Meister Antifer's wunderbare Abenteuer
sich eine Art schmalen Weges hin, hoch genug. um vom Meere selbst bei stürmischem Südwest nicht überspült zu werden. Man hätte vergeblich einen geeigneteren Platz gesucht, um Millionen sicher niederzulegen. Die Stelle wiederzuerkennen, konnte keine große Schwierigkeit bieten, wenn Wind und Wetter seit einem Vierteljahrhundert das Monogramm nicht zerstört hatten.
Pierre-Servan-Malo war bereit, die ganze Spitze einzeln zu untersuchen; er hätte die Felsen einen nach dem andern gesprengt, und wenn es ihm Wochen oder Monate kostete. Die Perme konnte ja in Sohar frischen Proviant holen. Nein! Er verließ jetzt das Eiland nicht eher, als bis er ihm die Schätze, deren rechtmäßiger Eigenthümer er war, entrissen hatte.
Dieselben Gedanken erfüllten Saouk, so daß der Seelenzustand bei beiden, nicht gerade zur Ehre der menschlichen Natur, völlig übereinstimmte.
Jetzt waren alle beim Werke, suchten und spähten umher, wühlten die Algendecke auseinander und rissen den Tang los, wo er sich abgelagert hatte. Mit seiner Spitzhaue bohrte Antifer in die Spalten des Gesteins, der Frachtschiffer hämmerte mit der Schaufel daran herum. Ben Omar kroch auf allen Vieren wie eine Krabbe über die Rollsteine des Bodens hin. Juhel und Saouk waren ebenfalls nicht müßig. Kein Wort wurde mehr gewechselt – bei einer Leichenfeier hätte kein größeres Stillschweigen herrschen können….
In der That war es ja auch ein Kirchhof, dieses im Golfe verlorene Eiland, und ein Grab war es, was die Männer so eifrig suchten, ein Grab, aus dem sie die Millionen des Aegypters wieder herausholen wollten.
Nach einer halben Stunde war noch nichts gefunden, deshalb erlahmte aber keiner; unterlag es doch keinem Zweifel, daß sie sich auf dem Eiland Kamylk-Paschas befanden und daß die Fässer an dessen Südvorsprünge vergraben lagen.
Verzehrend brannte die Sonne; der Schweiß strömte über die Gesichter – die Leute wollten nichts von Erschöpfung spüren. Alle arbeiteten mit dem Eifer von Ameisen, die sich ihren Bau aushöhlen, alle – selbst der Frachtschiffer, den der Dämon Habgier jetzt auch gepackt hatte. Nur um Juhels Lippen prägte sich zuweilen die Erschöpfung deutlicher aus.
Endlich ließ sich ein Ausruf der Freude – oder war es der Aufschrei eines Raubthieres? – vernehmen.
Meister Antifer war es, der ihn ausgestoßen hatte. Halb vorgeneigt, das Haupt entblößt und die Hand hinausgestreckt, zeigte er auf einen, gleich einem Monolithen emporstrebenden Felsen.
»Da!… da!« rief er wiederholt.
Und hätte er sich jetzt vor diesem Steingebilde niedergeworfen, wie ein Trasteveriner vor einer Nische mit der Madonna – keiner seiner Gefährten hätte sich darüber verwundert. Sie hätten sich ihm vielmehr zu gemeinsamer Anbetung angeschlossen….
Juhel und der Frachtschiffer, Ben Omar und Saouk hatten sich dem Meister Antifer genähert, der eben niederkniete… sie sanken mit ihm in die Knie….
Was war denn Besondres an diesem Felsblock?
Da befand sich, sichtbar für die Augen, fühlbar für die Hände, das berühmte Monogramm Kamylk-Paschas, jenes Doppel-
K
, dessen Kanten zwar abgenagt waren, das aber trotzdem deutlich erkennbar vor ihnen stand.
»Da!… Da!« wiederholte Meister Antifer.
Damit bezeichnete er am Fuße des Felsens die Stelle, wo man einschlagen sollte, wo der seit zweiunddreißig Jahren niedergelegte Schatz in seinem Steinbette ruhte.
Sofort drang die Spitzhaue in den Erdboden ein, der knatternd aufbrach. Dann beseitigte Gildas Tregomain mit der Schaufel und Axt die mit Cementstücken vermengten Bruchstücke. Das Loch wurde tiefer… weiter. Die Brust der Männer keuchte, ihre Herzen hämmerten zum Zerspringen in Erwartung des letzten Schlages, der aus den Eingeweiden des Bodens eine Quelle von Millionen eröffnen sollte.
Noch immer drang man tiefer hinein, noch immer zeigten sich die Fässer nicht, die Kamylk-Pascha der Sicherheit wegen gewiß recht tief versenkt hatte. Doch was verschlug es, wenn es etwas mehr Zeit kostete.
Plötzlich klang es wie ein metallischer Ton. Unbedingt war die Spitzhaue auf einen tönenden Gegenstand getroffen.
Meister Antifer bückte sich nach der Oeffnung nieder. Sein Kopf verschwand darin, während die Hände begierig umhertasteten….
Er erhob sich wieder mit blutgefüllten Augen…
Was er in der Hand hielt, war ein metallener Kasten in der Größe von höchstens einem Cubikdecimeter.
Alle starrten diesen mit dem Ausdrucke der Enttäuschung an, und Gildas
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