Meister Antifer's wunderbare Abenteuer
Vorschuß des andern auszugleichen.
Vor dem Weggange von Edinburg hatte der Banquier also einen sehr einträglichen Besuch bei der Bank von Schottland abgemacht, wo er den besten Empfang fand. Auf diese Weise frisch beladen, konnten unsre Reisenden bis ans Ende der Welt gehen, und wer weiß, ob das nicht noch geschehen sollte, wenn die ganze Geschichte sich in gleichem weiter entwickelte.
In Leith, das einundeinehalbe Meile entfernt im Golfe des Forth liegt, fanden sich stets zahlreiche Schiffe, und diesmal begünstigte das Glück Pierre-Servan-Malo auch insofern, als er günstige Fahrgelegenheit antraf.
Das betreffende Schiff sollte zwar nicht heute, aber am nächsten Tage abgehen. Es war ein einfaches Frachtschiff, der Dampfer »Viken«, der die Passagiere für angemessene Bezahlung nach Bergen mitnehmen sollte. So mußten sie also sechsunddreißig Stunden warten, während der Onkel Juhels an seinem Gebiß nagte, daß er sich fast die Zähne zerbrach. Er erlaubte Gildas Tregomain und Juhel nicht einmal, sich in Edinburg ein wenig umzusehen, was unsern Frachtschiffer, trotz des in ihm erwachten Appetits nach den Millionen des Paschas, nicht wenig ärgerte.
Endlich am Morgen des 7. Juli stieß der »Viken« vom Lande und nahm den Meister Antifer nebst seinen Gefährten mit, von denen der eine – welcher, ist ja leicht zu errathen – gleich beim ersten Rollen der Seekrankheit erlag, als das Fahrzeug kaum über den fast eine Meile hinausreichenden Pier des Hafens gekommen war.
Zwei Tage darauf und nach recht guter Ueberfahrt, bekam der Dampfer das hohe Ufer Norwegens in Sicht und gegen drei Uhr nachmittags lief er in den Hafen von Bergen ein.
Natürlich hatte sich Juhel in Edinburg auch wieder einen Sextanten, einen Chronometer und eine Zeitvergleichungstabelle besorgt, um die mit der »Portalegre« verlorenen Instrumente zu ersetzen.
Hätte man nun gleich in Bergen ein Fahrzeug nach Spitzbergen austreiben können, so wäre das eine Zeitersparniß gewesen; leider sollte das aber nicht gelingen.
Uebrigens wurde die Geduld des Meister Antifer, den das Bild Saouk’s gar nicht mehr verließ, hier auf keine zu harte Probe gestellt. Das Dampfschiff, das den Verkehr nach dem Nordcap unterhielt, wurde übermorgen erwartet.
Immerhin erschienen ihm diese sechsunddreißig Stunden zum Sterben lang, und dem Banquier Zambuco nicht minder. Weder der eine, noch der andre war zu bewegen, sein Zimmer im Hôtel Scandinavie nur eine Minute zu verlassen. Es regnete übrigens auch, denn, wie es scheint, fällt hier in Bergen in drei Tagen stets zweiundsiebzig Stunden lang Regen; die Einwohner sind das jedoch von kleinauf gewöhnt.
Das hinderte auch den Frachtschiffer und Juhel nicht, in der Stadt umherzuschweifen. Der von seinem Fieber genesene Meister Antifer hatte nicht von ihnen verlangt, in seiner Nähe zu bleiben. Wozu auch? Für das Concert von Verwünschungen, das sie über den elenden Saouk anstimmten, genügten sich die beiden Erben vollständig.
Freilich, das prächtige Edinburg nicht gesehen zu haben, wurde durch einen Spaziergang in den Straßen von Bergen, früher einer der bedeutendsten Hansestädte, nicht wett gemacht. Es ist eigentlich nicht interessanter, als etwa jeder größere Fischmarkt.
Gildas Tregomain hatte jedoch noch niemals eine größere Menge von Häringstonnen, solche Unmassen bei den Lofoten gefangener Dorsche, solche Vorräthe von Lachsen gesehen, wie sie hier in Norwegen in den Verkehr kommen und selbst vertilgt werden. Das verbreitete auch einen ganz charakteristischen Geruch, nicht allein in der Umgebung der Quais, an denen Hunderte von Boote liegen, nicht allein in der Nähe der hohen Häuser, um die glänzende Fischschuppen umherliegen und wo die nicht sehr angenehme Zurichtung des Fanges erfolgt, sondern auch in den reichen Läden mit alten Schmuckgegenständen, mit antiken Stickereien, mit Pelzwerk von weißen und schwarzen Bären, ja sogar bis ins Innere der Museen, bis nach den an den zwei Armen des Fjord gelegenen Villen, wo eine schmale Landzunge den Fjord von einem schönen Süßwassersee scheidet.
Kurz, Gildas Tregomain und Juhel hatten sich genügend in der Stadt und Umgegend umgesehen, als am 11. Juli morgens der erwartete Dampfer Bergen anlief. Um zehn Uhr fuhr er mit seiner Ladung von Touristen, die die Mitternachtssonne am Nordcap bewundern wollten, weiter.
Das war freilich eine Naturerscheinung, die den Meister Antifer, auch den Banquier Zambuco gar nicht, und den Notar Ben
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