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Meine Wut ist jung

Meine Wut ist jung

Titel: Meine Wut ist jung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhart Baum
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großes, ja, größtes Aufsehen. Ein Fanal, ein Schock. Von unseren Parteien wurden wir heftig kritisiert. Das muss man sich einmal vorstellen. Heute wäre das überhaupt kein Thema mehr. Damals aber wollten viele Menschen nicht mit Verbrechen konfrontiert werden, für die dieses Land verantwortlich war, ist und bleiben wird.
    Jurastudium, Politik und Einstieg in den Beruf - wie ging das zusammen? Wie konnten Sie diesen Zielkonflikt für sich lösen?
    Mein Jurastudium machte mir keinen großen Spaß, ich empfand es als trockene Pflicht. Erst als Referendar, als die Juristerei konkret wurde, fand ich an ihr Vergnügen. Kurz nach meinem Examen wurde ich von der Anwaltskammer gefragt, ob ich einen Anwalt vertreten könne, der seine Kanzlei vorübergehend verlassen hatte. Es handelte sich um Robert Servatius. Er hatte die Verteidigung Adolf Eichmanns in Israel übernommen - ohne allerdings selbst Nazi zu sein. Es war eine Praxis, die er allein geführt hatte. Ich wurde sein amtlich bestellter Vertreter, habe aber weiterhin Politik gemacht. Bald stellte ich fest: Eigentlich geht das nicht zusammen. Als junger Anwalt kann man sich nicht nebenher in der Politik engagieren. Da überraschte mich 1962 das Angebot eines Freundes, in die Geschäftsführung der Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände in Köln einzutreten. Er selbst war dort Personalchef und ich sagte zu. Meine Hauptaufgabe war, die Interessen der Arbeitgeber in Europa-Angelegenheiten in Brüssel zu vertreten. Nun war ich zeitlich viel flexibler als vorher, hatte aber zu kauen an der politischen Einstellung dieser Vereinigung. Die Arbeitgeber standen hinter der CDU-Regierung und ich wollte das Land verändern. Ich galt als Fremdkörper im Verband, auch wenn man meine politischen Auffassungen respektierte und tolerierte. Ich forderte ja nicht die Abschaffung des Kapitalismus, sondern seine Reform. Bis zu meiner Wahl in den Bundestag im Jahr 1972 vertrat ich die Arbeitgeber in Brüssel.
    Politisch ging es für mich zu dieser Zeit in Köln weiter voran. 1968 wurde ich für die FDP in den Stadtrat gewählt und war dort Fraktionsvorsitzender. Es erwies sich manchmal als schwierig, die Termine in Köln und Brüssel in Einklang zu bringen. Ich erinnere mich, wie ich mit hängender Zunge vom Bahnhof mit meiner Aktentasche quer durch den Dom, am Hauptaltar vorbei, zum Rathaus rannte, um pünktlich die Sitzung zu erreichen.
    Welche Probleme handelten Sie sich damals mit Ihrer kritischen Position in der FDP ein?
    Lange Zeit schaffte ich es nicht auf einen aussichtsreichen Listenplatz - trotz mehrerer Versuche. Mir war klar, das wurde bewusst verhindert, um mich mit meinen inhaltlichen Positionen von politischen Ämtern fernzuhalten. 1972 scheiterte ich auch bei dem Versuch, nach dem Rückzug von Willy Weyer FDP-Landesvorsitzender in NRW zu werden. Ich bekam ungefähr hundert Stimmen, mein Gegner ungefähr dreihundert. Immerhin hatten meine Freunde und ich Flagge gezeigt. Erst später konnten wir uns mit unseren Zielen durchsetzen.
    Sie fahren seit Jahren immer wieder nach Dresden. Was verbindet Sie heute mit dieser Stadt, mit der Sie ja die traurigsten Erinnerungen Ihres Lebens verbinden?
    Mich verbindet mit Dresden natürlich die Vergangenheit, aber auch die Gegenwart. Die Bombennacht von 1945 ist für mich unvergessen. Ich war damals etwas mehr als zwölf Jahre alt und habe noch sehr präzise Erinnerungen an das wunderbare unzerstörte Dresden. Heute komme ich immer wieder aus tiefer Sympathie für diese Stadt zurück. Dabei werde ich mir meiner sächsischen Wurzeln immer bewusster und empfinde eine nahezu sentimentale Nähe zu Land und Leuten. Meine Familie stammt aus Plauen im Vogtland und sprach ein ausgeprägtes Sächsisch. Mein Urgroßvater war dort Schmied. Seine Kinder machten Karriere in Dresden und Leipzig. Jetzt habe ich neue Freunde in Dresden, auch jüngere Menschen. Inzwischen ein kleines Netzwerk, das schon während der Bürgerbewegung in der Endphase der DDR entstand und zu dem auch meine dort noch lebenden Verwandten gehören. In Erinnerung an ein legendäres Forum der kirchlichen Friedensbewegung in der protestantischen Kreuzkirche 1982 wurde unter dem Motto »Schwerter zu Pflugscharen« von unseren Freunden jetzt ein Denkmal neben der Kreuzkirche errichtet, das meine Frau und ich unterstützt haben. Hier sind heute im wahrsten Sinne des Wortes »Steine des Anstoßes« zu sehen.
    Was die Erinnerung angeht, so wünsche ich mir sehr, dass die Dresdner

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