Meine Schwiegermutter ist cooler als deine
mir würde noch jemand fahren. Aber wer sagt
denn, dass die aktuelle Skitechnik der Weisheit letzter Schluss ist? Im Fußball, Tennis und im Golf sind ja auch viele Trainingstechniken
in den letzten Jahren nicht nur über den Haufen geworfen, sondern regelrecht in ihr Gegenteil verdreht worden. Vielleicht
wird der »Maibel ® « ein Erfolg.
Dann gönne ich mir von den Lizenzgebühren mal einen anständigen Skilehrer.
|111| Abenteuer im Grödnertal, Teil 3
Es ist ja nicht so, dass ich mir noch nie einen Skilehrer gegönnt hätte. Aber das mache ich jetzt nicht mehr, denn die Würde
des Menschen ist unantastbar. Daher habe ich mich in diesem Urlaub nicht überwinden können. Mein letztes Erlebnis mit einem
Skilehrer hat mir diesbezüglich den Zahn gezogen. Wenn ich nämlich Schuss fahre, so schnell ich kann, und der Wind pfeift
mir ins Gesicht – und der Skilehrer fährt in Schleifen
und auch noch mit dem Rücken zum Tal
vor mir her und gibt mir mit ruhiger Stimme Anweisungen, während ich bei für mich höchstmöglichem Tempo um mein Leben herumrudere –, also, eine unwürdigere Situation kann ich mir einfach nicht vorstellen.
Noch zwei spezifisch italienische Beobachtungen. Erstens: Eine Snowboarderin, Anfängerin und höchstens 15, fällt fürchterlich
hin und überschlägt sich mehrfach. Noch im Liegen und mit Schnee im Gesicht greift sie in die Hosentasche, holt ihr Handy
hervor und überprüft, ob es den Sturz überstanden hat.
Zweitens: In Südtiroler Ecken wie dem Grödnertal, wo man sich praktisch ausschließlich auf einer schiefen Ebene bewegt, empfiehlt
es sich auch für die Ordnungskräfte, einigermaßen Ski fahren zu können. Nun rekrutieren die |112| Carabinieri ihren Nachwuchs nicht im reichen Norden, sondern vor allem im armen Süden, wo eine Karriere bei den staatlichen
Ordnungskräften (oder im Militär) immer noch die beste Chance ist, die man im Leben kriegen kann. Und ein junger Kerl aus
Sizilien, Kampanien oder Apulien hat vom Skifahren noch wenigerAhnung als ich.Also muss er es auf der Piste lernen. Und so
sieht man auf den Anfängerhügeln das sehr fotogene Bild von zwanzig Carabinieri, akkurat in Carabinieri-Skiuniformen mit dem
stolzen Wort »Carabinieri« auf dem Rücken gekleidet, die im verzweifelten Schneepflug, einer hinter dem anderen, die Abhänge
zu meistern versuchen, inmitten all der Kleinkinder, die ihnen im Schuss zwischen den Beinen hindurchrasen. Nicht, dass ich
mich mit meinen beschränkten Fähigkeiten über die armen Jungs lustig machen will, aber diese geballte Autorität, die sich
zugleich so unbeholfen anstellt – das ist irgendwie rührend, und es gibt niemanden, der bei diesem Anblick nicht still in
sich hineinlächeln müsste.
|113| Abenteuer im Grödnertal, Teil 4
Ich hatte mich bereits Ende November im Fitnessstudio angemeldet, denn es konnte ja nicht angehen, dass ich den Skiurlaub
antrete und jedes Mal nach zwei Fahrten schon nach Luft schnappen muss. Also beschloss ich, mich gewissenhaft vorzubereiten.
Aus einigermaßen seriösen Internetportalen druckte ich mir Trainingspläne allgemeiner (Muskelaufbau) und spezieller Art (Skimuskelaufbau)
aus und stellte mir auf dem Bürocomputer einen Trainingsplan zusammen. Die Datei nannte ich verschämt ›Stefan 71‹, denn ein
Name wie ›Dicke Muckis ruckzuck‹ hätte bei den vielen Benutzern doch für Misstrauen gesorgt, und ich hänge sehr an meinem
Münchner Teilzeitjob.
Also hing ich zwei Monate lang in der Beinpresse und drückte unter dumpfen Schmerzensschreien Tonnen von Gewichten weg. Auch
den Bizeps trainierte ich, denn mein neuer Körper sollte ja nicht »unausgewogen« wirken. Und meinen Kumpels erzählte ich zwar,
dass ich mich im Fitnessstudio eingeschrieben hätte, aber ich würde nur »Cardio« machen, also radeln und joggen, was eine
dreiste Lüge war. Zeitgleich meldete ich mich in dem Fitnessstudio von Grado an, so konnte ich zwei Wochen pro Monat |114| in Deutschland trainieren und zwei Wochen in Italien. Das Gradeser Fitnessstudio trägt den obskuren Namen »Beach Boys Club«,
kann sich aber in punkto Ausstattung mit jedem schicken Studio in der Großstadt messen – und es kostet mit der Zehnerkarte
lächerliche sechs Euro Eintritt, was man, wenn man Münchner Preise gewöhnt ist, mit einem nervösen Kichern registriert.
Jeden Abend stellte ich mich auf die Waage und vor den Spiegel, zudem entdeckte ich eine sehr merkwürdige
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