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Meine Schwester und andere Katastrophen

Titel: Meine Schwester und andere Katastrophen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Maxted
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das wird garantiert ein Junge - man sagt schließlich, dass Mädchen ihrer Mutter die Schönheit wegnehmen!«
    »Hallo, Sohn«, sagte der Mann. Er beugte sich in den Wagen und grinste mich an. »Und das ist bestimmt Cassie, von der wir schon so viel gehört haben! Mach ihr die Tür auf, Sohn! Wo sind deine Manieren?«
    »Dad, Cassie; Cassie, Dad; Mutter, Cassie; Cassie, Mutter!«, sagte Barnaby gehorsam. »Mutter!«, sagte er dann. »Du siehst bezaubernd aus!«
    »Danke, mein Bester, du aber auch!« Sie warf mir einen boshaften Blick zu. »Ganz im Vertrauen, Cassie. Als er nach Oxford ging, war er ganz anders. Damals hörte er sich an wie der schlimmste Gangsterrapper!«
     
    Am nächsten Morgen lag ich gerade im Bett, aß Buttertoast und dachte, dieser Mutterschaftsurlaub ist genial!, als das Telefon läutete. Überzeugt, dass es Barnaby war, ging ich an den Apparat.
    »Hallo?«, fragte eine leise Stimme. »Könnte ich bitte mit Cassandra sprechen?«
    »Am Apparat«, sagte ich und versuchte gleichzeitig, den Toast hinunterzuschlucken - der plötzlich als trockener Brocken in meinem Mund lag. Mühsam kämpfte ich mich hoch, bis ich aufrecht saß.
    »Cassandra! Du klingst so … erwachsen! Hier ist Lucille. Ich bin Sarah Blatts ältere Schwester. Vielen Dank! Vielen Dank, dass du geschrieben hast. Dein Brief hat mir so unendlich viel bedeutet - du kannst dir gar nicht vorstellen, wie
viel. Und so eine wunderschöne Handschrift!« Es wurde still, und ich hörte ein leises Schniefen. »Entschuldige. Du hörst dich an, als wärst du inzwischen eine sehr … wohlgeratene junge Frau. Ich freue mich so. Ich … kann kaum glauben, dass es endlich passiert ist. Ich kann gar nicht fassen, dass ich wirklich mit dir spreche. Hat dir das Foto von Sarah gefallen?« Sie zögerte. »Oder … war dir das zu viel?«
    Ich hielt den Hörer fest in beiden Händen und lächelte in die Muschel. »Ich kann es auch kaum fassen, dass ich mit dir rede«, sagte ich. Ich wuchtete mich aus dem Bett, stapfte ins Arbeitszimmer und zog den Ordner mit der Aufschrift BABY heraus. Ich blätterte darin herum, bis das kleine Schwarzweiß-Foto einer jungen Frau mit Haarklemme in den Lockenhaaren herausfiel. Sie strahlte, und ihre Augen funkelten frech.
    »Das Foto von Sarah ist wirklich nett«, sagte ich. Jetzt, wo ich es wirklich betrachtete, fand ich, dass wir die gleiche Nase hatten. Gene. Verrückt.
    »Ich habe noch viel, viel mehr. Ich könnte sie dir schicken, wenn du magst.«
    Ich sagte: »Das könntest du. Oder du könntest sie vorbeibringen.«
     
    Ich bin kein körperlicher Mensch - nicht wie Lizbet, die eine Katze, einen Baum, was oder wen auch immer umarmen konnte -, aber Lucille war ein unglaublich umarmbarer Mensch. Sie war klein und rund, hatte Haare wie Stroh und ein rötliches Gesicht. Ich war mit meiner wasserballähnlichen Figur weniger umarmbar, weshalb sie mich von der Seite umarmte. Als sie mich endlich wieder freigab, war ihr Gesicht tränenüberströmt. Die weißen Rosen, die sie mir gekauft hatte, waren ebenfalls leicht geknickt.

    Ich hätte weinen können , hielt aber den Deckel auf dem Topf. Ich empfand zugleich große Freude und große Trauer. Stattdessen drückte ich ihre Hand und ließ sie dann wieder los.
    »Sieh dich an«, sagte sie. »Sieh dich nur an.« Sie schüttelte den Kopf.
    Plötzlich war mir schwindlig. »Ich muss mich setzen«, keuchte ich.
    »Natürlich! Entschuldige! Wenn du mir sagst, wo die Küche ist, hole ich dir ein Glas Wasser. Ich finde es so nett von dir, dass du mich eingeladen hast! Ich bleibe nicht lang - na gut! Ehrlich gesagt würde ich liebend gern eine Woche bleiben - ich würde still in einer Ecke sitzen und bewundernd zu dir aufsehen, ohne ein Wort zu sagen! Aber das wäre allzu merkwürdig, oder? Ich will nicht aufdringlich sein! Bestimmt hast du viel zu tun! Wie lange hast du noch, bis das Baby kommt?«
    Ich musste lachen! »Das Datum ist in zwei Wochen«, sagte ich, worauf sie in die Hände klatschte wie ein kleines Kind. Ich mochte Lucille - sie wirkte auf sympathische Weise verrückt -, und die Erleichterung wehte über mich hinweg wie eine kühle Brise. Wenn ich etwas nicht brauchen konnte, dann noch mehr öde Verwandte.
    Lucille holte mir ein Glas Wasser - ich musste sie überreden, auch ein Glas für sich zu holen, weil sie »einer Schwangeren keine Arbeit aufhalsen wollte«.
    »Zwei Gläser in die Spülmaschine zu räumen schaffe ich gerade noch«, sagte ich.
    »Oben oder

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