Meister Antifer's wunderbare Abenteuer
konnten.
»Juhel!… Juhel!«
Dieser Ausruf unterbrach plötzlich das Zwiegespräch Saouk’s und des Portugiesen.
Er rührte von Meister Antifer her und ihm folgte als zweiter:
»Gildas!… Gildas!«
Der junge Kapitän und der Frachtschiffer, die nahe dem Strande weilten, um das Fischerboot im Auge zu behalten, liefen zu Meister Antifer hin.
Der Banquier Zambuco stand schon bei ihm und Ben Omar näherte sich eben auf einen Wink des Malouins.
Saouk, der Barroso jetzt wieder zu seinen Leuten gehen ließ, schlich sich langsam heran, um hören zu können, was gesprochen wurde. Da man ja glaubte, daß er französisch nicht verstand, konnte seine Gegenwart niemand beunruhigen.
»Juhel, begann Meister Antifer, höre mich wohl an, denn jetzt ist die Stunde gekommen, einen Beschluß zu fassen.«
Er sprach mit abgebrochener Stimme, wie ein Mann, der im höchsten Grade erregt ist.
»Das letzte Document sagt, daß das Eiland Nummer Zwei in der Ma-Yumbabai liege. Nun… jetzt sind wir doch in dieser Bai, nicht wahr?
– Unzweifelhaft, lieber Onkel.
– Wir besitzen aber weder Sextant noch Chronometer mehr, weil der ungeschickte Tregomain, dem ich die Instrumente anvertraute, sie verloren hat.
– Aber… bester Freund… stammelte der Frachtschiffer.
– Ich wäre lieber ertrunken, als daß ich sie losgelassen hätte! unterbrach ihn herzlos Pierre-Servan-Malo.
– Ich auch! versicherte der Banquier.
– Wirklich… Herr Zambuco? erwiderte Gildas Tregomain etwas verächtlich.
– Nun, mit einem Worte, sie sind eben weg, fuhr Meister Antifer fort, und ohne diese Hilfsmittel wird es Dir, Juhel, unmöglich sein, die Lage des Eilands genau zu bestimmen?
– Leider ganz unmöglich, lieber Onkel, und meiner Ansicht nach ist es am klügsten, wir fahren in einem jener Boote nach Ma-Yumba, kehren zu Fuß nach Loango zurück und schiffen uns dort auf dem ersten Dampfer ein…
Das?… Nimmermehr!« platzte Meister Antifer dazwischen.
Und wie ein getreues Echo wiederholte der Banquier:
»Nimmermehr!«
Kopfschüttelnd wie ein Idiot sah Ben Omar einen nach dem andern an, während Saouk zuhörte, als ob er keine Silbe verstände.
»Ganz recht, Juhel; nach Ma-Yumba gehen wir, doch um dort zu bleiben und nicht nach Loango abzumarschieren. Wir bleiben da, so lange es erforderlich ist – verstehe mich recht – um die Eilande der Bai abzusuchen… alle… alle hintereinander.
– Wie, liebster Onkel?…
– Viele sind es ja nicht… fünf oder sechs… und wenn es Hunderte, wenn es Tausende wären, ich durchsuchte sie doch alle!
– Doch, lieber Onkel, das wäre unvernünftig…
– Höchst vernünftig ist es, Juhel! Eines davon enthält den Schatz… Das Document giebt auch die Himmelsgegend der Spitze an, wo er von Kamylk-Pascha vergraben wurde…
– Den der Kukuk holen möge! murmelte Gildas Tregomain.
– Mit gutem Willen und mit Geduld, fuhr Meister Antifer fort, werden wir die mit dem Doppel-
K
bezeichnete Stelle schon finden…
– Und wenn wir sie doch nicht finden? fragte Juhel.
– Sag’ so etwas nicht! rief Meister Antifer. Beim leibhaftigen Gotte, sage das nicht!«
In einem Anfalle unbeschreiblicher Wuth zerknackte er den Kiesel zwischen den Zähnen. Nie war der Mann einem Schlaganfalle näher gewesen.
Juhel glaubte gegen einen solchen Starrsinn nicht ankämpfen zu dürfen. Die Nachsuchungen, die doch zu nichts führen würden, konnten ja höchstens vierzehn Tage beanspruchen. War dann Meister Antifer überzeugt, daß er hier nichts zu hoffen hatte, so mußte er wohl oder übel der Heimfahrt nach Europa zustimmen. Deshalb antwortete Juhel:
»Halten wir uns fertig, jenes Fischerboot zu besteigen, sobald es hier ans Land stößt.
– Nicht eher, als bis wir dieses Eiland abgesucht haben, antwortete Meister Antifer; denn… nun ja… warum könnte das nicht das richtige sein?«
Das war doch am Ende logisch gedacht. Warum sollte der Zufall nicht getroffen haben, was sie aus Mangel an Sextant und Chronometer nicht zu bestimmen vermochten? Wenn dazu auch wenig Aussicht war, konnte die Glücksgöttin ihnen nach so viel Noth und Mühsal doch auch einmal lächeln wollen.
Juhel wagte keinen Einwand, und so war es das beste, jetzt keine Zeit zu verlieren. Das Eiland mußte durchsucht werden, ehe jenes Boot hier landete. War es erst nahe den Felsen, so konnte es den Leuten vom versunkenen Schiffe wohl einfallen, jenes gleich zu besteigen, um sich in Ma-Yumba durch Speise und Trank zu stärken. Ohne ihnen
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