Meine Schwester und andere Katastrophen
Tiffany stammten (ein Geschenk von mir selbst - George konnte sich nur H Samuel leisten, und dafür brauchte er kein Geld auszugeben, wie ich ihm klarmachte). Obwohl die achtzehnjährige Sarah Paula nicht gerade wie ein Tiffany-Mädchen klang. Ich wollte sie nicht mit allzu viel Tiffany einschüchtern. Ach, scheiß drauf. Schließlich hatte ich nicht vor, mir eine dreiundzwanzigtausend Pfund teure goldene Spinnenbrosche mit Diamanten, Rubinen, Smaragden und Saphiren an die Brust zu pieken. Meine Tiffany-Rüstung gehörte zu mir, und sie würde mich so annehmen müssen, wie ich bin, oder sie konnte mir gestohlen
bleiben. Nein, ehrlich gesagt konnte sie mir nicht gestohlen bleiben. Es war mir extrem wichtig, dass sie mich annahm.
Es war das erste Mal in meinem Leben, dass ich Angst davor hatte, einen schlechten Eindruck zu machen. Ich war immer der Meinung gewesen, dass sich meine Mitmenschen um mich bemühen sollen. Wer zu weich ist, bringt es zu nichts. Ich war nie für diese blauäugige kleinmädchenhafte Um-den-Finger-wickel-Masche zu haben. Frauen, die betteln und betören, um etwas zu erreichen, sind nicht nur dumm, sondern auch Verräterinnen - sie ziehen damit alle Frauen in den Schmutz und erreichen nur, dass wir uns unserer Weiblichkeit schämen. Ich finde es viel effektiver, Leute einzuschüchtern. Auf diese Weise mögen sie dich zwar hassen, aber sie respektieren dich. Und normalerweise finden sie dich trotzdem anziehend, weil du Selbstvertrauen ausstrahlst, und das finden sie unwiderstehlich. Du kannst sehen, wie sie dich anschauen und hoffen, dass etwas von deinem Glanz auf sie abstrahlt. Sie wollen sich bei dir einschmeicheln. Und das wiederum bedeutet, dass du wahrscheinlich alles bekommst, was du willst.
Ich war nur nicht sicher, ob diese Strategie hier angebracht war. Ich spürte … Zweifel. Vielleicht sollte ich mich diesmal ausnahmsweise sanft zeigen. Bis dahin war mir die Sanftmut am Arsch vorbeigegangen. Ich wusste nicht mal, wie ich es anstellen sollte, sanft zu wirken. Sollte ich eine Federboa umlegen? Lizbet war sanft. Das hieß nicht, dass sie schwächlich war. In unserer Kindheit hatte sie es bestens verstanden, mir das Leben zur Hölle zu machen; sie war eine Meisterin der psychischen Folter gewesen. Zumindest ihre Techniken hätten dem KGB von großem Nutzen sein können. Aber tief im Herzen war sie ein sanftmütiger
Mensch. Es hatte immer einen Punkt bei unseren Mutproben gegeben - meist nachdem sie mich auf den braunen Disteln aus den Trockenblumenarrangements unserer Mutter sitzen ließ -, an dem mir die Tränen in die Augen traten, und jedes Mal hatte sie sich im gleichen Augenblick auf mich gestürzt, mich mit dicken, feuchten Schmatzern abgeküsst und mir Süßigkeiten versprochen. Ich hatte jedes Mal boxend und kratzend versucht, mich aus ihrem Griff zu befreien, und war weggerannt, woraufhin sie mir nachgelaufen kam und »Cassie! Bitte! Warte!« gerufen hatte. Es war ihr wichtig, allen zu gefallen.
Mir war es wichtig, Sarah Paula zu gefallen. Ich wollte mich nicht gegen sie stellen. Ich wollte, verdammt noch mal, bemuttert werden. Ich wollte, dass jemand »Mein süßes kleines Zuckerschätzchen« zu mir sagte. Ich wollte, dass sie mich zu Hause besuchte und anfing, meine Unterwäsche zusammenzulegen. Meinetwegen konnte sie sogar den Finger anlecken und mir mit Spucke den Dreck vom Gesicht reiben.
Ich musste sanfter werden, sonst würde sie das nicht wagen. Während Lizbet stets umarmungsbereit wirkte und bei jedem den Beschützerinstinkt weckte, nahmen mich die Menschen als hart und abweisend wahr. Und das zu Recht. Ich erwartete nicht, dass Sarah Paula fähig wäre, irgendwen zu beschützen, und schon gar nicht mich - im Büro habe ich den Spitznamen »Stahlklaue« -, aber ich wollte ihr das Gefühl geben, dass ich ihr die Möglichkeit dazu ließ.
Unwillkürlich kam mir der Gedanke, dass sich Sarah Paula und Lizbet gut verstehen würden. Ich wusste es einfach. Ehrlich gesagt konnte ich es kaum erwarten, sie miteinander bekannt zu machen. Ich wusste noch nicht, wo wir uns verabreden würden - vielleicht in einem Park oder einem Museum, an einem wenig formellen, aber doch erinnerungswürdigen
Ort -, aber ich wünschte, ich hätte Lizbet mitnehmen können wie ein Accessoire, genau wie die Schuhe, die Frisur, den Schmuck, die weißen Zähne; siehst du, das ist meine Schwester, ich habe mich doch gut gemacht, oder?
Aber das war nicht möglich, weil ich Lizbet nichts von alldem
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