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Meine total wahren und ueberhaupt nicht peinlichen Memoiren mit genau elfeinhalb

Titel: Meine total wahren und ueberhaupt nicht peinlichen Memoiren mit genau elfeinhalb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Ani
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knallt, weil er gerade vor einem Mädchen weggelaufen ist.
    Hätte ich vielleicht nicht weglaufen sollen?
    Ich hockte auf dem Bürgersteig in der Cosimastraße, überhaupt nicht weit von der Einmündung der Evastraße weg, und fragte mich was.
    Ich fragte mich: Hätte ich vielleicht nicht weglaufen sollen?
    »Ist dir nicht gut?«, fragte mich eine alte Frau. Sie hatte einen rosafarbenen Rucksack auf der Schulter.
    »Doch«, sagte ich.
    »Du wirst ja ganz schmutzig«, sagte sie.
    »Passt schon.«
    »Besser, du stehst auf.« Sie redete noch eine Zeit lang auf mich runter. Dann ging sie weiter und schüttelte über irgendwas den Kopf.
    Hätte ich vielleicht nicht weglaufen sollen?, fragte ich mich.
    Nein, sagte ich.
    Aber ich meinte Ja.
    Ich hätte auf jeden Fall weglaufen sollen.
    Das ist doch feige.
    Das ist nicht feige.
    Das ist doch total feige, vor einem Mädchen wegzulaufen.
    Es ist ja nicht irgendein Mädchen, es ist Annalena. Hätte ich vielleicht vor der nicht weglaufen sollen? Nein.
    Ich meinte Ja.
    Ja. Nein. Ja. Nein. Wieso bin ich weggelaufen? Ich bin extra hingelaufen und hab meine Ma angelogen. Und dann lauf ich weg.
    Ich war so erschrocken.
    Ich hockte auf dem Bürgersteig an der Cosimastraße und war der peinlichste Mensch auf der Welt.
    Dann kam ein grauer Rauhaardackel vorbei. Er blieb vor mir stehen und schaute mich an. Sonst machte er nichts. Er sah traurig aus. Anscheinend war er ganz allein unterwegs. Wir schauten uns beide an. Ziemlich lange. Und weil sonst nichts passierte und ich der Weltmeister im Peinlichsein war, beugte ich mich vor und bellte.
    Ich bellte, der Hund bellte nicht.
    Ich bellte zweimal hintereinander. Ich bellte nicht laut, aber leise auch nicht.
    Der Dackel zuckte total zusammen. Er öffnete sein Maul, als wollte er was sagen, aber es fiel ihm nichts ein. Und dann flitzte er mit seinen kurzen Haxen davon. Er flitzte die Straße runter, bis zur Meistersingerstraße, und in derverschwand er. Der Dackel war schneller als der dämliche Ferrari, in den ich vorhin fast reingerannt wäre.
    Ich bin so feige. Ich bin so feige. Ich bin so superfeige.
    Und keine Ahnung, wieso: Ich bellte noch mal.

Vierzehn
    Immer noch Mittwoch
    An diesem Abend war ich der runde Tisch.
    Alle redeten über mich hinweg. Ich blieb stumm. Aber, ich schwör’s, mir quollen aus allen Poren Wörter raus. Als hätte jemand einen Wortschatz in mich reingefüllt, wie einen Berg Samenkörner, die man in die Erde buddelt und aus denen dann Sonnenblumen wachsen oder irgendwas anderes, was leuchtet.
    Der Wortschatz in mir wollte raus. Das ging aber nicht, weil ich ein Tisch war, ein zweibeiniger, querer Tisch.
    Ich lag auf dem Boden meines Zimmers. Meine Ma saß auf dem Bett und mein Vater auf meinem runden Drehstuhl mit dem roten Polstersitz. Sie hielten eine Konf erenz über mir ab.
    »Der Termin steht im Kalender«, sagte mein Vater. »Du hättst wissen müssen, dass ich nicht zu Hause bin.«
    »Heut Morgen hast du kein Wort davon gesagt«, sagte meine Ma.
    »Heut Morgen warst du weg, als ich aus dem Bad gekommen bin.«
    »Dein Vater hat dreimal nach Simon gefragt«, sagte sie. Schweig-schweig, sagte er.
    »Du hast mir noch nicht mal erzählt, was der Arzt heut Vormittag zu dir gesagt hat.«
    »Nichts«, sagte mein Vater. »Mein Vater bleibt vorerst auf der Intensivstation.«
    »Was heißt vorerst?«
    »Heut, morgen, übermorgen.«
    »Was ist los mit dir?«
    Dass sie plötzlich mich meinte, merkte ich erst, als sie mir einen brutalen Blick zuwarf.
    Obwohl ich einen Haufen Wortschatz in mir hatte, brachte ich kein Wort raus.
    »Was treibst du dich im Hotel rum, anstatt zu deinem kranken Opa zu gehen?«
    Hab mich nicht rumgetrieben, dachte ich. Vielleicht war der Wortschatz nur zum Denken geeignet und nicht zum Aussprechen.
    »Hast du deine Sprache verloren?«, sagte mein Vater.
    In diesem Moment, keine Ahnung, wieso, fiel mir ein Zeitungsartikel ein, den mein Vater meiner Ma und mir mal vorgelesen hatte. Ein Kritiker meinte über das neue Buch meines Vaters, er habe für seine Hauptfigur eine ganz neue Sprache gefunden, bravobravo. Es war kein Kinderbuch, aber ich habe heimlich reingelesen und fand, dass die Sprache ganz normal klang, wie in den anderen Büchern auch. Man konnte die Sätze gut lesen, es kam mirnicht so vor, als hätte er mehr als sechsundzwanzig Buchstaben verwendet. Mir ist jedenfalls nirgends ein neuer aufgefallen.
    »Ich weiß nicht«, sagte ich.
    »Bitte?« Mein Vater stemmte die Hände auf die

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