Meistbietend ersteigert
sich vor und küsste ihn auf die Wange.
„Es bietet bestimmt jemand für dich“, sagte sie wissend und lächelte ihn adrett an. „Komm schon. Trau dich.“
Jens rang mit sich. „Ich weiß nicht.“ Eigentlich grauste ihm davor. Auf der Bühne zu stehen, von allen Gästen angestarrt und abgeschätzt zu werden, gefiel ihm ganz und gar nicht.
„Es wäre super, wenn du dich versteigern lassen würdest“, flötete sie und hauchte ihm einen weiteren Kuss auf die Wange.
„Wer will sich versteigern lassen?“, tönte die Stimme ihres Vaters, der eben die Küche betrat.
„Jens“, erklärte Susanne prompt.
Dieser wollte sogleich zum Protest ansetzen, als sein Vater mit einem freudestrahlenden Gesicht auf ihn zukam, ihn an den Schultern packte und an die Brust zog.
„Das finde ich einfach großartig“, rief er begeistert, legte den Arm um die Schultern seines Sohnes und zog ihn mit sich zurück in den Festsaal. Jens sträubte sich innerlich, kämpfte dagegen an, doch er verlor, noch ehe er seinem Widerstand Ausdruck verleihen konnte. Sein Herz klopfte ihm bis zum Hals. Hilflos ließ er sich von seinem Vater zur Bühne ziehen.
„Wir haben ein weiteres Versteigerungsobjekt“, tönte sein Vater in das Mikrofon. Seine sonore Stimme schallte über die Lautsprecher durch den ganzen Saal.
Ein heftiges Zittern erfasste Jens. Er fühlte sich unbehaglich, als er seinen Blick über die Gäste schweifen ließ. Alle Augen waren auf ihn gerichtet. Einige wurden groß und musterten ihn mit sichtlichem Interesse. Andere schienen von dem neuen Angebot nicht sonderlich beeindruckt zu sein. Wahrscheinlich hatten sie schon jemanden ersteigert, oder das neue Angebot war ihrer Meinung nach die Mühe nicht wert.
Ein ganz spezielles Gesicht stach ihm besonders ins Augenmerk. Wie magisch wurde sein Blick in eine Ecke des Raumes gezogen, wo Eduard mit seiner Familie saß. Dessen Augen wurden groß, als Jens' Vater das neue Versteigerungsobjekt präsentierte.
„Mein Sohn Jens hat sich eben bereit erklärt, sich für ein Wochenende zur Verfügung zu stellen.“ Das Gesicht des Mannes strahlte vor Stolz, als er die Hand auf die Schulter seines Sprösslings legte und sie leicht drückte. Dann nahm er den Auktionshammer und klopfte einmal auf das Rednerpult. „Das Gebot beginnt bei zehn Euro.“
Jens' Knie wurden weich. Er wünschte sich sehnlichst, einfach im Boden zu verschwinden oder sich in Luft aufzulösen. Sein Herz klopfte ihm wild und hektisch bis zum Hals und schien seinen Brustkorb sprengen zu wollen. Seine Knie drohten einzuknicken. Er musste sich verkrampfen, um nicht zusammenzuklappen.
Ein paar Frauen boten tatsächlich für ihn. Unter ihnen Susannes beste Freundin Rita, worauf Jens' nun informiert war, wer die Unbekannte war, die sich in ihn verliebt hatte. Er wusste nicht, ob er sich geschmeichelt fühlen sollte, oder lieber verärgert. Er konnte das laute, flippige Mädchen nicht ausstehen.
Die Gebote gingen schnell auf hundert Euro hoch. Rita, wie auch eine Verkäuferin des kleinen Gemischtwarenladens in der Innenstadt und eine ältere Dame mit goldener Brille und Brillenkette um den Hals überboten sich gegenseitig. Bei einhundertzehn stieg die Verkäuferin aus. Susannes Freundin bot bis einhundertfünfzig, dann zog sie sich schmollend auf ihren Stuhl zurück. Die ältere Dame strahlte über das ganze Gesicht, wähnte sie sich bereits als Siegerin der Auktion, als eine Männerstimme über alle hinweg tönte.
„Eintausend“, hallte Eduards Stimme durch den Raum, ehe Jens' Vater das dritte Mal auf das Rednerpult hämmern konnte. Er hatte sich erhoben und stand nun mit entschlossener Miene zwischen den anderen Gästen. Die ältere Dame rückte ihre goldene Brille zurecht und blickte den jungen Brauerei-Spross scharf an.
„Eintausendundzehn“, bot sie trotzig.
Eduard schenkte ihr ein gefährliches Lächeln. „Fünftausend.“
Die Dame sog entrüstet die Luft ein und schüttelte schließlich den Kopf.
„Zum Ersten, zum Zweiten und zum Dritten“, rief Jens' Vater und hämmerte bei jeder Zahl hart auf das Pult, als wollte er dort einen Nagel einschlagen. „Verkauft an Eduard Froeling für fünftausend Euro.“
Jens' Vater war begeistert. Ihm selbst war zum Heulen zumute. Er biss fest die Lippen zusammen und verkrampfte sich am ganzen Körper, um das Zittern in seinen Gliedern zu verbergen.
Das war ein Albtraum. Er würde Susanne umbringen, oder noch besser, seinen Vater davon überzeugen, dass alles nur
Weitere Kostenlose Bücher