Meineid
wie er sich verhaspelte, den Faden verlor. Von der Überlegenheit, mit der er seine Romanidee vorgebracht hatte, war nichts mehr übrig.
«Das lasse ich nicht mit mir machen, erklärte er schluchzend.
«Hier stecken doch alle unter einer Decke. Alles nur gute Freunde. Wer interessiert sich denn hier für die Wahrheit? Kein Schwein! Aber wir werden ja sehen, was der Richter dazu sagt. Bringen Sie mich ruhig vor Gericht, Abeler. Der Erste, der weg ist vom Fenster, sind Sie.»
Mit dem Zeigefinger wies er auf Luis.
«Darauf freue ich mich schon. Mal sehen, was der Richter sagt, wenn er hört, dass der Oberstaatsanwalt ein persönlicher Freund des Opfers war und mit dem Hauptverdächtigen eng befreundet ist. Da gibt’s ja noch die Sache mit der Befangenheit.»
Luis zeigte ein Lächeln, das nur aus Zähnen und Falten bestand.
«Nun, meinte er gedehnt.
«Ich war zwar einmal Gast in Ihrem Haus und schätzte Ihre Frau. Aber als eng befreundet möchte ich das nicht bezeichnen, gewiss nicht, was uns beide betrifft.»
«Hören Sie auf, mich zu verarschen.»
Jan weinte heftiger.
«Ich rede doch nicht von mir.»
Er drehte sich zu mir um.
«Niklas war es, und Greta weiß das genau. Die halbe Nacht hat sie geheult, dass ich vielleicht sein Auto gesehen hätte und sie es nicht durchhält, dass sie eine Scheißangst hat.»
Er hatte gelauscht und durch die geschlossene Tür nicht genau verstanden, worüber wir tatsächlich sprachen. Aber für ein Aufatmen war es noch viel zu früh. * Luis betrachtete mich mit gerunzelter Stirn. Ich gab Rechenschaft über meinen Freitagnachmittag. Er winkte genervt ab. Was hätte er sonst tun sollen, wo seine eigene Frau als Alibizeugin angeführt wurde? Feibert betrachtete den Teppich, als sei ihm peinlich, sich das alles anhören zu müssen. Karreis streifte mich mit einem undefinierbaren Seitenblick und wandte sich Jan zu. Ich weiß nicht, ob es Mitleid war. Ob Karreis sich doch über den biederen Kriminalbeamten geärgert hatte, ob ihm Luis’ Ansichten nicht passten, ob er sich erinnerte, dass Greta und ich denselben Wagentyp fuhren oder ob es ihm einfach zu bunt wurde. Er erhob sich, ging zu Jan und legte ihm eine Hand auf die Schulter.
«Schon gut, Herr Tinner. Wir reden gleich nochmal unter vier Augen. Nun beruhigen Sie sich.»
Dann wandte er sich an Luis.
«Ich habe nicht den Eindruck, dass wir ein Phantom jagen, Doktor Abeler. Wir suchen auch nicht nach einem Sündenbock. Ich will nur wissen, wer der Mann ist, und mit ihm reden. Immerhin war er einer der Letzten, die Frau Tinner lebend gesehen haben. Wenn er ein Alibi für die fragliche Zeit hat, sehen wir weiter. Aber jetzt sollten wir zusehen, dass wir hier fertig werden. Schauen wir uns den Schmuck an.»
Ich rechnete fest damit, dass Luis ihm eine derartige Einmischung verbot. Aber er schwieg, öffnete eine Tür an seinem Schreibtisch, nahm eine Kassette heraus und stellte sie vor sich hin. Es war eine solide Stahlkassette. Auf dem Deckel gab es einen Griff in einer Mulde, darin lag ein kleiner Schlüssel. Luis steckte den Schlüssel ins Schloss, drehte ihn und klappte den Deckel hoch. Er nahm die ersten Stücke heraus, schob sie über den Tisch zu Jan hinüber, jedes Teil von zwei Fragen begleitet. Und allein mit seinem Ton machte Luis deutlich, dass er die Aktion für Zeitverschwendung hielt.
«Kennen Sie das?»
Und:
«Haben Sie es Ihrer Frau geschenkt?»
Jan beruhigte sich ein wenig. Auf die erste Frage antwortete er mal ja, mal nein. Bei der zweiten Frage war die Antwort stets gleich.
«Nein.»
Nachdem Luis auch das letzte Schmuckstück aus der Kassette genommen und Jan seine Antworten gegeben hatte, betrachtete Jan die Ansammlung mit wehmütigem Blick.
«Dann hat sie den Ring mit den Perlen tatsächlich verkauft. Ich dachte immer, sie wollte mir damit nur ein schlechtes Gewissen machen.»
Ich stutzte, betrachtete die ausgebreiteten Schmuckstücke und wandte mich an Karreis.
«Gestern war ein Ring mit drei Perlen in der Kassette. Es waren große Perlen. Ich bin sicher, dass ich ihn gesehen habe. Sie müssen ihn doch auch bemerkt haben.»
Karreis ließ den Blick desinteressiert über die einzelnen Stücke gleiten und zuckte mit den Achseln. Er meinte sich zwar ebenfalls an etwas mit Perlen zu erinnern. Aber sicher war er nicht. Ihm waren beim Öffnen der Kassette in der Bank besonders ein Armband mit Smaragden, ein Paar Ohrstecker in Form von Katzenköpfen mit Augen aus Smaragden und ein mit Brillanten
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