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Meine Schwester und andere Katastrophen

Titel: Meine Schwester und andere Katastrophen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Maxted
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Bein ausschlug
und mich schmerzhaft am Knöchel traf. Er sah mich finster an, entschuldigte sich aber nicht. Dafür war er rot wie eine Tomate, und die Augen fielen ihm fast aus dem Kopf. Als er einen Schluck Wasser nahm, verschluckte er sich. Ich zog ein »O Mann«-Gesicht, und er bleckte die Zähne.
    Währenddessen warf sich Alissa weinend an Barnabys Hals. Ich nahm einen Schluck Wasser, warf mein Haar zurück und versuchte ungerührt auszusehen. Das Urteil ließ mich tatsächlich ungerührt - es geschah Hubert recht -, aber ich verlor nur ungern, warum auch immer . Außerdem hing Alissa an Barnabys Hals, bis ich dachte, nicht so nahe, altes Mädchen. Andererseits hatte sie gerade coole fünf Millionen eingefahren. Das entschuldigte vieles. Ich hätte mich für einen Fünfer an seinen Hals geworfen.
    Hubert gewann schnell wieder Haltung. Noch während er auf den Stufen vor dem Gerichtsgebäude stand, klappte er das Handy auf und sagte: »Die Schlampe bin ich los. Ich hole dich wie vereinbart ab.« Dann winkte er ein Taxi, nickte mir kurz zum Abschied zu und sprang hinein. Ich sah ihm kopfschüttelnd nach. Zugegeben, Huberts Frau hatte ihn ausgezogen bis auf Hemd und Hose, aber ich hatte mich redlich bemüht, den Schaden zu begrenzen. Immer wieder hatte ich ihn gewarnt, doch er hatte nicht hören wollen und demzufolge selbst Schuld an seinem Schicksal. Das sollte er einsehen!
    Ich zuckte innerlich mit den Achseln (äußerlich war mir nichts anzumerken). Ich hätte alles für eine Kippe und ein Glas Wein gegeben. Stattdessen pitsch-patschte ich zum Coffeeshop und bestellte eine Flasche Badoit, einen Pfirsich-Smoothie und den größten Schokolade-Brownie in der Auslage. (»Ich möchte den da, drei rüber, zweite Reihe von hinten, der ist viel größer als die anderen«, sagte ich, damit keine Missverständnisse aufkamen.) Dann setzte ich mich ins
Fenster wie eine besonders schlecht gelaunte Amsterdamer Prostituierte.
    Eigentlich war ich glücklich, nur hatte der Vormittag mein Glücksgefühl vorübergehend begraben. Ich dachte daran, wie Barnaby und ich vor wenigen Stunden in diesem Coffeeshop geflirtet hatten - anders konnte man es nicht bezeichnen. Da waren wir noch auf Augenhöhe gewesen. Jetzt war ich die Null aus der letzten Bank, der vor versammelter Klasse der Hintern versohlt worden war. Nur wenige Zentimeter vor meinen Augen presste sich ein riesiges Gesicht gegen die Glasscheibe, mit breitgequetschter, bleicher Nase, fetten Lippen und Schielaugen. Ich wich erschrocken zurück und erkannte erst dann, dass es Barnaby war. Grinsend kam er in den Coffeeshop getrottet.
    »Wenn du Wert auf dein Aussehen legst, dann lass dir einen Tipp geben - tu das nie wieder«, sagte ich, nur ein winziges bisschen verstimmt.
    Sein Lächeln legte an Wattzahl zu. »Ich liebe schlechte Verlierer«, sagte er. »Ich finde, ein guter Verlierer ist ein totaler Verlierer. Kann ich dich zu was einladen? Einem Bitter Lemon?«
    »Barnaby«, sagte ich. »Ich bin nicht in Stimmung.«
    »Du konntest nichts dafür. Du hast alles für dieses dämliche Arschloch getan.«
    »Barnaby!« Ich hatte ihn noch nie fluchen gehört. Ich muss sagen, dass er wunderbar fluchen konnte. »Bitte versuch nicht , mir die Niederlage schönzureden. Das ist ein Ding der Unmöglichkeit.«
    »Ich will nichts schönreden. Das ist eine Tatsache. Meine Siegesfreude war spürbar gedämpft. Es war kein fairer Kampf. Zu gewinnen war so schwer, wie einem Baby den Schnuller wegzunehmen.«

    »Stimmt«, sagte ich. »Du willst wirklich nichts schönreden.«
    »Du warst heute Morgen ziemlich aufgekratzt, Montgomery. Was war los? Das Urteil stand von vornherein fest. Das kann dich nicht schockiert haben.«
    »Es ist, als würde jemand nach langer, schwerer Krankheit sterben«, sagte ich. »Du glaubst, dass es dir nicht so zusetzen wird, weil du längst weißt, was passieren wird. Aber wenn es so weit ist, haut es dich trotzdem um.« Ich sah ihn drohend an. »Wage es bloß nicht, diesen Fall in einem deiner Bücher zu zitieren. Nimm dich in Acht - wenn ich nächstes Jahr um diese Zeit durch die Tausend tollen Unterhaltszahlungs-Tipps blättere und einen Hinweis auf den Rupert-Fitzherbert-Fall finde, bist du dran !«
    Er lachte. Es sah sehr attraktiv aus. »Und was machst du jetzt?«
    Ich sah auf meine Kugel. »Ich dachte, ich esse den Brownie fertig und gehe dann eine Runde tanzen.« Ich lächelte. »Normalerweise habe ich außergewöhnlich hohe Ansprüche, aber im Augenblick

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