Meine Schwiegermutter ist cooler als deine
scheint, als
wären die Filme anderthalbstündige Musikvideos zu diesen wunderbaren Ohrwürmern. In deutschen Komödien wird bis heute nach
dem Dreh und kurz vor dem Kinostart noch ein bisschen Soundmatsch drübergeschmiert. Können Sie sich noch an die Musik eines
Otto- oder Bully-Films erinnern? Da haben die Italiener seit Sergio Leone und Oliver Onions (klasse Pseudonym) definitiv die
Hosen an.
|104| Und gestern Abend ist Folgendes geschehen: Gerade ärgerte ich mich bei meinem neuen Handy über die magere Auswahl an würdevollen
Klingeltönen, da begann im Fernsehen ›Zwei wie Pech und Schwefel‹. Gleich die Anfangssequenz besteht aus dem vollen Abspielen
des Liedes, während Bud Spencer und Terence Hill sich ein Autorennen liefern, um jenen rattenscharfen roten Strandbuggy zu
gewinnen, um den es im Verlauf der Handlung dann eine Menge Keilereien gibt. Ich schnappte mir mein Handy, schaltete auf »Aufnahme«
und raste zum Fernseher. Meine Frau und selbst meine fünfjährige Tochter schauten mich ratlos an (»Was ist das bloß für ein
Typ, der da bei uns wohnt?«), während ich vor Freude ob des gelungenen Coups auf und ab hüpfte. Ich machte aus der Aufnahme
meinen Klingelton, und wann immer mich jemand anruft, höre ich dieses fantastische Lied. Es geht mir immer noch nicht auf
die Nerven. Obwohl ich mich heute schon mehrmals selbst vom Festnetz angerufen habe.
|105| Die ewige Suche
Ich bin ein großer Fan von Weihnachten. War ich schon immer, selbst als pubertärer Rotzlöffel. Als Journalist Fan von Weihnachten
zu sein, ist aber gar nicht so einfach, denn ab September muss man in der Zeitung mit dem Thema »Weihnachten« Zeilen füllen,
und nur zu schreiben: »Weihnachten ist doch im Großen und Ganzen recht schön«, bringt einen dabei nicht sehr weit. Vor allem
nicht, wenn man nach Zeilen bezahlt wird. Also muss man sich zunächst launig darüber beschweren, dass angeblich schon ab September
Schoko-Nikoläuse im Handel stehen – eine Lüge, die von Journalistengeneration zu Journalistengeneration weitergetragen wird,
ohne dass sich mal einer die Mühe macht und nachschaut. Rückt Weihnachten näher, muss man auf mahnend-frömmelnd umschalten
und über den bösen Materialismus schimpfen und dass der »Sinn von Weihnachten« verloren geht. Dann dürfen es noch ein paar
Kolumnen über die elendige Hatz kurz vor Ladenschluss, die neuen Modepuppen der Kleinen, die gestressten Verkäuferinnen und
die ökologisch bedenkliche Verpackungs- und Schleifchenwut sein, und schon hat sich der gemeine Skribent in der Lokalredaktion
sein Geschenkegeld verdient.
|106| Ich bleibe dabei: Ich finde Weihnachten klasse, und mit Kindern, die noch an den Weihnachtsmann glauben, ist es erst recht
toll (»Papi, wie kommt der Weihnachtsmann denn mit dem Schlitten bis auf die Insel?«). Weihnachten ist in einer Großfamilie
zugegebenermaßen ein Kraftakt, denn wir sind etwa zwanzig Personen, und in Italien ist es üblich, dass jeder jeden beschenken
muss. Ehepaare müssen einzeln geben. Laura kauft also ein Geschenk für Leo und eines für Claudia, und ich kaufe eines für
Leo und für Claudia, und Laura und ich bekommen auch je ein Geschenk von Leo und eines von Claudia. Das macht am Tag der Bescherung
rund 400 Geschenke, für die das Wohnzimmer schon längst nicht mehr ausreicht: Der Berg mäandert bis in Esszimmer und Küche.
Wir feiern natürlich bei Minnie, die schon Tage zuvor mit den Vorbereitungen beginnt. Anders ist so ein Fest ja auch nicht
zu stemmen. Wir helfen, wo es geht, aber an die Kochtöpfe darf nur Minnie. Pepe kümmert sich immerhin um den Fisch, und ich
schleppe Wasser, bis meine Arme orang-utan-haft lang sind.
Wir feiern übrigens, ungewöhnlich für Italien, am Heiligen Abend. In vielen Ländern wird ja am 25. Dezember morgens beschert, aber ich finde, da macht Deutschland mal was richtig. Der Abend ist doch viel magischer, zauberhafter
und stimmungsvoller!
Ich könnte Ihnen jetzt eine ganze Menge von dem 24.12. in meiner italienischen Familie erzählen, aber es würde Sie vermutlich
langweilen, weil ich mich wiederholen würde. Es ist schön und besinnlich, alle sind glücklich, das Essen schmeckt. Das kann
man nicht über mehrere Seiten strecken.
|107| Nur in einer Angelegenheit gibt es jedes Weihnachten ein ernstes Problem. Ich führe seit August eine Liste in meinem Filofax
(so unmodern bin ich), in die ich Geschenkideen eintrage,
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