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Meine total wahren und ueberhaupt nicht peinlichen Memoiren mit genau elfeinhalb

Titel: Meine total wahren und ueberhaupt nicht peinlichen Memoiren mit genau elfeinhalb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Ani
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Oberschenkel. Sein Oberkörper neigte sich bedrohlich nach vorn. »Du hast deine Mutter angelogen. Du hast dich im Hotel rumgetrieben. Vitali hat mir am Telefon erzählt, du wärst den ganzen Tag schlecht gelaunt gewesen. Was ist? Gibt‘s Probleme in der Schule?«
    »Nein«, sagte ich.
    Wahrscheinlich hatte ich mich getäuscht: In mir war gar kein neuer Wortschatz, der rauswollte, da waren bloß dieselben alten Buchstaben wie immer. Das stimmt nicht. Da waren auch noch andere Buchstaben. Aber die konnte ich nicht aussprechen, verdammt.
    »Warum hast du das getan?«, fragte meine Ma.
    Das fragte sie an diesem Abend noch fünfmal, ich habe mitgezählt. Und ich habe fünfmal nicht drauf geantwortet. Nicht, weil ich nicht wollte, sondern weil - - -
    Sondern weil - - -
    Genau deswegen: Weil ich nicht sagen konnte, warum. Wenn ich zu ihr gesagt hätte: Wegen Annalena, dann hätte sie überhaupt nichts kapiert. Und es war ja auch nicht wegen Annalena. Es war wegen - - -
    Wegen - - -
    »Deine Augenringe hängen dir schon bis zur Nase«, sagtemeine Ma beim Rausgehen. »Um acht bist du heut im Bett.«
    Ich fühlte mich wie ein runder Tisch, der die ganze Zeit von innen her eckig geschliffen wurde.

Fünfzehn
    Donnerstag
    Ich ging wieder hin, egal, was passierte.
    Nachdem ich mich von meinen Eltern verabschiedet und versprochen hatte, heute Nachmittag, UND ZWAR GLEICH NACH DER SCHULE, Opa Ferdi im Krankenhaus zu besuchen, ging ich die Evastraße bis zur Cosimastraße vor. Ich schaute zur Bushaltestelle auf der anderen Seite und sah, dass Vitali noch nicht da war. Das war klar. Das ist immer so. Ich komme immer als Erster.
    An der Haltestelle standen ein paar Kinder und zwei Erwachsene.
    Sehr langsam überquerte ich die Straße und ging unauffällig weiter nach rechts statt nach links.
    In der Ferne sah ich den Bus kommen. Deswegen drehten alle den Kopf in meine Richtung. Das war schlecht. Aber ich ging einfach weiter. Nicht auf die Haltestelle zu, sondern auf das Tor der Kleingartenanlage. Das Tor stand offen. Nach ein paar Metern liegt rechts der Biergarten, in dem mein Vater sich immer mit seinen Freunden trifft.
    Bevor ich durchs Tor ging, blickte ich über die Schulter.
    Jeden Moment würde drüben Vitali auftauchen. Er kommt im letzten Moment, aber den Bus erwischt er immer.
    Also rannte ich los, weg vom Weg und links zu den Bäumen. Hinter einer Hecke war ich nicht mehr zu sehen. Ich wartete.
    Ich hörte den Bus, wie er bremste. Ich hörte sogar, wie Vitali rannte, ich weiß, wie er rennt.
    Als ich den Motor des Busses nicht mehr hörte, nahm ich meinen Schulranzen ab und schob ihn ins Gebüsch, so tief rein, dass seine Leuchtstreifen nicht mehr rausblinkten.
    Irgendwann in der Nacht hatte ich den Entschluss gefasst, und der stand dann fest. Das war einfach so. Ich lag im Bett, und meine Augenringe baumelten wahrscheinlich schon von meinem Kinn, weil ich nicht einschlafen konnte. Ich dachte an alles auf einmal. Und dann war der Entschluss da. Und der Entschluss war: Unauffällig über die Straße gehen, in die Anlage rein, Ranzen verstecken, durch die Anlage gehen, am Südeingang raus und auf dieser Seite von der Englschalkinger bleiben, bis gegenüber das Hotel auftaucht. Dann schnell rüber und runter in die Tiefgarage. Von der Tiefgarage in den zweiundzwanzigsten Stock und von dort mit dem Personallift eine Etage tiefer. Genau wie gestern. Egal, was passierte.
    Egal, was passierte.
    Das war mein Entschluss.
    Danach, glaube ich, war ich eingeschlafen, denn meine Ma weckte mich wie sonst und sagte, ich soll mich beeilen.
    Beim Aussteigen aus dem Personallift hielt ich die Luft an.
    Dann ging ich los. Die Tür zur Towers Lounge war offen. Ich hörte Stimmen, Geschirr klapperte.
    2109.
    Ich war wieder da. Donnerstagmorgen kurz nach halb neun. Ein normaler Schultag mit Sport in der ersten Stunde.
    Wieso war Annalena nicht in der Schule?
    Hinter der Tür von Zimmer 2109 war es still.
    Wieso war Annalena nicht in der Schule?
    Wieso war ich nicht in der Schule?
    Ich bin kein Schulschwänzer. Ich gehe gern in die Schule. Das war jetzt nicht wichtig.
    Ich wollte nicht wieder anfangen zu frieren. Ich wollte auch nicht, dass mein Herz - - -
    »Wieso bist du nicht in der Schule?«
    Mein Schauen ging von ganz allein.
    Annalena hatte Jeans und ein weißes T-Shirt an. Ihre schwarzen Haare standen wie ein Turm auf ihrem Kopf. Um den Hals trug sie eine Kette mit Muscheln und an ihrem linken Daumen einen blauen Ring. Ich hatte noch nie

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