Meine Seele gehoert dir - Angelfire ; Bd. 1
Hallo! Ich sitze auch hier! Wäre ich nicht so wütend gewesen, hätte ich darüber lachen müssen, dass sie wegen mir stritten, während ich direkt neben ihnen saß. Wenn sie meine Anwesenheit so ignorierten, wurde deutlich, dass ihnen ihr Streit viel wichtiger war als meine psychische Gesundheit.
Mein Dad schnaubte. »Wenn du das für notwendig hältst.«
»Es gibt viele Dinge, die ich für notwendig halte.«
»Was soll denn das schon wieder heißen?«
Sie starrte ihn an. »Du weißt genau, was das heißt.«
»Hör auf mit den Ratespielchen.«
An einem Abend wie diesem wünschte ich mir einen Hund. Dann hätte ich eine Entschuldigung gehabt, das Haus zu verlassen und spazieren zu gehen. Hauptsache ein Grund, verschwinden zu können.
»Du bist nie zu Hause, und wenn du da bist, tust du nichts, als herumzuschreien«, warf Mom ihm vor. »Ich habe Angst vor dir, wenn du abends nach Haus kommst. Elisabeth ebenfalls. Es würde mich nicht wundern, wenn ihre Albträume davon kommen, dass du sie all die Jahre wegen jeder Kleinigkeit angebrüllt hast. Hier geht es nicht um dich und mich, Rick – hier geht es darum, wie du deine Tochter behandelst.«
Ich konnte es nicht länger ertragen. Ich stand vom Tisch auf und brachte meinen Teller in die Küche. Dabei versuchte ich, die aufgebrachte Antwort meines Vaters zu überhören. Alle Eltern stritten sich – so etwas passiert in jeder Beziehung – , aber Eltern sollten nicht vor ihren Kindern streiten. Meine Mom und mein Dad schoben sich ständig gegenseitig die Schuld an meinen Albträumen in die Schuhe, obwohl sie wahrscheinlich beide Schuld daran hatten.
Ich ging in mein Zimmer, setzte mich aufs Bett und starrte in den Spiegel über der Kommode. Die pinkfarbene Spieluhr, die mein Dad mir zum siebten Geburtstag geschenkt hatte, stand zwischen zwei Duftkerzen und einer Geburtstagskarte von meiner Oma. Ich ging zur Kommode und öffnete den Deckel der Spieluhr. Die kleine Ballerina im Inneren richtete sich auf. Ich drehte den Schlüssel, der sich am Boden der Spieluhr befand. Eine fröhliche Melodie ertönte, und die Ballerina begann sich zu drehen. Ich sah ihr eine Weile zu und fragte mich, wie mein Leben sich so entwickeln konnte und warum mein Dad zu einem so hasserfüllten Menschen geworden war. Ich liebte diese Spieluhr jetzt vor allem, weil sie mich an den wundervollen Vater erinnerte, der er einst gewesen war. Am liebsten hätte ich die Zeit um zehn Jahre zurückgedreht – irgendwie ein trauriger Wunsch für ein Mädchen in meinem Alter.
DREI
E ntschlossen, mich von meiner Niedergeschlagenheit nicht noch tiefer runterziehen zu lassen, legte ich eine DVD ein. Ich entschied mich für 30 über Nacht , da meine Eltern genau Ich entschied mich für 30 über Nacht, da meine Eltern genau dieses Gefühl in mir ausgelöst hatten. Vielleicht könnten mich die lustigen Szenen ein wenig aufheitern. Immer mal wieder hörte ich wie sie sich anbrüllten. Kurz nach Mitternacht begannen sie erneut, heftig zu streiten.
»Alles Gute zum Geburtstag«, sagte ich trübsinnig. Innerhalb der nächsten fünf Minuten erhielt ich acht SMS-Glückwünsche mit vielen Ausrufungszeichen, Herzchen und Smileys.
Ich beschloss, die ersten paar Minuten meines neuen Lebensjahrs draußen auf der Veranda zu verbringen. Ich lehnte mich an einen der Stützpfeiler und holte tief Luft. Die Nacht war recht kühl, aber mir war warm genug in meinem T-Shirt und der Kapuzenjacke.
Nachdem ich eine Weile auf der Veranda gesessen und vor mich hin geträumt hatte, schlenderte ich die Auffahrt hinunter bis zur Straße. Eine Runde um den Block dürfte genügen. Ich brauchte wirklich einen Hund. Vielleicht sollte ich mir lieber einen Hund statt ein Auto wünschen … na ja, ein Auto war wohl doch besser. Wahrscheinlich kriegte ich es nicht direkt am nächsten Tag, aber dann am Wochenende. Ich kannte viele Jugendliche, die kein Auto zum Geburtstag bekamen, geschweige denn eines, das sie selbst aussuchen durften, ich sollte mich also nicht beklagen. Andererseits gab es auch viele Kinder, deren Eltern sich nicht anbrüllten. Jeder musste so seine Opfer bringen.
Vor mir hörte ich plötzlich ein tiefes Brummen, das mich innehalten ließ. Es klang nicht wie ein Motor oder so, und ich konnte auch keine Scheinwerfer entdecken. Angestrengt spähte ich in die Dunkelheit. Die Laterne über mir summte, dann erlosch sie. Bis zur Straßenecke und auf der großen Rasenfläche konnte ich nichts erkennen. Kurz musste
Weitere Kostenlose Bücher