Meine Schwiegermutter ist cooler als deine
einer kleinen Band begleitet. Mein Favorit war eine laszive Schönheit, die nur ins Mikrofon hauchte, aber das
sehr betörend. Na gut, vielleicht verstehe ich wirklich nicht viel von Musik. Sie sollte Letzte werden, dabei hatte sie das
wirklich nicht verdient. Es gab nämlich zwei Ranschleim-Songs, die doch zu durchsichtig auf die Zustimmung des Publikums abzielten
und dafür hätten bestraft werden müssen. Die eine Band sang von den »magischen Nächten Grados«, eine weitere Band wünschte
sich, Grado möge noch in tausend Jahren so sein wie heute – die Fischer sollten weiter rausfahren und im Sonnenaufgang heimkehren
zu ihren Müttern und Frauen oder so ähnlich. Das kam ein bisschen dicke, auch wenn es musikalisch in Ordnung war.
|136| Aber beim ›Festival della Canzone Gradese‹ entscheiden eben keine Jurys, sondern die Zuschauer mit ihren Eintrittskarten.
Auf denen muss man unter den zwölf Teilnehmern die drei Besten ankreuzen. Der Gesangswettbewerb ging um 20 Uhr los, um Mitternacht war man durch, bis 1.30 Uhr musste ausgezählt werden. Die Auszählung war durch den Dreistimmenmodus komplizierter als bei amerikanischen Präsidentschaftswahlen,
deswegen verzogen wir (Laura, Leo, Luca, Claudia, ich und eine Freundin aus Grado) uns nach der Stimmabgabe in eine Weinbar
und wählten unsere eigenen Favoriten beziehungsweise jene Band, die unserer Meinung nach gewinnen würde, weil sie die perfekte
Balance aus gutem Song, gutem Vortrag und ausreichend Verwandten im Publikum bieten konnte. Wir tippten unisono auf die Nummer
10, ein Lied, das von einer Mutter, ihrer Tochter und ihrem Sohn vorgetragen worden war. Auf Platz zwei wählten wir Nummer
1 (Joe Cocker and Friends), auf Platz drei eine entzückende Gospelsängerin, die ein Duett mit dem Vorjahresgewinner sang (Nummer
5). Genau so kam es: 10 vor 1 vor 5. Nicht, dass wir uns dafür was hätten kaufen können.
Kleiner Tipp: Man kann, wie bereits erwähnt, das Festival auch im Internet verfolgen. Wenn Sie Grado-Fan sind, sollten Sie
sich eine Flasche Tocai aufmachen und sich das Spektakel gönnen. Mittippen macht am meisten Spaß.
|137| Shopping in München
Wenn Laura mal in München ist, was wegen der Kinder selten genug vorkommt, dann interessieren sie weder Museen noch Biergärten,
weder italienische Restaurants noch die Maximilianstraße, weder der Englische Garten noch das Nymphenburger Schloss. Für Laura
gibt es nur drei Ziele, mit denen sie auch problemlos die gesamte Woche bestreiten kann, denn sie geht überall mehrmals hin,
und alle drei Ziele scheinen typisch für praktisch veranlagte italienische Familienvorstände zu sein:
H&M
Die Idee mit dem schnellen und preiswerten Nachmachen aktueller Spitzenmode ist ja auch genial, aber vor allem Familien mit
Kindern wissen, wie wunderbar es ist, dort auf einen Schlag die Garderobe der nächsten zwei Jahre zu kaufen und keinen Herzinfarkt
an der Kasse zu kriegen. H&M ist in Italien weitgehend unbekannt, dort muss man sich die Garderobe für die Kleinen
in verschiedenen Boutiquen zusammensuchen. Da ist so ein Kleidungssupermarkt mit vernünftigem Design und niedrigen Preisen
einfach die bessere Alternative |138| . Im Jahr 1998 erzählte mir eine Moderedakteurin, sie würde ihr ganzes Geld, wenn sie denn welches hätte, in H&M anlegen.
Sie hatte recht: DerAktienkurs hat sich in den letzten zehn Jahren vervierfacht. Laura legt ebenfalls sehr viel Geld in H&M
an.
Ikea
Das Gras ist ja immer grüner auf der anderen Seite des Gartenzauns. Während wir Deutschen Möbelläden stürmen, die italienische
Lebensart suggerieren und uns mit »toskanischen Designersofas« übers Ohr hauen lassen, gibt es in Italien schon seit Jahren
nichts Aufregenderes als skandinavisches Wohndesign. Erst seit Kurzem gibt es Ikea auch in Italien, aber nicht mehr als eine
Handvoll Läden. Da die Möbelindustrie in Italien groß und mächtig ist, würde ich mal behaupten, dass es genug Lobbyarbeit
gibt, um die Ansiedlung und Ausbreitung der Schweden zu verhindern. Laura kommt immer mit einer langen Einkaufsliste nach
München, und wenn wir schließlich gemeinsam zurückfahren, dann ist das Auto so vollgepackt, dass sie mir bei jedem Spurwechsel
assistieren muss. Erstaunlich dabei ist, dass es nicht wenige große Dinge sind, sondern drei bis fünf Ikea-Säcke voll mehr
oder weniger nützlichem Krempel, wovon mindestens ein Sack ausschließlich mit Kerzen
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