine Elefantenlampe statt einer Delphinlampe und vielleicht einen anderen Farbton für die Dielen, Minzgrün vielleicht, und -«
»Hör auf«, sagte Tim.
»Oh!«, sagte ich. »Warum denn? Aber … aber ich dachte, du wärst schon seit Monaten bereit, es noch mal zu probieren.«
»Das war ich«, bestätigte Tim. »Das bin ich. Aber jetzt« - er zögerte - »weiß ich nicht mehr, ob ich es mit dir probieren will.«
Cassie
KAPITEL 38
Ich bin nicht besonders verschwenderisch mit meinem Lächeln. Das würde den falschen Eindruck vermitteln. Aber als George anrief, um sich für sein bösartiges Benehmen zu entschuldigen, und mir stattdessen versicherte, dass er nicht einmal einen Teelöffel einfordern würde, und ob er mir irgendwie helfen könne, vielleicht indem er Stilleinlagen kaufte oder eine elektrische Brustpumpe? Und auch wenn ich wusste, dass Mrs Hershlag höchstwahrscheinlich mit gezogener Waffe hinter ihm stand (während Mr Hershlag im Hintergrund die Spitze des Brotmessers an die bestrickwestete Brust drückte), fühlte ich mich so fröhlich und glücklich und unbeschwert, weil unser Baby in ein Haus des Friedens geboren werden würde, dass das Lächeln nicht aus meinem Gesicht weichen wollte.
Ich rief Lizbet noch am selben Wochenende an, um ihr zu erzählen, dass George all seine Drohungen zurückgezogen hatte - ich wusste, dass sie das erfahren wollte. Es hatte mich überrascht und gerührt, wie entrüstet sie meinetwegen gewesen war. Vielleicht hielt sie mich gar nicht für ein verwöhntes Gör. Sie ging nicht ans Telefon, und ich hinterließ ihr eine Nachricht. Insgeheim war ich froh: Der folgende Morgen würde das große Finale im Fitzgerald-Fall bringen, und ich brauchte so kurz vor dem Schlafengehen kein neunzigminütiges kieks-durchsetztes Telefonat. Ich wusste, wie Lizbet auf
die frohe Botschaft reagieren würde (mit Freudenjubel und frenetischer Begeisterung), und so süß das auch war, es wirkte auf mich wie ein dreifacher Espresso.
»Hallo du«, sagte ich zu Barnaby, der im Coffeeshop vor mir in der Schlange stand.
Er drehte sich um und zog eine Braue hoch. »Cassie, hall- oh !«, antwortete er. »Du siehst aber fröhlich aus, wenn man bedenkt, dass du gleich eine satte Bauchlandung hinlegen wirst.« Er grinste. »Ach, schon kapiert, du bist inzwischen mit den Gedanken woanders. Es macht dir nicht wirklich zu schaffen, dass ich dich heute schlachten werde, dass dein Mandant jede einzelne Gebühr bezahlen muss, die je erfunden wurde, und obendrein mein Busticket und meinen Ausbildungskredit. Du bist viel zu sehr damit beschäftigt zu denken, ach, soll ich für den kleinen Clyde das Tschutschu-Zug-Mobile kaufen oder lieber das mit den Segelschiffchen? Es ist dir so was von pupsegal, dass meine Mandantin deinen Mandanten ausnehmen wird wie eine Weihnachtsgans, und - ah! Mr Fitzgerald! Einen guten Morgen! Ich habe Sie gar nicht hereinkommen sehen! Ist das nicht ein prächtiger Tag?«
Hubert sah uns finster an. »Sie sollten sich gegenseitig an die Kehle gehen! Stattdessen stecken Sie unter einer Decke.«
Barnaby hustete. »Sehr gut gesagt. Ein wirklich passender Vergleich.«
Hubert durchbohrte ihn mit einem verächtlichen Blick.
»Schon gut, Hubert«, sagte ich - eine dreiste Lüge, soweit es ihn betraf. »Mr Alcock steht gehörig unter Druck und nimmt Zuflucht zu kindischen Provokationen und absurden Drohungen, für die ich ihn eines Tages vor Gericht zu bringen gedenke.« Ich reckte die Nase hoch, zielte mit dem
Finger auf Barnaby und zischte: »Genießen Sie Ihren Cappuccino, Kleiner . Wir sehen uns vor Gericht! « Dann rannte ich aus dem Coffeeshop, weil ich genau wusste, dass Barnaby und ich vor Lachen zusammenbrechen würden, wenn ich ihm nur eine Sekunde länger in die Augen sah.
»Schön!«, sagte ich zu Hubert, und meine gute Laune verpuffte schlagartig, als ich in seine kalten Augen sah. Als ich noch ein Kind war, waren in unserer Schule alle verrückt nach einem Produkt namens Slime. Es war in einer Plastikdose verpackt, knallgrün und glibberig. Hubert hatte dieselbe Ausstrahlung. Außerdem hatte er Segelohren, und die Haare standen ihm senkrecht vom Kopf ab wie bei einer Klobürste. Was hatte Alissa je in ihm gesehen? Es stimmt schon, dass
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