Meine Spur löscht der Fluß
paar Blätter bereitlagen, und übte fein säuberlich seine Unterschrift, bis er fand, daß es genug sei. Da erhob er sich, machte eine gekonnte Verbeugung zum Professor hin und verschwand wieder. Er ging dann zu Worbinna, um dessen Fertigkeit mit den Händen zu bewundern und seine Augen zu betrachten. In Worbinnas Augen, echten Seemannsaugen, war etwas, was Ishi faszinierte. Er ließ sich auch von Worbinna einen Hobel erklären und zeigte ihm dafür, wie die Pfeilspitzen, die er auf seinem Tisch liegen hatte, entstanden waren.
Unten im Saal wischte Poyser, der Hausmeister, gerade den Boden. Eine Tätigkeit, die er dem Wilden noch nicht zutraute, so gern sie auch Ishi gemacht hätte.
Poyser sah eher komisch aus. Er hatte sich Schuhe und Socken ausgezogen und die Hosen bis unterhalb der Knie hochgekrempelt, um sie nicht naß zu machen.
Ishi mußte lachen, als er Poysers nackte Füße sah, die wie die Waden von käsiger Farbe waren. Und dann war da noch etwas: Poyser hatte Hühneraugen, die Ishi überhaupt nicht kannte. Er setzte sich auf eine Stufe der Treppe und sah dem Hausmeister zu.
Nein, so etwas Komisches hatte er noch nie gesehen!
Aber es sollte noch besser kommen. Als nämlich Poyser mit dem Eimer wegging, um das Wasser zu erneuern, da hinterließen seine nassen Füße Spuren auf den Fliesen des Fußbodens.
Ishi stürzte zu den Spuren hin und schüttelte sich vor Lachen. Das waren nicht die Fußabdrücke eines Menschen, sondern die eines Bären!
Poyser hatte nicht nur Hühneraugen und einen Frostballen an der rechten großen Zehe, Poyser hatte auch Plattfüße. Und dazu noch Krampfadern.
»Und da redet ihr immer von Schuhen!« rief Ishi. »Ich soll Schuhe tragen. Sieh deine Füße an, so gesund sind Schuhe. Ich ziehe keine Schuhe an. Ich weiß, sie schaden den Füßen, keiner von euch kann mit den Zehen sehen. All eure Zehen sind blind. Ihr macht eure Füße krank.« Er drückte seine Fußstapfen neben die Poysers.
»So müssen Füße aussehen«, sagte er, »sieh sie dir an, nicht eine einzige dicke Bärenspur.«
Ein Glück, daß ihn Poyser nicht verstand, er ließ ihn reden. Poyser war ein Phlegmatiker und fühlte sich zudem dauernd verkannt. Niemand sah seine wirklichen Qualitäten. Wenn wirklich ein einziger intelligenter Mensch je seine Bahn gekreuzt hätte, wäre er nicht hier in einem Museum als Hausmeister und Pförtner und weiß Gott was alles gelandet.
Einen Tag später, als Ishi wieder an Kroebers Tür klopfte und gerade »Üben?« fragen wollte, winkte ihn Kroeber zu sich.
Ishi begriff sofort, heute war alles anders. Es war feierlicher.
Der mudjaupa hatte einige Papierblätter mit wirren Zeichen vor sich liegen, und Ishi trat näher und sah auf diese kleinen Papiere wie der big chiep auch. Ishi strich mit der Innenseite der Hände die Hosen entlang.
»Dein erster Scheck, Ishi«, sagte Kroeber auf englisch. Die Yana-Indianer hatten sicher kein Wort für diese Art Papier. Und er zeigte ihm, wo er unterschreiben mußte und wo die Gehaltsstelle der Universität seinen Namen hingeschrieben hatte: Mr. Ishi.
Ishi wischte sich noch einmal die Hände trocken. Er verstand, jetzt war es nicht mehr »üben«, jetzt wurde es bitterer Ernst.
»Setz dich«, sagte Kroeber feierlich.
Und Ishi setzte sich wie ein Politiker bei einem Staatsakt und malte fein säuberlich »Ishi« auf seinen Scheck.
Kroeber hielt Ishi einen Vortrag, von dem Ishi nichts begriff. Er erklärte ihm, daß er dieses Geld verdient habe durch seine Arbeit und daß er damit ungefähr einen Mondumlauf lang auskommen müsse, daß der Scheck so gut wie bares Geld sei und daß ihn jeder Geschäftsmann unterhalb der Parnassus Heights in der Seventh Avenue zwischen Golden Gate Park und Judah Street auszahlen würde.
»Es sind fünfundzwanzig Dollar«, erklärte Kroeber, »davon kannst du gut leben, wenn du vernünftig damit umgehst. Du mußt lernen, mit Geld umzugehen, weil dir hier niemand sonst hilft, verstehst du?«
Und da gerade Loud the Austere anklopfte, um zu fragen, ob er seinen Scheck haben könne, bat Kroeber ihn, Ishi mit hinunter zu den Geschäften zu nehmen, darauf zu achten, daß er wirklich fünfundzwanzig Dollar für den Scheck bekam und daß er nichts Unvernünftiges einkaufte.
Der ansonsten wortkarge Loud (nur wenn ihn der Geist überkam oder der Zorn, war er vieler Worte mächtig) nickte und bedeutete Ishi mit einer Kopfbewegung, daß er mitkommen sollte.
Eine Weile gingen sie schweigend nebeneinander her. Sie
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