Meine Schwiegermutter ist cooler als deine
Tür mit souveräner Geste Feuer.
Am Tag nach den »italienischen Verhältnissen« übrigens kam die Meldung, dass die ehemalige Grünen-Bundestagsabgeordnete Marianne
Tritz, die sich einst ihre Meriten im Kampf gegen Gorleben verdiente, nun Pressesprecherin des Verbandes der deutschen Zigarettenindustrie
wird.
Ach, Grüne.
|125| Einmal Zahnarzt, hin und zurück
Minnie muss neuerdings ein paar Zahnarztbehandlungen über sich ergehen lassen, und die Zahnärztin ihres Vertrauens, eine zierliche
Person namens Silvia, praktiziert eine Stunde entfernt in Udine. Da Minnie Betäubungsspritzen bekommt und ohnehin nicht so
gern Auto fährt, lässt sie sich fahren. Und da ich ja der Einzige aus der Familie bin, der keiner geregelten Arbeit nachgeht,
erwischt es meistens mich.
Derzeit muss Minnie alle zwei Wochen nach Udine, und das geht schon seit fast einem halben Jahr so, und was zuerst nach echter
Strafarbeit klang, entwickelte sich nach und nach zu einer angenehmenAbwechslung meiner – und wohl auch Minnies – Tage. Wir treffen uns frühmorgens auf einen Kaffee in Grado, dann fahren wir los, rauschen durch die friulanische Tiefebene
und kommen pünktlich zehn Minuten zu spät. Während Minnie sich behandeln lässt, setze ich mich ins Wartezimmer und kämpfe
mit meinem Computer, auf dass er mir eine drahtlose Internetverbindung gewährt (es hat bislang nicht geklappt). Dann kommt
Minnie mit dicker Wange aus dem Behandlungszimmer, und wir fahren heim. Das sind eigentlich sehr schöne Vormittage. Minnie
und ich versichern einander, |126| wie hübsch, intelligent und rundum wohlgeraten Elisabetta und Beatrice doch sind, dann reden wir über dies und das und lästern
ein bisschen über andere Familienmitglieder. Ich komme mir vor wie Minnies bester schwuler Freund.
Auf jeder Fahrt zum Zahnarzt will ich Minnie trösten. »Wird schon nicht so schlimm«, sage ich. »Das Einsetzen tut gar nicht
weh, Wurzelbehandlungen sind eigentlich ganz harmlos, und die Spritzen heutzutage wirken wirklich sehr gut.« Aber Minnie winkt
nur ab, denn sie will gar nicht getröstet werden. »Ich habe keine Angst, und ich spüre keine Schmerzen«, versichert sie mir
immer wieder, was ich als alter Dental-Paranoiker kaum glauben kann. Aber es scheint zu stimmen, denn sie ist zu Scherzen
aufgelegt und lacht sogar noch, wenn sie Silvias Behandlungszimmer betritt.
Auf der Rückfahrt besprechen wir oft, was Minnie am Abend kochen soll. Das ist meine große Chance, Einfluss auf das Menü zu
nehmen und Minnie subtil dazu zu bringen, meine Lieblingsgerichte zuzubereiten. Das schaffe ich, indem ich ein bisschen herummanipuliere
und das Gespräch in die entsprechende Richtung leite. Zum Beispiel frage ich scheinheilig, wie sie denn diese Ragoutsauce
für die Spaghetti so hervorragend hinkriegt, und sie erzählt mir von Karotten und einem Löffel Zucker und dem langen (oft
stundenlangen) Köcheln, und am Ende hat sie selbst Appetit darauf bekommen. Ich nehme an, Minnie durchschaut mich (selbst
meine fünfjährige Tochter durchschaut meine Psychospielchen, sie auf den Golfplatz zu bekommen – »du willst da ja nur selber
hin«), aber sie spielt das Spiel mit. Und am Abend bekomme ich dann tatsächlich |127|
spaghetti al ragù
.
Spaghetti bolognese
ist übrigens, soweit ich es verstanden habe, exakt das Gleiche, obwohl Italiener behaupten, dass
spaghetti bolognese
irgendwie ein minderwertiger Ausdruck sei – der wahre Kenner bestelle ausschließlich
al ragù
. Und noch ein Tipp von Minnie: Nehmen Sie Spaghettoni, das sind die dicken Spaghetti. Damit schmeckt es einfach »bissiger«.
Apropos Biss: Wer hätte gedacht, dass so etwas Grundböses wie ein Zahnarzt etwas so Gutes gebiert wie einen entspannten Vormittag
und viel Vorfreude aufs Abendessen?
|128| 10 Fehler, die man in Italien nicht machen sollte
Witze über die Mafia reißen. Ihnen gefällt es doch auch nicht, wenn Ausländer Naziwitze zum Besten geben, oder?
In einem teuren Restaurant einen gespritzten Weißwein bestellen.
Sich inbrünstig zu einem italienischen Fußballverein bekennen. Es ist in der jeweiligen Situation garantiert der falsche.
Sie müssen nicht in Ihren allerkürzesten Kleidern rumlaufen, auch wenn Sie »nur mal so bummeln« wollen. Fragen Sie sich doch
mal, warum sich die Araber im heißen Wüstenklima komplett bedecken. Religiöse Gründe sind es nicht.
Es ist gut, sich anzupassen. Aber bleiben Sie am Steuer ruhig ein
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