Meine Schwester und andere Katastrophen
blauen aus Fleece mit Seidenfutter und winzigen Troddeln; ich hatte einen gelben mit abnehmbaren Handschuhen und Stiefelchen; ich hatte eine weiche, beige, federbettartige Decke und einen ganzen Regenbogen von Kaschmirdecken - und kaufte immer noch mehr. Lizbet flippte genauso aus und überhäufte mich mit einem Lammfell für den Kinderwagen, einem Muh-Kuh-Schneeanzug mit Polarfleece und einer winzigen, mit falschem Fell gefütterten Russenmütze mit Ohrenklappen.
Ich sah, dass wir ganz ähnlich dachten. Mein Baby konnte unmöglich genug behütet sein.
Das hat sich nicht geändert.
Das ist ein Schock für Frauen wie mich, die bisher in dem Luxus gelebt haben, dass alles machbar ist. Das Muttersein zwingt dich dazu, dich den Unvollkommenheiten dieses Planeten zu stellen. Aber es zwingt dich auch dazu, deine eigenen Schwächen als Mensch zu bedenken - ein Zeitvertreib, mit dem ich mich noch nie abgegeben hatte. Ich war immer unter Erwachsenen gewesen und hatte dabei stets das Gefühl gehabt, dass sie mit ihrer Enttäuschung leben mussten, falls ich etwas tat, das sie missbilligten. Bei Kindern ist das anders.
Wenn sie sich über dich aufregen, dann liegt dein Kopf auf dem Richtblock - und dein eigener Arm schwingt die Axt. Und wenn du ihnen etwas Gutes tust, dann meistens mit niederen Mitteln - dem Fernsehen.
Deine Ängste und Fehler stehen dir frontal entgegen. Davor war es leicht, ihnen auszuweichen, ich brauchte mir nur andere Menschen anzusehen wie den Soziologen von gegenüber, der seinen Wagen immer vor meinem Haus parkte. Es war mir egal, was die anderen von mir hielten - ich fand, dass ich so gut wie perfekt war. Aber wenn du mit deinem Zorn ein kleines Kind zum Weinen bringst, dann wünschst du dir schmerzlich, du könntest die Uhr zurückdrehen und alles noch mal richtig machen - weil es die reinste Folter ist, wenn dein Kind schlecht über dich denkt.
Ich dachte, George würde mir wegen Barnaby die Hölle heißmachen, aber das tat er nicht, und zwar darum.
Noch im Krankenhaus sagte er: »Ich möchte nicht, dass meine Tochter später denkt, ihr Vater ist eine Laus. Ich will, dass sie stolz auf mich ist.«
Die Geburt meines Kindes war an einem ungewöhnlichen Tag.
Ich wollte gerade meine Schwester anrufen, als sie mich anrief. »Cass! Ich kann heute nicht ans Meer fahren. Es tut mir schrecklich leid. Aber mir ist was dazwischengekommen.« Sie machte eine kurze Pause. »Und das duldete keinen Aufschub.« Dann fing sie an zu lachen.
Tim war bei ihr; ich hörte es ihr an. Er hat auf sie den gleichen Effekt wie die Sonne auf den Himmel. Ich glaube, das wird er immer haben. Tims Liebe bewirkt, dass Lizbet erstrahlt, und das ist bei Eltern von zwei Monate alten Zwillingen keine Kleinigkeit. Aber Lizbet beeindruckt mich wirklich
- sie ist viel entspannter, als ich es war. Sie rief zwanzig Minuten nach der Geburt an und meinte, beide seien wunderschön, aber sie mache sich Sorgen, ob James vielleicht ein fliehendes Kinn bekommen könnte. Ich sagte: »Alle Babys haben ein fliehendes Kinn, das erleichtert das Stillen.« Dann lachte ich in mich hinein.
Eine Stunde später war ich im Krankenhaus - Barnaby und George kümmerten sich um Sarah (drei Jahre, und sie zwingt mich, ihre Füße mit einer Taschenlampe anzustrahlen, während sie ihre Pirouetten dreht) und Joseph (zwölf Monate und ein wirklicher Engel, dessen Güte aber noch auf die Probe gestellt werden wird, wenn er erst begreift, dass er mit zweitem Vornamen Clyde heißt). Mein Exmann ist inzwischen der reinste Kinderpsychologe, er hat die BBC verlassen und ein Reich des Bösen gegründet, Tootle Pips, eine Musik- und Theatergruppe für Babys und Kleinkinder. Alle Mütter himmeln ihn an. (Kaum zu glauben, wie wenig Männer brauchen, um Frauen zu beeindrucken; was für Typen haben diese Mädchen eigentlich geheiratet?)
Und Barnaby entwickelt sich allmählich zu einem tollen Vater. Er vergöttert Sarah und redet mit ihr wie mit einer Gleichaltrigen - »Ah! Meine Beste! Wäre es nicht wunderbar, wenn es jeden Tag Lutscher zum Frühstück gäbe?« Und er verhätschelt Joseph, den er schon jetzt für die nächste Hauptrolle bei Tootle Pips vorbereitet. (Dazu nimmt er das kleine Patschhändchen, klatscht damit an die Küchenfront und blökt: »Ein Glas Milch!« - Poch, poch, poch - »Und zwar zackig!«)
Manchmal sehe ich zu, wie Barnaby unserem Sohn Fratzen schneidet oder mit Sarah »Ochs am Berg« spielt, und habe das Gefühl, dass ich ihn vor einem
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